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Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Titel: Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Smith
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unmittelbarer Nähe neben jemandem aus der Führungsspitze stand, dann musste man ein Pokerface aufsetzen und so tun, als wäre alles in Ordnung. Tatsächlich war aber nichts in Ordnung. Auch in New York wurden die Einfältigen Kunden und die Kunden-die-nicht-zu-fragen-verstehen, zum Kauf strukturierter Produkte animiert, die für die Firma höchst lukrativ waren, während die Kunden die damit verbundenen Kosten nicht richtig durchschauten. Allerdings achtete man in der West Street 200 viel besser darauf, wie man über diese Trades sprach. Hier wusste man, dass man in große Schwierigkeiten kommen würde, wenn man das Kind beim Namen nannte.
    Hin und wieder besprach ich all dies mit meinem Mentor. Meiner (und seiner) Meinung nach untergruben interne Machtkämpfe mit der Zeit die Kultur und die Arbeitsmoral von Goldman Sachs. Wenn sich Partner mehr dafür interessierten, die Gewinnspannen bei ihren Transaktionen zu wahren, als auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen, dann gaben sie damit allen unter ihnen stehenden Mitarbeitern – von den Managing Directors über die Vice Presidents bis zu den Associates und Analysten – ein fatales Beispiel. Machten gewisse Leute in der Firma einfach zu viel Geld, um ein paar notwendige moralische Entscheidungen zu treffen?
     
    Im Wall-Street-Jargon bedeutete «jemanden killen» oder «jemanden abschießen», dafür zu sorgen, dass der Betreffende entlassen, zurückgestuft oder in eine andere, oft weit entfernte Niederlassung versetzt wird. Dies geschieht im Allgemeinen dann, wenn zwei Parteien in Konflikt miteinander geraten und eine der beiden zu einem Vorgesetzten geht und sagt: «Zwischen uns klappt es nicht, und dieser Streit schadet dem Geschäft. Und außerdem macht diese Person alles falsch.» Zu diesem Zeitpunkt ist die Luft schon so dick, dass das Management beschließt, einen der Beteiligten – in der Regel denjenigen, der angreifbarer oder entbehrlicher ist – zu versetzen.
    Diese Praxis hat eine lange Tradition in der Finanzwelt, und sie wird mit unterschiedlicher Schamlosigkeit umgesetzt. Zweifellos haben Hank Paulson und Lloyd Blankfein auf dem Weg an die Spitze nicht immer Samthandschuhe getragen. Es sind harte, ehrgeizige Männer, und Goldman Sachs ist in der Tat kein Wohltätigkeitsverein. Aber es gab eine Zeit bei Goldman und an der Wall Street, in der Mitarbeiter, wenn sie in ihrem Karrierestreben eine ethische Linie überschritten, entlassen, degradiert oder gemaßregelt wurden. Heute ist es so, dass man sich mit harten Bandagen selbst puschen kann, und solange man seine Machtstellung behält, wird sich kein Vorgesetzter einmischen. Aber selbst in dem aggressiveren Umfeld unserer Zeit gibt es einen bestimmten Punkt, wo das Manipulieren und Intrigieren zu Karrierezwecken unmoralisch wird und nicht nur die Arbeitsmoral insgesamt untergräbt, sondern auch Nachwuchskräften ein schlechtes Beispiel gibt. Es zeigt dem jungen Analysten und dem jungen Associate, dass unmoralisches Verhalten belohnt wird.
    Georgette war eine Meisterin der Intrige und sehr erfahren im Ausschalten von Konkurrenten. Mein Mentor sagte zu mir: «Aus irgendeinem Grund hat sie beschlossen, Sie nicht zu eliminieren», sagte er mir. «Das ist die gute Nachricht. Dennoch wird sie Ihnen weiterhin Knüppel zwischen die Beine werfen. Sie wird versuchen, Ihren Aufstieg zu sabotieren, statt Sie offen abzuschießen.» Es gebe nur einen Typen im ganzen Handelssaal, der sie jemals bei ihrem eigenen Spiel geschlagen habe, sagte er. Es war der Mitarbeiter, der mir nach meinen ersten Vorstellungsgesprächen in London in einer E-Mail geschrieben hatte: «Da wartet eine ganze Welt darauf, von uns gemeinsam erobert zu werden.» Er war zwei oder drei Jahre jünger als Georgette, sein Spitzname war «Punter» (womit auch ein Spekulant bezeichnet wird). Es hieß, dass, nachdem «Punter» von einem Kollegen einige sehr große Kunden geerbt hatte, Georgette versuchte habe, ihn mit einem ihrer klassischen Tricks aufs Kreuz zu legen, in diesem Fall mit der Fünfzehn-Prozent-Steuer.
    Diese Masche funktionierte folgendermaßen: Jedes Mal, wenn jemand im Sales mit einem Kunden einen Abschluss tätigte, wurde die Provision in Höhe von 1000 Dollar – beziehungsweise, häufiger, die versteckten Kosten des Finanzprodukts in Höhe von 100 000 Dollar – neben dem Namen des Sales-Mitarbeiters verbucht. Am Jahresende legte das Management anhand der Summe aller Provisionen eines Mitarbeiters die Höhe seines Bonus fest.

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