Die Umarmung des Todes - Kirino, N: Umarmung des Todes - Out
kennst dich ja verdammt gut aus in dem Geschäft! Hast wohl einschlägige Erfahrungen, was?«
»Und du so wenig Ahnung, dass man es im Kopf nicht aushält. Schnell, mach dich fertig, wir gehen!«
Mit Kuniko zu reden war nichts als Zeitverschwendung. Masako stürmte zum Eingang und schob ihre Füße in die Turnschuhe mit den heruntergetretenen Fersenkappen. Wie um ihr das Leben extra schwer zu machen, folgte Kuniko ihr mit ausgesuchter Langsamkeit.
Im »Verbraucherzentrum Million« brannte kein Licht mehr. Masako kümmerte sich nicht darum und stieg die Treppe hinauf. Als sie an die dünne Tür klopfte, rief eine männliche Stimme: »Es ist offen!«
Masako drückte die Klinke herunter und betrat mit Kuniko das Büro. Auf dem Sofa unter dem Fenster lümmelte sich ein junger Mann. Er saß im Halbdunkel und rauchte gemütlich eine Zigarette. Auf dem schmuddeligen Couchtisch lag eine zerknitterte Sportzeitung, daneben stand eine verklebte Dose Milchkaffee, an der die Tropfen herunterliefen.
»Ah, kommen Sie nur herein. Was kann ich für Sie tun?« Der Mann stand freundlich lächelnd auf, als er sie beide sah. Er trug einen grauen Anzug, dazu eine weinrote Krawatte. Seine äußere Erscheinung war so tadellos, dass sie in dieser Umgebung schon fehl am Platz wirkte, nur das hellbraun gefärbte Haar passte nicht zur Kleidung und gab ihm etwas Unseriöses. Er schien nicht damit gerechnet zu haben, dass Kuniko wirklich noch einmal auftauchen würde, denn er wirkte einigermaßen verwirrt.
»Ja, also, Herr Jūmonji: Mein Bürge, also die Person, die den Vertrag unterschrieben hat, den ich Ihnen eben gebracht habe, hat es sich nun anders überlegt und will das Schreiben unbedingt zurück.«
»Handelt es sich dabei um Sie?«, fragte Jūmonji mit Blick auf Masako. In seinen Augen lag unverhohlene Neugier und Wachsamkeit.
»Nein, ich bin nur ihre Freundin. Sie ist Hausfrau und kommt durch diese Sache in arge Verlegenheit. Geben Sie uns den Vertrag zurück?«
»Das wird kaum möglich sein.«
»Nun, dann zeigen Sie ihn uns bitte.«
»Gut, wenn Sie wollen.«
Jūmonji ging widerwillig zum Schreibtisch, zog eine Schublade auf und reichte Masako ein Formular. Sie warf einen kurzen Blick darauf und sagte dann: »Von Rechts wegen ist man gar nicht verpflichtet, nachträglich eine Sicherheit beizubringen, das wissen Sie. Denn Sie haben ihr den Kredit gewährt, ohne dass diese Bedingung erfüllt war. Zeigen Sie mir bitte den Kreditvertrag!«
»Sie irren sich!« Augenblicklich wurde Jūmonjis Gesicht ernst. Er zog die wohlgeformten Brauen zusammen, was ihm einen gefährlich drohenden Ausdruck verlieh. Er nahm den Kreditvertrag aus der Akte und zeigte Masako eine bestimmte Stelle: »Hier, sehen Sie, da heißt es: … erlischt, sofern schwerwiegende Veränderungen
bezüglich der Bonität des Kreditnehmers eintreten. Frau Jōnouchis Gatte hat seine Stelle aufgegeben und ist spurlos verschwunden. Nennen Sie das etwa keine schwerwiegende Veränderung?«
Masako lächelte nur, als sie Jūmonjis fadenscheinige Ausflucht hörte. »Das können Sie nennen, wie Sie wollen, es tut nichts zur Sache. Tatsache ist, dass Frau Jōnouchi sich nur ein einziges Mal mit den Ratenzahlungen verspätet hat, und zwar um genau einen Tag. Und das rechtfertigt Ihr Vorgehen in keinster Weise.«
Jūmonji, der nicht mit einem Gegenangriff gerechnet zu haben schien, blickte Masako erstaunt an. Kuniko sah sich ständig nervös im Zimmer um, als befürchte sie, dass jeden Moment jemand aus einer Ecke gestürmt käme, um sie zu bedrohen. Jūmonji studierte eingehend Masakos Gesicht, bis er schließlich sagte: »Kennen wir uns nicht irgendwoher?«
»Nein.« Masako schüttelte entschieden den Kopf.
»Wirklich nicht?« Jūmonji hielt immer noch zweifelnd den Kopf schief und sagte dann in etwas entspannterem Ton: »Nun, es tut mir wirklich Leid, das sagen zu müssen, aber im vorliegenden Fall entbehrt der Rückzahlungsplan jeglicher Glaubwürdigkeit.«
»Ich werde dafür sorgen, dass sie den Zahlungen nachkommt«, versicherte Masako.
»Sie werden also die Bürgschaft übernehmen?«
»Das nicht, aber ich werde dafür sorgen, dass sie Ihnen das Geld zurückzahlt, und wenn sie es sich dafür bei einem anderen Kredithai leihen muss.«
»Aha. Nun gut, warten wir das weitere Zahlungsverhalten ab, dann werden wir weitersehen.« Jūmonji schien aufgegeben zu haben. Er kehrte zum Sofa zurück und ließ sich breitbeinig hineinfallen. Perplex schaute Kuniko
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