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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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teilnehmen.«
    »Ich werde es. Aber Sie sollten nicht mitkommen.«
    »Warum nicht, Leonie?«
    »Weil ich mich nicht gut benehmen werde, Hendryk.«
    »Darf ich Sie dennoch begleiten, Leonie? Ich könnte Ihnen eine Stütze sein.«
    Sie gab ein kleines, schnaubendes Geräusch von sich.
    »Bei meinem schlechten Benehmen?«
    »Auch dabei. Sie werden Ihre Gründe haben. Und Sie haben mein Vertrauen in allem, was Sie tun.«
    »Danke.«
    Sie schaute in ihr leeres Glas.
    »Wir werden das Dampfschiff nehmen, es ist schneller als die Kutsche. Es fährt eines am Nachmittag von Bonn zurück nach Köln. Ich kümmere mich darum.«

     
    Ja, Leonie würde sich unkorrekt benehmen, das war ersichtlich, als sie auf der Treppe erschien. Die Teilnahme an einer Beerdigung, vor allem eines nahen Verwandten, verlangte schwarze Trauerkleider.
    Seine Gattin hatte ein sonnenblumengelbes Gewand gewählt. Kurz entschlossen machte er kehrt in sein Ankleidezimmer und tauschte den schwarzen Rock gegen einen grauen. Wenn, dann stand er auch in entsprechender Kleidung an ihrer Seite. Was immer sie dazu bewegte, demonstrativ die Familie zu brüskieren, hatte seine Ursache in dem, was ihr geschehen war, und in dem, was man ihr dabei angetan hatte.
    Und als sie das Schiff betraten, kam ihm die erschütternde Erkenntnis.
    Rosalie war nicht ihre Schwester gewesen.
    Rosalie war ihre Tochter.
    Ungewollt, aufgezwungen, ungeliebt, ein Kind der Schande.
    Als die Verblüffung abklang, meldete sich sein Verstand, und der war an Zahlen orientiert. Seine Gattin war in diesem Jahr sechsundzwanzig geworden, Rosalie war zwölf.
    Jemand hatte Leonie als Dreizehnjährige vergewaltigt.
    Das gleiche Schicksal war der Tochter widerfahren.
    Der Kaffee, der ihm serviert wurde, schmeckte nach Galle, genau wie die Butterhörnchen. Er betrachtet seine stille Frau, die ebenfalls nur mit dem Gebäck auf ihrem Teller spielte. Ja, er verstand sie. Er verstand sogar immer mehr ihre Ablehnung jeglicher Zärtlichkeiten. Sie war ein Kind noch gewesen, und ihre Familie hatte zwar den Skandal vertuscht, ihr jedoch keine Hilfe und kein Verständnis zukommen lassen. Sie hatte es erlitten, aber nun war sie stark geworden. Irgendwie war sie an seiner Seite über sich selbst hinausgewachsen und bot den Heuchlern nun die Stirn.
    Gut so!
     
    Das Getuschel war beinahe als dröhnend zu bezeichnen, als sie die Kirche betraten. All die schwarzen Krähen aus der Rosenkranzbruderschaft fingen gleichzeitig an zu flüstern. Hoch erhobenen Hauptes schritt Leonie neben ihm zu den Bänken, die den nächsten Angehörigen vorbehalten waren, und setzte sich, ohne ihren Vater und ihre Stiefmutter zu grüßen, nieder. Sie blieb während des ganzen
Gottesdienstes stumm, weder erhob sie sich noch kniete sie nieder. Sie provozierte den armen Pfarrer damit derartig, dass er zweimal ins Stammeln geriet. Anschließend folgte sie hinter den Gutermanns dem Sarg, noch immer stumm, und als sie am Grab standen, hielt sie ihre Augen starr auf ihren Vater gerichtet.
    Es lag brennender Hass in diesem Blick.
    Gutermann schwitzte in der kühlen Septemberbrise, das bemerkte Hendryk und drückte sacht Leonies Arm. Ihr Vater begann mehrmals, seine Rosenkränze aufzusagen, aber ihr Starren machte ihn über die Worte stolpern.
    Endlich waren die Erdschollen auf den Sarg gefallen, und das Beileidsdefilee begann. Edith stellte sich neben Leonie, und Sven zog ihn sacht am Ärmel.
    »Lassen Sie uns ein wenig Abstand nehmen, Hendryk.«
    »Leonie braucht mich!«
    »Richtig, aber nicht im Augenblick. Kommen Sie, es wird Zeit, dass Sie erfahren, was passiert ist.«
    »Wenn meine Frau es mir nicht sagt, will ich es nicht wissen.«
    »Sie kann es ihnen nicht sagen, Hendryk. Auch wenn sie es wollte. Scham kann die Zunge lähmen.«
    Das wäre wohl eine weitere Erklärung, dachte er und nickte dem alten Mann zu.
    »Dann sprechen Sie. Aber zuvor will ich Ihnen sagen, dass mir aus Beobachtung manches schon bekannt ist.«
    »Sie wissen, dass Rosalie ihre Tochter war.«
    »Es erschloss sich mir heute Vormittag.«
    »Rosalie ist keine Jungfrau mehr gewesen, Edith hat dafür gesorgt, dass sie untersucht wurde.«
    »Das war zu befürchten. Und da ich vermute, den Namen des Mannes zu kennen, der ihr das angetan hat, hoffe ich, Gutermann erstattet wenigstens Anzeige.«
    »Das wird er nicht.«
    »Nicht?«
    Hendryk war erstaunt. Gutermann war bereit gewesen, Lüning wegen eines Griffs in die Portokasse anzuzeigen, die Untat, die er an einer

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