Die unbeugsame Braut
und schon wollte sie aus dem Raum stürzen, als sie merkte, dass sie völlig nackt war. Sie schnappte sich die Daunendecke vom Bett, wickelte sie um sich, schlüpfte noch rasch in ihre Schuhe und flüchtete.
Sie rannte in den Dienstbotentrakt und rief laut: »Toby! Toby! Ich brauche Hilfe! Wo bist du?« Sie war beinahe am Ende des Ganges angelangt, als sich eine Tür öffnete und Toby mit einer Kerze in der Hand heraustrat.
»Was ist passiert, Mylady?«
Sie schob ihn zurück in seine Kammer. »Zieh dich an, wir fahren gleich los.«
»Jetzt? Mitten in der Nacht?«
»Ja, jetzt – sobald es geht.« Da vom Personal der Manchesters
niemand auf ihre Hilferufe reagiert hatte, wusste sie, dass die Leute entsprechende Anweisungen bekommen hatten.
Toby zog sich rasch an, fuhr in seine Stiefel und legte den schweren Kutschermantel an. »Sie werden draußen frieren, Mylady.«
Sie riss eine Decke von seinem Bett und drückte sie ihm in die Arme. »Beeil dich, Toby. Du bist der Einzige, dem ich vertraue und der mir hilft.«
Sie liefen durch die Finsternis zu den Stallungen. Ein Stallbursche schreckte auf und zündete eine Laterne an. Verblüfft starrte er die Schwester der Duchess of Manchester an, die in eine Daunendecke gehüllt vor ihm stand. »Brennt es?«
»Hilf Toby, unsere Pferde anzuspannen. Wir müssen fort.« Sie stieg in die Kutsche, und als sie sich in die Polster zurücklehnte, wurde ihr erst bewusst, dass sie nach dem brutalen Kampf wund an Brüsten und Schenkeln war.
Als die Pferde angespannt waren, trat Toby an den Wagenschlag.
»Fahr mich nach Schottland!«
»Lady Georgina, das wage ich nicht. Es würde mich meine Stelle kosten. Die Herzogin erwartet Kutsche und Gespann morgen zurück. Am besten wäre es, wenn ich Sie nach London brächte.«
»Nein! Nach Hause gehe ich nicht zurück!« Der letzte Mensch, den ich sehen möchte, ist meine Mutter. Wir würden einander umbringen! Sie überlegte verzweifelt, wohin sie sich sonst wenden konnte.
»Bring mich zu meiner Schwester Louisa. Sie lebt auf Brome Hall in Suffolk. Du hast doch keine Angst, in die nächste Grafschaft zu fahren?«
Der Hieb saß. »Ich bringe Sie dorthin, wenn Sie wünschen, Mylady.«
Als die Kutsche das Schloss hinter sich ließ und an Tempo gewann, hob Georgina die Füße auf die Sitzpolster und zog die Decke
über sich. In der Dunkelheit ließ sie die vergangene Stunde Revue passieren. Als sie daran dachte, wie sein nackter Körper über sie geglitten war, würgte sie der Ekel. Allein die Vorstellung genügt, dass mir speiübel wird!
Als sie sich eine Träne von der Wange wischte, streifte sie ihr Ohr. Sie trug noch immer die Ohrringe. Perlen bedeuten Tränen. Die Weisheit des alten Sprichwortes festigte ihren Entschluss. Verdammt will ich sein, wenn ich noch eine einzige Träne wegen dieses Lüstlings vergieße.
Als die Morgendämmerung den Himmel erhellte, hielt Toby an einer Kreuzung an, unsicher, in welcher Richtung es weitergehen sollte.
Georgina machte die Tür auf und las die Wegweiser. »Nimm die Straße nach Eye. Dort wird man dir sagen können, wie man nach Brome Hall gelangt. Es liegt am River Dove.«
Es verging noch eine Stunde, ehe die Kutsche vor dem Herrenhaus vorfuhr. Georgina streckte sich und massierte einen Krampf im Bein, als die Pferde stehen blieben. Im Hof und im Stallbereich waren mehrere Bedienstete zu sehen. Toby stieg ab und öffnete den Wagenschlag.
»Erklär dem Stallpersonal, dass diese Pferde der Duchess of Gordon gehören. Sorg dafür, dass sie gefüttert und trocken gerieben werden.«
Ein livrierter Hausdiener kam die Stufen herunter, und als er einen Blick ins Wageninnere warf, machte er beim Anblick eines in eine Daunendecke gewickelten weiblichen Wesens große Augen. »Kann ich Ihnen helfen, Madam?«
»Weilt der Marquess of Cornwallis noch in Frankreich?«
Der Mann machte ein entsetztes Gesicht. »Leider ja, Madam.«
»Gut! Gehen Sie und sagen Sie Lady Brome, dass ihre Schwester Georgina eingetroffen ist. Sie könnten so gut sein und mir einen ihrer Mäntel bringen.«
In wenigen Minuten kam Louisa die Vorderstufen herunter,
gefolgt von einem Diener, der einen Samtmantel über dem Arm trug.
»Guter Gott, Georgy, war die Fahrt so kalt, dass du dich in eine Daunendecke wickeln musstest?«
»Ich bin darunter nackt und habe nichts zum Anziehen dabei.«
Louisa, an Georginas exzentrische Anwandlungen gewöhnt, nahm den Mantel und reichte ihn ihrer Schwester, die sich jetzt aus ihrer Decke
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