Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Unseligen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
Vom Netzwerk:
Graffiti von Gangs und naiven Zeichnungen, die Sklaven mit abgenommenen Ketten zeigten. Aus Verkaufsbuden drangen Musik und Gelächter, denen das unermüdliche Hupen der Minibusse und Mofas antwortete. Manchmal verschluckte das dumpfe Brausen des Meeres mit einem Windstoß sämtliche Klänge, und die Gerüche nach Algen und Jod vertrieben die Düfte nach Gewürzen und Gegrilltem. Die beiden Ärzte gingen an einem Mann in Lumpen vorbei, der auf dem Dach eines Autos stand. Er wandte sich an den Himmel und prophezeite das Ende der Welt und das Kommen des Blutregens. Er bat Gott um Vergebung, erflehte sein Erbarmen; Kinder, die auf der Motorhaube saßen, hörten ihm lachend zu.
    »Nicht zu früh«, bemerkte Benjamin, als er endlich das Leuchtschild der Bar entdeckte.
    »Warte … «, sagte Jacques und hielt ihn am Arm fest. »Hast du eine Sekunde darüber nachgedacht, was passiert, wenn das hier eine Falle ist? Ich weiß nicht … Ich denke mir, dass sie uns vielleicht als Geiseln nehmen werden, uns auch noch.«
    »Die legen uns eher um.«
    »Nett, dass du mich beruhigst«, sagte Jacques und verzog das Gesicht.
    Als sie den Babylone Club betraten, schlug ihnen der Geruch von gebratenem Fisch und Räucherspeck entgegen, der zwischen den Küchen und dem Nebenraum in der Luft schwebte. Aus einem auf der Theke stehenden Gettoblaster drang ein Bluessong, und in einem dunklen Winkel tanzte ein Paar, das sich mit katzenartiger Geschmeidigkeit bewegte. Benjamin und Jacques warteten in der Nähe der Theke, bis sich ihre Augen an das gedämpfte Licht gewöhnt hatten. Ein Schatten, der vor einer Limoflasche saß, grüßte sie und bedeutete ihnen mit einer Geste, sich zu ihm zu gesellen.
    »Sind Sie die Ärzte, mit denen ich telefoniert habe?« Der Anwalt lächelte sie an, aber sein Lächeln war alles andere als herzlich. »Was wollen Sie trinken?«
    »Nur Wasser.«
    »An Ihrer Stelle würde ich das meiden.« Er hob zwei Finger, um den Barkeeper auf sich aufmerksam zu machen. »Zwei Cola.«
    Er schwieg. Der Barkeeper schlurfte zu ihrem Tisch, den er mit einem Lappen abwischte, bevor er die Flaschen öffnete. Der Anwalt wartete, bis der Ober zur Theke und seiner Zeitschrift zurückgekehrt war.
    »Schön. Sie wollen über die Freilassung der Geiseln verhandeln? Sind Sie deshalb hier?«
    »Ja, und wir wissen, dass Sie als Vermittler fungieren«, sagte Benjamin.
    Sein Gesprächspartner klimperte auf dem Hals seiner Flasche herum.
    »Ich liebe diese Musik«, sagte er und nickte. »Und wie haben Sie das herausgefunden?«
    »Der Chefredakteur der Free Delta News . Er hat uns ein bisschen erklärt, wie das ablief … «
    »Wenn wir ihn richtig verstanden haben«, mischte sich Jacques ein, »erhält er die Dokumente, und Sie verhandeln mit Frankreich und den Vereinigten Staaten.«
    »Das haben Sie ganz richtig verstanden.« Er versuchte zu lächeln. »Was wissen Sie sonst noch?«
    »Dass die Verhandlungen im Moment an einem toten Punkt angelangt sind. Weder Frankreich noch die USA wollen Umaru Atocha das geben, was er verlangt.«
    »Wenn Sie das wissen, warum haben Sie dann Kontakt zu mir aufgenommen?«
    » MSF Frankreich verfügt über Geld … Eine Art schwarze Kasse, um Lösegeld zu zahlen.«
    »Umaru will kein Geld.«
    »Es geht nicht um Umaru … «
    Der Anwalt zog eine Braue hoch und befeuchtete sich die Lippen.
    »Sie bieten mir Geld an, damit ich die Seiten wechsle? Damit ich Ihnen sage, wo sich die Geiseln befinden, ist es so?«
    Benjamin nickte. Der Mann sah zur Decke auf und lächelte matt.
    »Wie viel«, fragte er, seine Aufmerksamkeit unvermittelt ihnen zuwendend.
    »Wie viel wollen Sie?«, fragte Jacques.
    »Zweihunderttausend Euro.«
    Er hatte die Zahl genannt, ohne im Geringsten zu zögern, und beobachtete sie jetzt mit einem amüsierten Schmunzeln. Jacques beugte sich an Benjamins Ohr.
    »Kann ich mit dir reden?« Er stand auf, wobei er beinahe den Tisch umgeworfen hätte.
    »Entschuldigen Sie uns für einen Moment«, sagte er zu dem Anwalt.
    »Aber bitte.«
    Jacques zog Benjamin auf die Seite und senkte die Stimme, während er ihren Gesprächspartner im Auge behielt.
    »Verdammt, wir machen da jetzt gerade ziemlich großen Mist.«
    »Hast du eine andere Lösung?«
    »Ist dir klar, was du gerade tust? Was machen wir anschließend, hm? MSF anrufen, damit sie zweihundert Riesen freigeben? Und wenn sie sich weigern, was tun wir dann?«
    »Ich frag dich nochmals: Hast du eine andere Lösung? «
    »Ich sage lediglich, dass das

Weitere Kostenlose Bücher