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Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Titel: Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Smith
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definitive Zusage.
    Es war eines dieser Partnergespräche, bei denen es im Grunde egal ist, ob man einer Meinung ist oder nicht. Was mich störte, war die Tatsache, dass das Gespräch zu diesem Zeitpunkt stattfinden musste. Ich fühlte mich in die Ecke gedrängt. Also sagte ich das, was ich immer gesagt hatte: «Nun, es wird davon abhängen, ob wir in einer finanziellen Situation sind, in der es reicht, dass nur einer von uns arbeitet.» Der Blick, den sie mir zuwarf, sagte: Falsche Antwort. Ich versuchte, die Situation durch nähere Erklärungen zu retten. Nicht anders als Nadine versuchte ich lediglich, so ehrlich wie möglich zu sein. «Ich will einfach, dass wir ein Team sind. Meine Frau unterstützt mich auf die richtige Weise, und ich unterstütze sie auf die richtige Weise», sagte ich. «Das heißt nicht, dass wir beide arbeiten müssen. Es heißt einfach, dass wir beide unseren Beitrag zu dieser Beziehung leisten.»
    Ein weiterer Blick. Es war klar, dass sie Antworten erwartet hatte, die so konkret waren wie ihre Fragen. Wir redeten noch endlos weiter und gaben schließlich beide zu, dass wir angesichts der größten Finanzkrise seit der Großen Depression kaum noch vernünftig denken konnten. Schließlich war nicht einmal klar, ob ich nächste Woche noch einen Job haben würde oder nicht.
    Wir beschlossen, unsere Restaurantbesuche und Taxifahrten etwas einzuschränken (viele, die an der Wall Street arbeiten, geben im Jahr mehr als 10 000 Dollar allein für Taxis aus).
    Statt zwei-oder dreimal die Woche essen zu gehen, könnten wir zumindest versuchen, nur einmal die Woche auszugehen. Wir fingen an, öfter selbst zu kochen – und Nadine war als Ernährungswissenschaftlerin eine sehr gute Köchin. Wir hielten nach kleinen Dingen Ausschau, mit denen wir Geld sparen konnten. Manchmal übertrieben wir auch und sparten am falschen Ende.
    An einem kalten Samstagabend im November feierte mein guter Freund Adam (den ich von unserem gemeinsamen Sommerpraktikum kannte) seinen Geburtstag in einer Bar in der Lower East Side. Und zwar nicht in einem der luxussanierten Bezirke der Lower East Side, sondern mitten in Alphabet City, gute zehn bis fünfzehn Minuten von jeder U-Bahn-Station entfernt. (Adam hat ein gutes Händchen für Zahlen, aber ein lausiges Händchen für die Auswahl von Party-Locations, wie ich ihm schon mehr als einmal sagen musste.) Die Party begann spät, gegen 23 Uhr. Nadine war zu müde, um hinzugehen. Meine Wohnung war in der Upper West Side, Ecke 81. Straße und West End Avenue. Es wäre das Einfachste gewesen, runter auf die Straße zu gehen und ein Taxi anzuhalten. Aber der Fahrpreis bis zur 1. Straße und Avenue Z (oder wo zum Teufel die Bar war) hätte bei 30 Dollar gelegen. Und nach der Party, um zwei oder drei Uhr nachts, wer will da noch mit der U-Bahn fahren? Wieder 30 Dollar weg.
    Ich beschloss, unsere Sparpläne in die Tat umzusetzen und die U-Bahn zu nehmen. Linie 1 bis Times Square, den Shuttle quer durch die Stadt bis Grand Central, die Linie 6 runter zur Bleecker Street und die F in östlicher Richtung bis Second Avenue. Dreimal Umsteigen. Dreimal lange Wartezeiten. Fünfzehn Minuten Fußweg bis zum Restaurant. Zurück das Ganze in umgekehrter Reihenfolge um zwei Uhr nachts. Und wie gesagt, es war kalt.
    Ich sparte 60 Dollar.
    Ich verdiente zwischen 400 000 und 500 000 Dollar im Jahr.
    Doch wer wusste schon, ob ich das auch im Januar noch verdienen würde? Jede Sekunde konnte alles zu Ende sein.
     
    3. Meine Eltern kamen aus Südafrika angereist. Mein Vater, um seine amerikanische Apothekerprüfung abzulegen, meine Mutter zu Besuch. Ich hatte meinen zweiundsechzigjährigen Vater davon überzeugt, für diese Prüfung zu lernen. Ich übte sanften, aber stetigen Druck auf meine Eltern aus, nach Amerika zu kommen und der zunehmenden Kriminalität in Johannesburg zu entfliehen. Es war ein Sonntagnachmittag im Dezember. Sie landeten auf dem JFK, und Nadine und ich fuhren hin, um sie abzuholen. Da wir wild entschlossen waren, unser selbstauferlegtes Sparprogramm durchzuhalten, beschlossen wir, mit dem Zug zum Flughafen zu fahren. Genauer gesagt: mit der U-Bahn.
    Das war allerdings keine Spritztour zur Lower East Side. Es ging mit der Linie 1 nach Columbus Circle, dann umsteigen in einen A Train – und dann eine ewig lange Fahrt durch Brooklyn und hinaus nach Queens, vorbei am Howard Beach zum JFK Airport. Alles in allem anderthalb Stunden. Aber wir fühlten uns sehr tugendhaft. Mir kamen

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