Die ungewisse Reise nach Samarkand: Roman (German Edition)
eher mau.
Immerhin
fing Paula nun an, in dieser Gegend einzukaufen. In der Apotheke in der Sonnebergerstraße,
beim Bäcker, am Hähnchen-Grill, im Lidl-Markt. Da bestand wohl am ehesten die Chance,
den jungen Beamten zu treffen.
Nach einer Woche hatte sie die Nase
voll. Sie fuhr zum Polizeipräsidium, um nach Kommissarsanwärter Fichte zu fragen.
Gerade als sie ihr Fahrrad festmachen wollte, kam er aus der Tür.
»Oh, Frau
Assmann. Wollen Sie zu uns? Gibt’s was Neues?«
»Ja, ich
wollte zu Ihnen – aber eher, um Sie das zu fragen.«
»Tja, ich
sagte Ihnen doch schon am Telefon …. Außerdem habe ich jetzt Dienstschluss.«
»Ach. Schade.«
Paula machte eine Pause. »Könnten wir nicht zusammen was trinken gehen?«
»Also, ich
weiß nicht …«
»Aber Herr
Fichte, jetzt sagen Sie bloß nicht, dass ich noch zum Kreis der Verdächtigen gehöre.«
»Neiiin.«
»Oder müssen
Sie etwa nach Haus?«
»Nein, natürlich
nicht.« Er machte sein Fahrrad los und klemmte das rechte Hosenbein mit der Fahrradklammer
zusammen. »Aber die Kneipen hier sind nicht besonders.«
»Also, ich
wüsste da schon eine. In der Barbarossa-straße. Das ist ein Katzensprung mit dem
Rad.«
Fichte ließ
sich breitschlagen. Die Aussicht auf ein gepflegtes Bier vom Fass war bei der sommerlichen
Temperatur doch zu verführerisch.
»Na dann
mal Prost.« Paula hatte sich auch für ein Beck’s entschieden. Eigentlich hatte sie
auf ein Radeberger gehofft, aber diese Zeiten schienen vorbei zu sein. Anderer Pächter,
anderes Bier.
Sie saßen
im Freien. Vom frisch Gezapften abgesehen, war das Schönste hier der Biergarten.
Im Winter mied Paula das Lokal, weil es eine Raucherkneipe war.
»Sagen Sie,
Herr Fichte, Sie kommen nicht aus Bremen, oder?«
»Nein, ich
komme vom anderen Ende der Republik. Vom Bodensee. Hört man das?«
»Nun ja,
ein bisschen. Ich finde das aber sehr charmant.« Da flunkerte Paula noch nicht einmal.
Sie hatte schon immer ein Faible für den Süden gehabt. »Wo genau kommen Sie denn
her?«
»Aus Konstanz.«
Ach. Da
konnte sie mitreden. Gab es Engstlers Biergarten noch? Nein, der war seit 1996 Geschichte.
Da war jetzt ein Thai-Restaurant drin. Und den ›Elefanten‹? Die ›Schiffslände‹?
Die ›Schwedenschenke‹ auf der Mainau? Doch, ja, alles noch da.
»Wieso kennen
Sie sich dort so gut aus?«
»Ich habe
in jungen Jahren in Konstanz studiert. Bis zur Zwischenprüfung.«
Bis zur
ersten Pleite. Aber das sagte sie natürlich nicht. Was sie dann aber, nach dem dritten
Bier erzählte, war auch nicht von schlechten Eltern. Nämlich, wie sie Schmiere gestanden
hatte, als Thomas, ihr damaliger Freund, ins Sekretariat der Germanisten eingebrochen
war, um an die Prüfungsaufgaben zu kommen.
Mitten im
Erzählen stockte sie plötzlich. Doch Fichte lachte.
»Willkommen
im Club. Bei mir war es noch dramatischer. Ich wurde nämlich bei meiner Suche überrascht.
Ich musste mich im Schrank des Lehrerzimmers verstecken. Ich hatte eine Mordsangst,
dass man mich atmen hören könnte. Ich wäre fast erstickt.«
»Und wie
ist es ausgegangen?«
»Glimpflich.
Ich konnte ungesehen entwischen.«
»Na, da
haben Sie ja auch eine ganz schön kriminelle Ader.«
»Dito, Frau
Assmann, dito. Aber immerhin habe ich sie in andere Kanäle gelenkt.«
»So wie
bei den Pyromanen, die zur Feuerwehr gehen?«
Sie lachten
beide. Und bestellten noch ein Bier.
»Wie steht
es jetzt eigentlich in dieser Lösegeld-Geschichte?«
»Sie lassen
aber wirklich nicht locker. Nun, da rührt sich im Moment nichts.«
»Wie viel
will der eigentlich?«
»500.000.«
»Nicht schlecht.«
»Aber die
Sache scheint nun doch ein echter Rohrkrepierer zu sein.«
»Inwiefern?«
»Der angebliche
Entführer sollte einen Beweis liefern, dass er Sternberg in seiner Gewalt hat beziehungsweise,
dass der noch lebt. Und daraufhin kam nichts mehr. Schweigen im Walde.«
»Das sagte
ich doch gleich. Trittbrettfahrer. Aber Hauptkommissar Strehler wollte es ja nicht
glauben.«
»Also, was
der jetzt glaubt, ist ganz schön absurd.« Fichte stockte.
»Wieso?
Was glaubt der denn?«
»Ach, lassen
wir das.« Fichte griff zu seinem Bier. »Ich jedenfalls denke, diese Erpressungsnummer
hat sich erledigt.« Er trank aus. »So, nun muss ich aber heim. Ich brauche was in
den Magen.«
»Die haben
hier Buletten.«
»Ach nein,
das ist nicht mein Fall. Da wird mehr Brot als Fleisch drin sein. Da mach ich mir
lieber selbst etwas.«
»Sie kochen?«
»Ja, was
bleibt einem
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