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Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition)

Titel: Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Smith
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jetzt genau einer, John, ein Freund aus meinem ersten Jahr in Stanford, aus Detroit eingeflogen, um mit mir den wenig spektakulären Anlass zu begehen. Nach dem Ende meiner Beziehung zu Nadine war ich eine Zeitlang sehr einsam gewesen, aber inzwischen fühlte ich mich besser: gesünder und stärker. Die Arbeit lief gut, die Märkte tendierten noch immer nach oben. John und ich verbrachten einen netten Abend, wir trafen uns mit zwei Mädchen, von denen ich die eine sehr gut leiden konnte …
    Das Büro war zwischen Weihnachten und Silvester offen, aber sehr ruhig. Fast alle Partner hatten Urlaub genommen, nur der jüngste Partner, der offenbar das kurze Streichholz gezogen hat, blieb vor Ort. In allen Abteilungen lief es auf die gleiche Weise: Die älteren VPs gehen, einer der jüngeren bleibt und hält die Stellung, die älteren Associates gehen, ein jüngerer Associate bleibt. Ich hatte in meiner Karriere einen Punkt erreicht, an dem ich mir ohne Gewissensbisse eine Woche freinehmen konnte.
    Ich flog nach Kapstadt, um meine Mutter und meinen Bruder zu besuchen. Es war wunderschön. Der Sommer hatte gerade begonnen. Die Stadt erwartete aufgeregt die kommende Fußballweltmeisterschaft. Das große Stadion, das eigens gebaut wurde, direkt am Meer in Green Point, war gerade eröffnet worden. Wir fuhren ins Weingebiet nach Stellenbosch, und es tat gut, Zeit mit meiner Mutter und meinem Bruder in der heißen Sonne zu verbringen und an das Mädchen zu denken, das ich gerade kennengelernt hatte. So viel im Leben ist mit Erwartung verbunden. Und obwohl ich keinen Grund zu der Annahme hatte, dass die Welt weniger kompliziert geworden war, hatte ich das bestimmte Gefühl, dass 2010 ein sehr gutes Jahr werden würde.

Kapitel 9
    «Monstrositäten»
    Am 16. April 2010 war ich im südafrikanischen Konsulat in Midtown Manhattan, um meinen Reisepass zu verlängern. In ein paar Tagen wollte ich über den Pazifik fliegen, um einige Kunden in Asien zu besuchen. Ich machte es dringend, um die Bearbeitung meines Antrags zu beschleunigen, und nachdem die Formalitäten erledigt waren, ging ich hinaus in einen jener klaren, frischen Frühlingstage, die zu den angenehmen Seiten des Lebens in New York gehören. Ich ließ mir Zeit bei der Suche nach einem Taxi, ich genoss ein paar Minuten lang den Sonnenschein und begann über die anstehende Reise nachzudenken. Es schien, dass die Finanzwelt sich langsam, wenn auch entsetzlich langsam, wieder erholte.
    Ich freute mich auf das Wiedersehen mit einigen Kunden, denen ich das letzte Mal vor Monaten begegnet war. Wir würden über die jüngsten Entwicklungen auf den Märkten sprechen, aber wir würden auch gut essen und etwas trinken gehen. Unser Geschäft besteht zu einem Großteil aus dem direkten, persönlichen Kundenkontakt. Das war es, was mir an der Arbeit im Sales von Anfang an am meisten gefiel. Einige Leute im Investmentbanking finden es lästig, wegen ein paar Meetings um die halbe Welt zu fliegen. Aber mir wurde das nie langweilig. Business-Class-Flüge und Sashimi in zehntausend Meter Höhe. Später dann Ritz Carlton oder Four Seasons. Drei-Sterne-Geschäftsessen mit Menüs zu 150 Dollar pro Person. Wenn ich Zeit hatte: ein Besuch bei einem Schneider in Asien, um mir ein paar Maßanzüge schneidern zu lassen (die dann immer noch günstiger waren als ein einzelner Anzug bei Brooks Brothers). Auch gern mal eine kurze Fahrt mit der Fähre zum Wynn Hotel in Macao (ein spektakuläres Luxushotel – eine fast originalgetreue Kopie des gleichnamigen Hotels in Las Vegas, nur kleiner). Was war daran lästig? Ich habe immer versucht, diese Dinge zu genießen und wertzuschätzen.
    Ein flüchtiger Blick auf meinen BlackBerry beendete meinen asiatischen Traum.
    Ich runzelte die Stirn. An den Börsen zogen die Kurse nicht an. Tatsächlich hatte die Aktie von Goldman Sachs zehn Prozent verloren – und das Handelsvolumen war zehnmal so hoch wie üblich. Irgendetwas war faul. Ganz gewaltig faul. Ich begann meine E-Mails zu überfliegen. In der Betreff-Zeile jeder E-Mail auf dem Display tauchte dasselbe Wort auf. SEC, SEC, SEC – die Börsenaufsichtsbehörde «Securities and Exchange Commission», die für die Durchsetzung der Wertpapiergesetze und die Beaufsichtigung der Finanzindustrie zuständig ist.
    Ich sprang in ein Taxi und eilte zurück ins Büro in der West Street 200.
    Auf der Rückfahrt durch Downtown Manhattan begann ich die E-Mails zu lesen. Ich konnte es nicht glauben. Es war der

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