Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)
Super-GAU.
ZUR SOFORTIGEN VERÖFFENTLICHUNG
SEC klagt Goldman Sachs an wegen Betrugs im Zusammenhang mit der Strukturierung und Vermarktung von hypothekenbesicherten CDOs.
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Die SEC wirft dem Unternehmen vor, es habe synthetische Collateralized Debt Obligations (CDOs) strukturiert und vermarktet, deren Wertentwicklung an die Performance hochriskanter, mit Eigenheimkrediten besicherte Wertpapiere gekoppelt waren. Goldman Sachs habe den Investoren wichtige Informationen über die CDOs vorenthalten, insbesondere über die Rolle, die ein großer Hedgefonds bei der Auswahl der Portfolios gespielt habe, sowie die Tatsache, dass selbiger Hedgefonds gleichzeitig gegen die Position gewettet habe.
Meine spontane Reaktion: Das musste eine Hexenjagd sein. Die SEC hatte in den letzten beiden Jahren gepennt, und jetzt wollte sie der Öffentlichkeit zeigen, dass sie etwas unternahm. Weshalb verfolgten sie nicht die wirklichen Übeltäter – diejenigen, die uns diesen Schlamassel eingebrockt hatten –, die unverantwortliche Risiken eingingen, ihre Unternehmen zugrunde richteten und die gesamte Weltwirtschaft in die Knie zwangen?
Mein spontanes Gefühl: Wut.
Schließlich hielten wird vor dem Goldman Sachs Tower. Ich bezahlte den Fahrer, hastete in die Lobby, scannte meinen Ausweis und fuhr mit dem Aufzug in den dritten Stock. Als ich in den Handelssaal trat, war dort das übliche geschäftige Treiben wie erstorben. Jedes Gesicht, in das ich blickte, war fahl vor Schrecken. Menschen starrten mit offenem Mund auf ihre Bildschirme. Auf dem Newsticker, der am unteren Rand eines nahen Monitors entlanglief, sah ich sofort, dass die Aktie von Goldman Sachs inzwischen fast dreizehn Prozent verloren hatte. (Es war der mit Abstand größte und abrupteste Kurseinbruch der Goldman-Sachs-Aktie seit den stürmischen Tagen Ende 2008/Anfang 2009.) Ein Kurssturz von dreizehn Prozent in diesem ruhigeren Klima konnte nur eines bedeuten: Panik und Katastrophe.
Ich ging schnell an meinen Platz und zog meinen Bloomberg-Monitor zu mir heran. Immer wenn Bloomberg News eine superwichtige Eilmeldung bringt, wandert sie, in roten Lettern, von unten nach oben über den Bildschirm. Das passiert nicht oft. Mein ganzer Bildschirm war rot.
Was waren das für absurde Vorwürfe, die die SEC Goldman Sachs da machte? Ich sprach mit meinen Kollegen darüber. Jeder versuchte sich einen Reim darauf zu machen. Es ging anscheinend vor allem um eines unserer Produkte, das auf CDOs basiert (Collateralized Debt Obligations sind Pakete, die Papiere mit hohem Ausfallrisiko mit sicheren Anlagen kombinieren). Aber warum jetzt? Und warum wir? Wir fühlten uns in die Ecke gedrängt und abgestempelt. Seit die US-Regierung im Rahmen des «Troubled Asset Relief Program» (TARP) für die angeschlagenen Banken in die Bresche gesprungen war, wurde in der Öffentlichkeit geraunt, man müsse jemanden für die Krise zur Rechenschaft ziehen. Seit Monaten hatte man das Gefühl, dass sich eine Meute zusammenrottete, um irgendjemanden zu lynchen. In den Magazinen Rolling Stone , New York und Time waren umfangreiche Artikel erschienen, und sie alle geißelten die Wall Street im Allgemeinen und Goldman Sachs im Besonderen dafür, dass sie sich mit US-Steuergeldern retten ließen und jetzt die große Sause machten. Es hieß, die Banken würden mit den Geldern aus den Rettungspaketen hohe Wetten eingehen und dann die Gewinne dazu verwenden, Managern obszön hohe Boni zu zahlen. Als ich den Ausdruck «Vampir-Tintenfisch» zum ersten Mal hörte, den Matt Taibbi im Rolling Stone gebrauchte, fand ich das abstoßend. Propaganda, dachte ich. Es machte mich wütend. Ich dachte, warum berichten sie nicht zum Beispiel über das «10 000 Women»- oder das «10 000 Small Businesses»-Programm von Goldman Sachs, mit dem das Unternehmen die nächste Generation von Unternehmern und Managern förderte, und die vielen anderen karitativen Projekte, die das Unternehmen finanzierte oder in irgendeiner anderen Art unterstützte?
Im Handelssaal reagierten alle in der gleichen Weise auf das, was die SEC ausheckte: Was zum Teufel machen diese Idioten? Wieso knöpfen die sich nicht Dick Fuld vor, der Lehman das Grab geschaufelt hatte, und Stan O’Neal von Merrill Lynch oder Jimmy Cayne von Bear Stearns, die ihre Firmen gegen die Wand gefahren hatten? Und das, praktisch während sie Golf oder Roulette spielten. Sie wollen uns an den Kragen, weil wir die Einzigen sind, bei denen
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