Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
es nicht zur Gewohnheit werden, dass in Ihrem Hospiz die Gäste dahinsiechen und sterben.«
    Die Pensionsmutter senkte den Kopf und bekreuzigte sich, und alles war ziemlich abstoßend.
    »Ich dachte, Sie wären von der Polizei.«
    Und plötzlich überkam es mich, eine Inspiration, wie eine Eingebung, ja, eine Eingebung in allen Bedeutungen des Wortes, so müssen sich Dichter in gewissen Momenten fühlen, wenn die Gedanken sich vom Anker der Finsternis befreien und Segel setzen können. Ich kann es nicht mit weniger Worten beschreiben.
    »Pisang!«, rief ich. »Musa sapientum!«
    Die Pensionsmutter fuhr erschrocken zusammen und war bereits kurz vor den Tränen, sie war Sukkade und Zitrone, eins ums andere.
    »Ich bitte sie«, flehte sie. »Sie können Ihr Geld zurückhaben.«
    Ich musste sie beruhigen.
    »Sie können in den Zimmern machen, was Sie wollen. Das geht mich nichts an. Mir ist nämlich gerade eine wunderbare Idee gekommen. Machen Sie sich keine Sorgen mehr. Wirklich nicht, liebe Pensionsmutter.«
    »Danke. Sie sind ein wahrer Gentleman.«
    Ich hatte keine Kräfte mehr, um ihr zu widersprechen.
    Dann fuhr ich schnurstracks hinaus nach Filipstad, wo Bananen-Matthiessen seine neue Bananenreifanlage hatte, ging in die Veredlungshalle hinein und sah diese herrlichen, graziösen Früchte in Reih und Glied hängen, so weit das Auge reichte, noch grün, doch bald würden sie wie gelbe, weiche Bumerangs glänzen. Ein Paternoster brachte die Last direkt vom Schiff, das am Kai lag, hierher, und eine Mannschaft von drei Mann hob die Bündel umgehend aus den Luken und hängte sie an das Laufband unter der Decke. Das waren die modernen Zeiten. Bananen und Industrie! Ich musste erst einmal den obersten Hemdenknopf öffnen. Die Hitze erschien aufdringlich. Das bemerkte ich erst jetzt. Wir befanden uns in einer tropischen Zone des Osloer Hafens. Hier, in einem klaren, deutlichen Bild, kam also das Fremde, dem wir entgegenstrebten, zum Vorschein. Pisang! Musa sapientum! Kurz gesagt, Bananen! Wir waren ein Teil der Welt. Wir waren dabei. Sollten doch im Frognerpark Palmen wachsen und die Mitternachtssonne nach Afrika ziehen! Es war nämlich meine Idee, meine Königsidee, dass dieser leicht verdauliche Stoff der beste für Notto Fipp war. Bananen konnten ihm Nahrung geben und die Gedärme schmieren und sein Rectum arbeitswilliger machen. Bananen konnten ihn wieder auf die Beine bringen, dorthin, wo er hingehörte. Zwischen zwei Schichten gelang es mir, mit einem der Arbeiter zu sprechen. Er verwies mich an einen Mann in weißem Kittel, der mit einem Thermometer und einem Notizblock zwischen den grünen Waren herumlief. Ich reichte ihm die Hand und störte ihn.
    »Mein Name ist Doktor Bernhard Hval. Rikshospital. Ich würde gern eine Bestellung aufgeben.«
    Eine gewisse Skepsis:
    »Doktor? Was wollen Sie hier? Sind Sie auch im Handel tätig?«
    »Ganz und gar nicht. Ich möchte die Banane in medizinischer Absicht benutzen und könnte mir denken, dass wir in diesem Zusammenhang gemeinsame Interessen haben.«
    Plötzliches Entgegenkommen.
    Der Temperaturmesser nahm meine Hand.
    »Jonas Jensen. Reifungsingenieur. In welcher medizinischen Absicht, wenn es erlaubt ist, zu fragen?«
    »Aber sicher. Verdauung. Wir haben einen Patienten, ich kann nicht näher darauf eingehen, aber er leidet unter akutem Nährstoffmangel, und ich würde gern in diesem Zusammenhang Ihre Bananen ausprobieren.«
    Jonas Jensen wurde immer eifriger.
    »Da sind Sie an den rechten Mann gekommen. Lassen Sie die Bananen einen Tag lang bei Raumtemperatur hängen. Ich kann auch empfehlen, die unreifen Bananen zu kochen. Eine Delikatesse.«
    Zum Schluss bekam ich eine Handvoll Bananen, und wir unterschrieben eine Abmachung, laut der die genannte Frucht geliefert werden sollte, wenn die Behandlung sich als erfolgreich herausstellen sollte, und zwar an meine Adresse am Skovveien. Auf dem Rückweg schaute ich in der Apotheke in Grensen vorbei und kaufte ein Glas mit Rizinusöl und Dittens Frostsalbe, Milch holte ich auf dem Youngstorget, Kautabak in dem Laden neben Alvims Herberge, und als die Pensionsmutter mich wiedersah, schöpfte sie Verdacht, was immer das auch zu bedeuten hat, aber ein Mann mit Bananen sorgt so oder so für Aufmerksamkeit, das muss ich zugeben. Es gelang mir jedoch, an ihr vorbeizukommen, ich lief die Treppen hinauf, die Tür zu Zimmer elf war bereits repariert, aber nicht verschlossen, und Notto Fipp schlief immer noch. Ich setzte mich zu ihm

Weitere Kostenlose Bücher