Die Un-Heilige Schrift
gemacht.“
Indem dies Maria sagte, wendete sie den Sinn derer, die ihr zuhörten, zum Guten, und sie begannen über die Worte des Retters miteinander zu reden.
Simon Petrus fordert Maria als Erste unter den Frauen auf, ihre Geheimnisse offenzulegen:
Petrus sprach zu Maria: „Schwester, wir alle wissen, dass der Retter dich lieber hatte als die anderen Frauen. Sage du uns Worte des Retters, derer du dich erinnerst und die du kennst, wir aber nicht, weil wir sie auch nicht gehört haben.“
Da fing sie an, ihnen diese Worte zu sagen: „Ich“, sprach sie, „ich sah den Herrn im Traum und sprach zu ihm: ‚Herr, ich sah dich heute in einem Traum!‘ Er gab Antwort und sprach zu mir: ‚Segen über dich, da du nicht strauchelst bei meinem Anblick. Denn wie euer Herz ist, wird auch eure Kraft zu sehen sein.‘“
Maria ist in der Lage, die Gewaltigkeit des Auferstandenen zu ertragen – sie ist wahrhaftig die Auserwählte unter den Jünger(inne)n. Danach ist der vorhandene Abschnitt des Evangeliums auch schon wieder zu Ende. Beim Wiedereinstieg befinden wir uns an der Stelle, an der Maria in der Offenlegung ihrer Jesusvision den Weg der Seele in den Himmel zu erläutern versucht. Dies geschieht durch die Überwindung von vier Gewalten; bei der zweiten spielt Verlangen eine Rolle, die dritte ist die Unwissenheit. Danach kommt die letzte Stufe:
„Nachdem die Seele die dritte Gewalt hinter sich gelassen hatte, stieg sie hinauf vor die vierte Gewalt. Die war siebengestaltig. Die erste Gestalt ist die Finsternis, die zweite das Verlangen, die dritte die Unwissenheit, die vierte die Sehnsucht nach dem Tod, die fünfte der Bereich des Fleisches, die sechste das dumme Verlangen des Fleisches, die siebente das Wissen im Zorn.“
Die Seele ist ans Ziel ihrer Reise gelangt, errettet von der Unwissenheit durch die Anleitung des Erlösers, und findet ihren Frieden:
„Mein Verlangen ist zu Ende. Meine Unwissenheit ist gestorben. In der Welt wurde ich gerettet aus der Welt durch eine hohe Gestalt. Ich wurde gerettet aus der Fessel, nicht zu erkennen. Dies besteht nur auf Zeit. Von jetzt an werde ich Ruhe erlangen. Dies ist der richtige Zeitpunkt. Ich werde Ruhe erlangen im Schweigen.“
Das tut auch Maria an diesem Punkt, denn sie hat alles gesagt, was ihr Jesus im Geheimen verkündet hat. Einige Männer fallen daraufhin geradezu über sie her; besonders Petrus erweist sich einmal mehr als jemand, der es absolut nicht ertragen kann, auf eine Frau zu hören:
Andreas aber sprach dagegen und sagte zu den Brüdern: „Sagt, was ihr wollt, über ihre Rede; ich glaube jedenfalls nicht, dass der Retter so gesprochen hat. Diese Lehren sind seltsam.“
Und Petrus fragte: „Sollte er tatsächlich mit einer Frau allein gesprochen und uns ausgeschlossen haben? Sollten wir ihr etwa zunicken und alle auf sie hören? Hat er sie uns vorgezogen?“
Da weinte Maria und sprach zu Petrus: „Mein Bruder Petrus, was sagst du da! Meinst du, ich hätte dies alles selbst ersonnen in meinem Herzen und würde so über den Retter lügen?“
Da nahm Levi das Wort und sprach zu Petrus: „Mein Bruder Petrus, du bist von jeher aufbrausend. Und jetzt sehe ich, wie du dich gegen diese Frau aufspielst, als hättest du einen Rechtsgegner. Wenn aber der Retter sie für wert genug hielt – wer bist dann du, dass du sie verwürfest? Sicherlich kennt der Retter sie ganz genau. Und deshalb hat er sie auch mehr als uns geliebt. Wir sollen werden, wie er uns angewiesen hat, und das Evangelium predigen, ohne dass wir eine Weisung oder ein Gesetz geben, das von dem abweicht, was der Retter gesagt hat.“
Nachdem Levi dies gesagt hatte, brachen sie auf, um zu predigen und ihn zu verkünden.
Die pneumatische Maria
Maestro Maddalena di Capodimonte brachte im 17. Jh. die in der Wüste einsam büßende Maddalena zu Leinwand. Das viele Büßen brachte ihr die Erlösung, in der katholischen Ikonografie blieb davon jedoch nur der bigotte Anschauungswert der ganzen Inszenierung. Auch wenn in diesem Bild keine primären oder sekundären Geschlechtsmerkmale zu sehen sind, ist der Gesichtsausdruck der sinnlichen jungen Schönheit doch eindeutig erotisch aufgeladen.
In der Pistis Sophia, einem durch den Nag-Hammadi-Fund in Teilen erhaltenen gnostischen Text, wird Maria Magdalena direkt angesprochen. Sie hat den gnostischen Erlösungsweg vor allen anderen vollendet, die Materie überwunden und ist Jesus zufolge „ganz reiner Geist“ geworden. In der alten
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