Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)
viel, die zart gebratenen. Und auf das Schokoladen-Nougat-Dessert verzichtete
sie sogar ganz.
Auch die
›Cité morte‹ fiel aus. Schade drum.
Den Abend und die Nacht verbrachten
sie im ›Mas des Olivettes‹, einem kleinen Hotel in Servanne, das Paula von früher
her kannte. Sie hatte nun die Führung übernommen, von Simon kamen keine Vorschläge
mehr.
Aber er
war wieder ganz der alte. Kein Wort über das, was geschehen war. Und da wohl beide
– wenn auch in unterschiedlichem Maße – ein schlechtes Gewissen hatten, taten sie
das, was Paare in solchen Situationen zu tun pflegen. Tja, und hinterher war alles
wieder gut.
Paula griff
über ihn hinweg und angelte nach der Flasche Côte du Rhône, die sie unterwegs gekauft
hatten. Zu einem deutlich günstigeren Preis als den Châteauneuf du Pape, den sie
zu ihren Entenhappen serviert bekommen hatten.
»Lass uns
noch einen trinken. Einen letzten. Damit wir schlafen können.«
»Aber nur
noch einen. Wir müssen morgen früh los, wenn wir die ganze Küste entlang wollen.«
Sie stießen
miteinander an.
»Friede?«
»Friede.«
Simon zog
sie zu sich her, küsste sie auf den Mund und tat noch einmal alles, um sie beide
müde zu machen. Auf den Rotwein allein schien er sich nicht verlassen zu wollen.
Kapitel 7
Am nächsten Morgen war es sehr windig.
Paula hatte keinen Pullover dabei und jammerte ziemlich herum.
»Ach, komm,
Simon, lass uns nach Vence zurück. Ich frier mich hier halb tot.«
Also brachen
sie auf und fuhren auf direktem Weg zurück. Kein Abstecher mehr nach Saint-Tropez,
kein Bummel mehr durch Cannes, kein Drink mehr auf der Terrasse vom ›Carlton‹. Eigentlich
schade. Na, vielleicht ein andermal.
»Ah, Madame,
Monsieur. Wieder zurück? Hatten Sie schöne Tage in der Camargue?«
Paula und
Simon murmelten einstimmig, oh ja, ganz fantastisch, wirklich wunderbar.
»Hier habe
ich noch eine Nachricht von Monsieur Thévenon für Sie, Madame.« Der Empfangschef
gab Paula einen dicken Briefumschlag.
»Danke schön.«
Während
Simon seine Sachen in sein Zimmer brachte, setzte sich Paula auf die Terrasse und
öffnete Philippes Brief. Ein eng beschriebenes Blatt und ein Bündel Zeitungsausschnitte
fielen ihr entgegen.
Liebe Paula,
es tut mir
sehr leid, dass ich mich nicht persönlich von Dir verabschieden kann. Ich muss früher
als vorgesehen nach Valence zurück, da mein Kompagnon mir mitgeteilt hat, dass es
Schwierigkeiten mit einem unserer Maler gibt. Mir liegt aber sehr viel an diesem
begabten jungen Mann, also bleibt mir nichts anderes übrig, als selbst mit ihm zu
verhandeln.
Es tut mir
besonders deshalb leid, weil die Tage mit Dir sehr schön waren – trotz der unglückseligen
Geschichte mit Bardèche. Aber Du hast jetzt ja Gesellschaft. Dieser Simon macht
einen sehr guten Eindruck. Du hattest recht, er ist wirklich nett. Ich werde keine Lücke
hinterlassen – wenn ich jünger wäre, würde ich sagen, schade, und ein bisschen eifersüchtig
sein.
Deine Idee,
eine Kriminalgeschichte im Malermilieu zu schreiben, hat mich auf einen Gedanken
gebracht. Mir ist da nämlich etwas eingefallen. Vor etlichen Jahren fand drüben
in Èze ein aufsehenerregender Kunstraub statt, der nie aufgeklärt wurde. Vielleicht
liefert Dir das ja den Stoff, den Du für Deine Geschichte
brauchst. Ich habe daraufhin mit einem befreundeten Journalisten in Nizza telefoniert,
und der hat mir die Zeitungsartikel von damals herausgesucht. Du findest sie anbei.
Schau mal, ob Du etwas damit anfangen kannst.
Ich hoffe
sehr, dass Ihr noch schöne Tage in Vence habt. Falls Du je in die Nähe von Valence
kommen solltest, dann melde Dich doch bitte. Meine Telefonnummer hast Du ja.
Je t’embrasse.
Philippe.
Paula wischte sich eine Träne aus
dem Augenwinkel. Ach, Quatsch, was sollte das. Schnell fing sie an, die Zeitungsausschnitte
zu lesen.
Es war 1995
gewesen. In dem malerischen Dörfchen Èze, wo sich ein steinreicher amerikanischer
Kunstsammler niedergelassen hatte, fand ein wirklich dreister Kunstraub statt. Die
Diebe waren in das Anwesen eingedrungen und hatten dort gründlich ausgeräumt. Vier
scharfe Hunde, vier Wächter, massivste elektronische Sicherungen, all das war anscheinend
ein Kinderspiel für die Einbrecher gewesen. Überhaupt kein Problem. Der Amerikaner
hatte jenen Abend mit seiner offenbar betörend schönen französischen Freundin im
Casino von Monte Carlo verbracht und enorm viel gewonnen. Aber trotzdem stand der
Gewinn in keinem
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