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Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)

Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)

Titel: Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Marion Weiß
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lasen die nur das Polizeiblatt.
    »Sie drangsalieren
mich nun seit Januar. Jetzt schreiben wir den 8. Juni. Also, entweder haben Sie
etwas in der Hand gegen mich oder Sie lassen mich endlich in Ruhe.« Paula schwitzte
heftig. Sie stand auf und öffnete das Fenster, aber das machte die Sache nicht besser.
»Sie entschuldigen mich einen Moment.«
    Als sie
wieder aus dem Bad trat, hörte sie die beiden gedämpft miteinander sprechen. Sie
blieb im Flur stehen.
    »Also, Chef,
ich glaube auch an den Trittbrettfahrer … viel zu riskant für sie.«
    »Fichte,
lassen Sie sich nicht von ihr einlullen.«
    »Wetten,
Sternberg macht sich einen schönen Lenz in Rio oder sonst wo.«
    »Aber er
müsste … dass er vermisst wird.«
    »Was weiß
ich. Vielleicht will er gar nicht gefunden werden.«
    »… hat doch
den allerbesten Leumund, Fichte.«
    »Und wie
soll eine so zarte Frau eine Leiche wegschaffen, ohne dass …?«
    »Vielleicht
… von selbst mitgekommen … oder ihn weggelockt … seitdem irgendwo versteckt? Lebendig
oder tot?«
    »Also nein,
Chef, das kann ich mir … nein, beim besten Willen nicht …«
    Paula straffte
die Schultern und machte die Badezimmertür laut hinter sich zu. Die beiden verstummten.
    »So, da
bin ich wieder. Gibt es noch etwas zu klären?«
    Strehler
schüttelte den Kopf. »Nein, im Moment nicht.«
    »Halten
Sie mich bitte auf dem Laufenden? Ich würde es schon gern wissen, wenn Sie auf etwas
stoßen, was Ihren absurden Verdacht gegen mich entkräftet. Mal davon abgesehen,
dass es mich wirklich interessiert, was aus Herrn Sternberg geworden ist.« Sie ging
an die Tür. »Also dann, meine Herren, auf Wiedersehen. Und keine Angst, ich habe
nicht die Absicht, in nächster Zeit zu verreisen.«

Kapitel 22
     
    Paula fühlte sich deutlich besser.
Was dieser Fichte gesagt hatte, hatte sie doch etwas beruhigt. Wenn nur Hauptkommissar
Strehler nicht so stur wäre. Überhaupt – dieser Fichte schien recht nett zu sein.
Er sah auch gar nicht übel aus. Im Gegenteil, er hatte was. Wie er da vorhin auf
der Couch saß, mit seinem dunklen Lockenkopf, dem gepflegten Drei-Tage-Bart und
den dicht bewimperten blauen Augen, da wirkte er so gar nicht wie ein Kriminaler.
Ein bisschen jung vielleicht, aber warum nicht? Was Jule konnte, konnte sie schon
lange.
    Das war
was gewesen, vor sechs Jahren. Jule, gerade mal 50, und dieser amerikanische Student.
Brian O’Brian. Robert hatte ihn angeschleppt, im Rahmen eines Austauschprogramms.
Einen Monat lang Kost und Logis im Assmann’schen Haus. Und bei einem geselligen
Beisammensein – man musste dem Gast aus USA doch was bieten – hatte es zwischen
Jule und Brian sofort gefunkt. Ein Topos: blutjunger Mann und reife Frau. Paula
hatte allerdings ziemlich um Luft ringen müssen, als sie die beiden in ihrer Küche,
auf ihrem Küchentisch, in recht eindeutiger Stellung überraschte.
    Jule war
ihm sogar nachgereist, nach Woodstock. Endlich kam sie mal an jenen legendären Ort,
an dem sich damals die Welt verändert hatte. Make love, not war. Aber als sie dann
das beschauliche grün-weiße Örtchen in sanfter Hügellandschaft sah, da fragte sie
sich doch, wo Abertausende junger Menschen gelagert haben konnten. Das war Irrtum
Nummer eins gewesen: Woodstock, Vermont, statt Woodstock, New York. Irrtum Nummer
zwei dann natürlich Brian.
    Also, liebe
Paula, warum nicht ein kleines Techtelmechtel mit dem Herrn Kommissarsanwärter?
Sie beschloss, ihn anzurufen. Aus gegebenem Anlass natürlich. Aber ein paar Tage
musste sie schon verstreichen lassen.
     
    »Herr Fichte? Entschuldigen Sie,
dass ich Sie störe. Ich wollte nur mal hören, ob sich in der Erpressersache was
Neues ergeben hat.«
    »Frau Assmann,
Sie wissen doch, dass ich über den Stand der Ermittlungen nicht sprechen darf.«
    »Ach, kommen
Sie. Als ich Sie beide neulich bat, mich auf dem Laufenden zu halten, da hat Hauptkommissar
Strehler doch genickt.«
    »Also, ich
weiß wirklich nicht … Auf jeden Fall nicht am Telefon.«
    »Na, dann
kann man eben nichts machen. Tschüß, Herr Fichte.«
    Da konnte
man natürlich was machen, das hatte sie genau gespürt. Sie müsste ihm einfach mal
zufällig über den Weg laufen, dann würde sich schon das eine oder andere ergeben.
    Seit ein
paar Jahren befand sich das Polizeipräsidium in der Vahr, in der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne.
Ob sie dort mal die umliegenden Kneipen abklapperte, nach Feierabend? Aber wann
hatte der Fichte Feierabend? Außerdem war die Kneipenszenerie dort

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