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Die ungehorsame Tochter

Die ungehorsame Tochter

Titel: Die ungehorsame Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Proovt, und sein Blick zeigte Wagner, dass er nicht daran dachte, sich an die Wand nageln
     zu lassen. «Ihr wart also im Theater, egal mit wessen Erlaubnis, das wissen wir. Ihr wart ja nicht unsichtbar. Wart Ihr dort
     allein mit dem Mädchen?»
    «Allein? In der Komödie? Da waren viele Leute.»
    «Natürlich waren da viele Leute. Ich meine, wart Ihr in Gesellschaft?»
    «Nein, eigentlich nicht. Aber wir haben Freunde von Anna getroffen, die waren auch auf der Galerie.» Er schloss die Augen
     und presste beide Fäuste gegen die Schläfen. «Der Name fällt mir nicht ein. Ich glaube, die Frau heißt Karoline. Ja, Anna
     hat sie immer Karoline genannt.»
    «Karoline Boster vielleicht?»
    «Ja, ich glaube. Aber ich bin nicht sicher.»
    «Aha», knurrte Wagner, «nicht sicher», und Proovt fragte schnell weiter: «Dann war das Theater aus. Gut. Sicher wolltet Ihr
     Mademoiselle Hörne nach Hause begleiten. Warum habt Ihr das nicht getan?»
    Matthias Paulung stöhnte, stützte die Arme auf die Knie und ließ schwer den Kopf in seine Hände fallen.
    «Paulung! Warum habt Ihr das nicht getan?»
    «Weil sie es nicht wollte.» Die Worte klangen wie ein Schrei. «Wenn ich es getan hätte, würde sie noch leben. Wenn ich nicht
     auf sie gehört hätte. Wenn ich getan hätte, was richtig war. Aber sie wollte es nicht. Sie hat gesagt, Karoline bringt mich
     nach Hause. Karoline und Hinrich. Ja, so heißt der Mann, Hinrich Boster. Die können Euch sagen, dass es so war. Sie hat gesagt,
     ich soll mich beeilen, zurück nach Hamburg zu kommen.»
    «Wie das? Die Tore waren längst geschlossen.»
    «Natürlich waren sie das. Es war schon seit mehr als zwei Stunden dunkel. Ich habe gedacht, sie will nicht, dass die Leute
     uns zusammen sehen. Das wollte sie nie. Weil Hörne es nicht wissen sollte. Ich fand das nicht richtig, aber sie hat gesagt:
     Er braucht noch ein bisschen Zeit, dann gewöhnt er sich daran. Nur bis nach Pfingsten. Ich hab sie gehen lassen.»
    «Ihr seid Ihr nicht nachgegangen? Das wäre doch sehrritterlich gewesen: ihr folgen, ohne dass sie es merkt, und prüfen, ob ihre Freunde sie sicher heimbegleiten.»
    «Ich wollte, ich hätte das gemacht. Dann würde sie noch leben. Das schwöre ich.»
    «Vielleicht auch nicht. Ihr habt sie also mit Leuten in die Nacht gehen lassen, die Ihr nicht einmal kanntet?»
    «Anna kannte sie. Die Bosters sind alte Freunde, hat sie gesagt. Die waren teuer angezogen und kannten viele auf der Galerie.
     Da gab es keinen Grund für Misstrauen.»
    «Also bist du ihnen nicht nachgegangen.» Nun war Wagner wieder am Zug. «Da kannst du mal sehen, wie dumm blindes Vertrauen
     ist. Warum sollen wir ausgerechnet dir trauen?»
    «Weil stimmt, was ich sage, verdammt. Lasst mich hier raus, und ich finde den Kerl, der das getan hat. Ich finde ihn, und
     dann – dann könnt ihr mein Galgentau aus gutem Grund knoten.»
    «Das könnte dir so passen. Unsere Arbeit tun wir selber und besser als du, Paulung. Also los. Weiter. Sie gingen weg, und
     du? Was hast du dann gemacht?»
    «Ich bin zum Hanfmagazin gegangen.»
    «Zum Hanfmagazin, aha. Mitten in der Nacht. Was wolltest du um diese Zeit bei der Baustelle?»
    «Das habe ich doch schon gesagt: Ich arbeite da, und weil ich nicht mehr durch die Tore konnte, wollte ich dort schlafen.
     Das hab ich auch getan. Wo denn sonst? Auf der Straße?»
    «Soso. Im Hanfmagazin. Geschlafen. Sicher waren da noch ein paar von deinen Kumpanen, die bestätigen können, was du uns hier
     weismachen willst. Na? Warum sagst du nichts?»
    «Da war keiner. Ich war alleine da.»
    «Aha. Alleine. Und? Hast du gut geschlafen? Wieder keine Antwort? Weil du gar nicht da warst oder erst viel später? Weil du
     nämlich zurückgegangen bist. Man hat euch gesehen, Paulung, dich und Anna Hörne. Spät in der Nacht allein auf der Elbstraße,
     ganz nahe bei den Vorsetzen. Nur du und sie.»
    «Das stimmt nicht. Wer so was sagt, lügt. Ich bin nicht zurückgegangen.»
    «Ich glaube, du lügst. Sag doch endlich die Wahrheit, Paulung. Habt ihr euch verabredet? Sollte sie ihre Aufpasser wegschicken
     und dich später treffen? Genau, so war es. Sie hat sie vor ihrem Haus weggeschickt, ein bisschen gewartet, bis sie um die
     Ecke waren, und ist zurückgelaufen. Zu dir, weil du nämlich auf sie gewartet hast. Und dann? Dann habt ihr euch gestritten.
     Natürlich, ihr habt euch gestritten. Sie hat dir gesagt, du sollst dich zum Teufel scheren. Ein Habenichts, ein Fischer ohne
     Boot, ein

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