Die unbeugsame Braut
mindestens ebenso beliebt Verkleidungsspiele waren, hatte sie für die Jungen Ritterschilde und Holzschwerter vorbereitet und für die Mädchen Feenflügel und Zauberstäbe. Außerdem spielten sie Reise nach Jerusalem, Blindekuh und Drachenschwanzjagen, später noch Sackhüpfen und Dreibeinrennen, wobei Georgina ihr Bein an Marys band. Sie fielen nicht weniger als sechsmal hin und mussten so schrecklich lachen, dass sie schließlich nur als Letzte durchs Ziel kamen. Ganz zum Schluss führte Georginas Bruder George die älteren Kinder noch bei einer Schatzsuche an.
»Ich wusste gar nicht, dass es so lustig sein kann, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen zu haben«, sagte Johnny zu seinem Vater, als die Party zu Ende war.
»Es freut mich, dass du Spaß hattest. Vielleicht können wir nächsten Monat an deinem Geburtstag wieder ein Fest veranstalten.« Johnny so glücklich zu sehen, ist herzerfrischend. Er war zu lange scheu und still.
Am frühen Abend kamen die Musiker. Während sie ihre Instrumente im reich mit Gold verzierten Ballsaal aufstellten, ging Georgina hinauf, um sich umzuziehen. Sie saß am Frisiertisch in ihrem
eigenen Schlafraum und ließ sich von einer ihrer neuen Zofen das Haar zurechtmachen, als John aus seinem Gemach eintrat und das Mädchen hinausschickte. Ihre Augen trafen sich im Spiegel.
John legte drei große Samtschatullen vor sie auf den Frisiertisch. »Alles Gute zum Geburtstag, Georgy.«
Ihre Augen wurden groß, denn sie wusste, dass er ihr den berühmten Russell’schen Familienschmuck überreichen wollte. Als sie die Kästen öffnete, raubte ihr der Anblick der strahlenden Diamanten auf dem schwarzen Samt den Atem. Sie sah Halsbänder, Ohrringe, Broschen, Armbänder und Ringe vor sich. »Seit drei Jahrzehnten wurde der Schmuck nicht mehr getragen, und ich wette, seit einem Jahrhundert hat es keine schönere Trägerin mehr gegeben.«
»John, der Schmuck ist herrlich. Ich danke dir von ganzem Herzen.« Sie legte ein Collier an, und John half ihr mit der Schließe. »Ich werde keines meiner Pariser Kleider tragen. Sie würden meinem Schmuck nicht entsprechen. Aber das weißsilberne Kleid, das ich zu meinem Debütball trug, wird die Diamanten perfekt zur Geltung bringen.«
John beugte sich vor und küsste ihren Nacken. »Im Moment wünsche ich alle unsere Gäste sonst wohin. Ich möchte dich mit Diamanten behängen und ins Bett tragen.«
Sie lachte zu ihm auf. »Und mich daran hindern, Ballkönigin zu sein? Ich glaube nicht, Bedford.« Sie band sein Halstuch und küsste ihn. »Du musst bis zum Morgengrauen warten. Nach den schottischen Tänzen wirst du mich ohnehin ins Bett tragen müssen.«
Im Ballsaal drängten sich alle Damen um Georgina und bewunderten ihren Schmuck.
Lady Holland hob Georginas rechte Hand, um den exquisiten Solitär zu begutachten. »Die Russell-Diamanten sind legendär. Endlich gibt es wieder eine würdige Duchess of Bedford, die sie trägt.«
Jane Gordon raunte ihrer Tochter hinter dem Fächer zu: »Habe
ich nicht einst gesagt, wenn es dir gelänge, Bedford einzufangen, würdest du so reich belohnt, dass es deine kühnsten Träume übersteigt?«
Die Worte ihrer Mutter drohten, ihr viel von ihrer Freude zu nehmen. Dir scheint entfallen zu sein, dass du damals Francis meintest. Georgina schloss die Augen. Ich werde nicht zulassen, dass das Gespenst Francis Russells mir den Geburtstag verdirbt.
»Ach, hier versteckt ihr euch!« Die Hände in die Hüften gestemmt, stand Georgina in der Tür zur Bibliothek und ließ den Blick durch den Raum wandern. John, Henry Holland, William Montagu, Charles Lennox und ihr Bruder George Huntly rauchten und tranken Brandy. Plötzlich kam ihr ein Verdacht. »Ihr werdet doch nicht etwa über Politik sprechen? Und das ohne mich?«
Die Männer lachten gutmütig.
»Mir scheint, die Lady hat die Absicht, ein politisches Haus zu führen«, erklärte Henry.
»Das wird sie früher tun als erwartet.« John zwinkerte ihr zu.
»Na, heraus damit, du hinterhältiger Teufel.«
»Während der Sommerpause von Regierung und Parlament werden wir in zwei Wochen ein Treffen zwischen Whigs und Torys auf Woburn arrangieren.«
Georgina schenkte ihrem Mann ein strahlendes Lächeln. »Wie aufregend – ich kann es kaum erwarten.« Im Ballsaal wurden schottische Weisen angestimmt. »Rasch, kommt mit. Man spielt den ersten schottischen Tanz. Für Mitternacht habe ich mir den Gay Gordons bestellt, den ich mit dem verruchten Duke of Bedford zu
Weitere Kostenlose Bücher