Die Un-Heilige Schrift
Kapitel 12,31.) Was genau darunter zu verstehen ist, erklärt Jesus auf aufschlussreiche Weise:
V 4. „Jeder, der eine Verordnung erlässt gegen jeden Menschen, der meinem Vater dient, hat den Heiligen Geist gelästert. Denn jeder Mensch, der Gott ehrfürchtig dient, ist des Heiligen Geistes würdig, und wer etwas Böses gegen ihn sagt, dem wird das nicht vergeben werden.“
Die Hölle, wie sie im Hortus Deliciarum ("Garten der Köstlichkeiten"), einer zur Unterweisung von Klosterfrauen angelegten illustrierten Enzyklopädie des 12. Jhs., abgebildet ist.
Hier wird endlich klar, was mit der ganzen doch recht dick aufgetragenen Geschichte um den zur Hölle fahrenden Messias beabsichtigt wurde. Zunächst wird den Gläubigen die absolute Macht ihres Herrn Jesus Christus deutlich gemacht – mit Unterstützung der himmlischen Heerscharen zermalmt er die Pforten der Hölle und lehrt den Insassen Mores; er ist derart heilig und mächtig, dass selbst seiner Mutter alles verschlingende Flammen aus dem Mund fahren, wenn sie nur über ihn spricht.
Solcherart zu demütiger und bedingungsloser Gottesfurcht angehalten, wird dem zitternden Gläubigen der Feind erklärt: die üblichen Verdächtigen des zur Askese hindrängenden Christentums.
So schlimm Gelächter und Fleischeslust aber auch sein mögen, eine Sünde allein wiegt so schwer, dass selbst die segensreiche (und sicher auch sehr erfolgreiche) Einrichtung der Beichte samt anschließender Vergebung versagt: die Sünde wider den Heiligen Geist.
Was so klingt, als wäre es gewissermaßen ein Verstoß gegen Gott oder den Glauben selbst, wird in der Tradition der Bartholomäustexte allerdings zum Politikum: „Jeder, der eine Verordnung erlässt gegen jeden Menschen, der meinem Vater dient“, begeht den unverzeihlichen Frevel. Wer also antichristliche (sprich: antikirchliche) Gesetze verabschiedet, ist im selben Augenblick auf ewig verdammt.
Ostkirchenpropaganda ohne Chance auf Kanonisierung
Derartige Propaganda sollte wohl den inneren Zusammenhalt stärken und das Gefühl geben, nicht nur einer gerechten Sache zu dienen, sondern der einzig wahren und heiligen und gerechten Sache überhaupt: dem christlichen Glauben; was de facto natürlich auf Gehorsam gegenüber der Institution christliche Kirche hinausläuft.
Für eine Kanonisierung kam der Text trotz seiner der Kirchenmacht förderlichen Intention nie in Frage – er entstand spät, ist nicht völlig frei von jedem gnostischen Verdacht und von seinem ganzen Charakter her eine Schrift, die sich in ihrer Deftigkeit eindeutig ans einfache Volk wendet.
Wie schon bei den zuvor präsentierten „Bestsellern der Antike“ spielte jedoch die Nichtaufnahme in die Bibel für die Wirkung des Bartholomäusevangeliums und Nachfolgeschriften wie dem Nikodemus-Evangelium keine Rolle; die Häufigkeit der ikonografischen Darstellung der „Höllenfahrt Christi“ belegt dies mehr als deutlich. Allerdings beschränkte sie sich in diesem Fall eindeutig auf die Ostkirche, den armenischen, byzantinischen, koptischen und später russisch-orthodoxen Raum.
Eine ganz besondere Frau
Maria Magdalena sorgt für Schlagzeilen – und das seit 2000 Jahren. Keine andere biblische Figur hat mehr Diskussionen ausgelöst und kontroversere Meinungen hervorgebracht. MM wurde zur heiligen Hure erklärt, zur schönen Sünderin, zur leidenschaftlichen Büßerin. Sie gilt dem einen als Jüngerin Jesu, dem Nächsten als dessen Geliebte, dem Dritten als seine Ehefrau und Mutter seiner Kinder, deren Nachfahren noch heute unter uns weilen.
Maria Magdalena, Anthony Frederick Augustus Sandys, ca. 1860. Drei Attribute gehören so gut wie immer dazu: Salbengefäß, (flammend) rotes Haar und weibliche Schönheit.
Eine kleine Auswahl weiterer Attribute: „Die verratene Päpstin“, „Magierin der Zeitenwende“, „herrlichste Hetäre“, „pneumatische Maria“, „Gespons Jesu“.
MM – herrlich, verraten, magisch, pneumatisch
Diese Aufzählung ließe sich nahezu beliebig fortsetzen; allein ein unvollständiges Quellenverzeichnis von Werken der Literatur oder der bildenden Kunst, die Maria Magdalena in den Mittelpunkt stellen, würde Seiten füllen.
Auch in diesem Buch ist uns Maria aus Magdala bereits begegnet: Als Lieblingsjüngerin Jesu im Philippusevangelium, die dieser oft auf den Mund zu küssen pflegte. Und als Personifikation weiblicher Unwürdigkeit im finalen Logion des Thomasevangeliums; Jesus nimmt sie und damit die Frauen allgemein gegen
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