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Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Titel: Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Smith
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– meinem Selbstvertrauen einen kräftigen Schub geben.
    Ich sah dieser Bewährungsprobe nervös und angespannt entgegen. Zusammen hatten Corey und ich rund hundertfünfzig Transaktionen pro Tag ausgeführt. Nur weil er einen Tag außer Haus war, würde der Ansturm nicht kleiner werden. Doch der Wettkämpfer in mir nahm diese Herausforderung an.
    Ich konnte ja nicht ahnen, was mir bevorstand.
    Am betreffenden Morgen kam ich um halb sechs – eine Stunde früher als sonst –, um die Aufträge unserer asiatischen Niederlassungen abzuarbeiten, deren Handelstag zu Ende ging. In meinem Posteingang warteten mindestens zwanzig Mails von meinen Kollegen aus Tokio, Hongkong und Sydney. Da war zum Beispiel zu lesen: «Kaufen Sie mir 250 NASDAQ-Futures bei Handelsschluss für den Sydney Teachers Retirement Fund.»
    Ich schüttelte den Kopf. Bei welchem Handelsschluss? War der Handelsschluss in denUSAgemeint? In Asien? Am Terminmarkt? Am Kassamarkt? Corey und ich hatten versucht, diesen Typen beizubringen, unmissverständlich zu formulieren, aber das klappte nicht immer. Und er hatte mich gewarnt. Wenn sie uns einen Fehler anlasten konnten, würden sie das tun, weil sie alle Risiken grundsätzlich gern anderen aufs Auge drückten. Wenn es sein musste, würde ich die Kerle aus dem Schlaf reißen, um genaue Anweisungen zu erhalten. Besser man klärte solche Dinge gleich, als es später zu bereuen.
    Um sieben Uhr fand eine Telefonkonferenz mit allen Mitarbeitern unseres Bereichs im Handelssaal statt, um das anstehende Tagesgeschäft zu besprechen. Was für Katalysatoren lagen vor? Worauf mussten wir besonders achten? Welche Ideen sollten wir Kunden nahebringen? Jeder kam an die Reihe und ließ die anderen wissen, was er dachte.
    Als um 8 : 20 Uhr dann der Rentenmarkt öffnete, hieß es: Alle Mann an Deck. Dumm war nur, dass ich der einzige Mann war.
    Sekunden später hatte ich schon drei Anrufer in der Leitung. Das Telefon klingelte den ganzen Tag. Von 8 : 20 Uhr bis 16 : 30 Uhr aß ich an diesem Tag Ende Januar 2003 nichts, trank nichts und fand nicht einmal Zeit, zur Toilette zu gehen. Doch das merkte ich kaum.
    Ich arbeitete auf Hochtouren, voll konzentriert, mit vollem Einsatz. So stelle ich mir den sogenannten «Zen-Zustand» vor – drei Telefone, die gleichzeitig klingeln, ein Kollege, der mir aus dem Handelssaal zuruft: «Ich muss für 200 Millionen Dollar Futures auf US-Schatzanleihen kaufen (oder verkaufen)!», noch ein Kunde, der auf meinen Rückruf wartet, weil er einen Preis braucht, und Patrick Hannigan, der anruft, um mir diesen Preis mitzuteilen …
    Bloß keinen Fehler machen, bloß keinen Fehler machen, nur ja nichts vermasseln.
    Ich musste bei der Sache bleiben, aufpassen, dass ich auch alles aufschrieb und nichts vergaß. Die schlimmstmögliche Panne war, dass man übersah, eine Order auszuführen – ein solcher Fehler konnte sich ebenso schnell zu einem Millionenschaden summieren wie ein «dicker Finger».
    Ich musste genau zuhören, weil alle in Hektik waren. Corey hatte mir eingebläut, dass man hektische Menschen herunterbremsen musste, denn wenn sie in der Eile eine falsche Anweisung gaben, würden sie mir am Ende die Schuld dafür in die Schuhe schieben. Wenn einer sagte: «Kaufen Sie mir 1000 Kaufoptionen auf Microsoft mit Fälligkeit 30. Juni», wiederholte ich: «Also gut, Sie wollen 1000 Kaufoptionen auf Microsoft mit Fälligkeit 30. Juni kaufen – richtig?» Dann musste der Kunde antworten: «Genau». Erst dann – und nur dann – würde ich die Transaktion ausführen.
    Von 8 : 20 Uhr bis 16 : 30 Uhr verlor ich jedes Zeitgefühl. Ich hatte mich noch nie im Leben so verausgabt.
    Als der Tag vorüber war, hatte ich keinen Fehler gemacht. Ich war so euphorisch, als wäre ich gerade über die Ziellinie eines Marathons gesprintet.
     
    Am 14. August 2003, einem glühend heißen Tag in New York, flackerte kurz vor 16 : 10 Uhr das Deckenlicht im Handelssaal von Goldman Sachs. Und kurz darauf noch einmal. Das war der einzige Hinweis auf den massiven Stromausfall, der große Teile des Nordostens der Vereinigten Staaten lahmlegte. Unsere Terminals liefen weiter. Der Notfallgenerator von Goldman sprang nahtlos ein. Ein, zwei Minuten später konnten wir auf CNBC (der Sender läuft ständig auf Monitoren im ganzen Handelssaal) und Bloomberg (an unseren Terminals) sehen, was geschehen war. Beide Kanäle unterbrachen ihre üblichen durchlaufenden Nachrichtenticker und blendeten stattdessen in roter Schrift die

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