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Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Die Unseligen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Unseligen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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geschminkt, damit man ihn nicht erkannte. In den Armen hielt er Naïs, die Kleine schien der Ohnmacht nahe zu sein. Ihre Lider waren geschwollen, ihre Augen feucht und durch das Fieber gerötet. Sie lehnte sich an die Brust des Albinos und wurde von Schauern durchrieselt. Umaru legte die Hand auf ihre Stirn.
    »Sie glüht vor Fieber … « Er wandte sich zu dem Mann, der am Tisch mit den Waffen saß. »Wie lange brauchst du noch?«
    »Etwa zehn Minuten.«
    Umaru bedeutete einem der Söldner, den Priester loszubinden.
    »Pater, gehen Sie ihm zur Hand«, sagte er, auf den Tisch deutend.
    »Ich?«
    »Ich weiß, dass Sie sich mit Waffen auskennen … «
    Pater David wandte den Blick ab und streckte die Hände aus, damit man ihm die Handschellen abnahm.
    »Wovon spricht er?«, fragte Megan.
    Der Priester hielt den Kopf gesenkt und massierte sich die Handgelenke.
    »Wussten Sie nicht, dass unser ehrwürdiger Vater auch Waffenhändler ist? Ich würde sogar sagen, dass er einer der wichtigsten Unterstützer unserer lieben Revolution war … « Umaru blickte ihn an. »Yaru Aduasanbi verließ sich auf ihn. Nur schade, dass er im Niger beinahe Ihretwegen gefasst worden wäre.«
    »Ich habe Aduasanbi niemals verraten!«
    Umaru deutete ein Lächeln an.
    »Nein, aber Sie werden zugeben, dass es nicht gerade eine glorreiche Idee war, ihm Geld zu schicken. Das hat denen im Innenministerium die Arbeit sehr erleichtert, das können Sie mir glauben. Dagegen gebe ich zu, dass das, was Sie im Flüchtlingslager von Damasak getan haben, recht clever gewesen ist. Niemand hat etwas kommen sehen … «
    »Schweigen Sie!«, schrie Pater David.
    »Damasak … «, sagte Megan und suchte die Augen des Priesters, um zu verstehen. Das, was Umaru gesagt hatte, war für sie wie eine Ohrfeige, und sie war so sprachlos und schockiert, als wäre sie verraten worden. Pater David warf ihr einen flehenden Blick zu und näherte sich ihr. Die junge Frau wich zurück, bis sie gegen die Wand stieß.
    »Megan, ich kann es dir erklären … «
    Einer der Söldner stürzte ins Zimmer herein.
    »Chef! Billy Bob ist wieder da und … «
    Draußen waren die Schreie einer Frau zu hören.
    »Lass mich los!«
    »Halt’s Maul!«
    Megan erkannte die Stimme von Billy Bob, noch ehe er in der Küche auftauchte. Er schubste die Prostituierte vor sich her. Sie prallte mit voller Wucht gegen einen Stuhl und stürzte auf den Fliesenboden, wobei sie mit der Schläfe gegen die Ecke eines Einbauschranks stieß. Sie stöhnte auf, griff sich mit den Händen ins Gesicht und kauerte sich wie ein Embryo zusammen. Naïs heulte und versuchte, sich dem Griff Umarus zu entwinden.
    »Dieses Miststück … « Billy Bob wischte sich die Lippen an seinem Ärmel ab. »Dieses Miststück wollte uns bei den Bullen verpfeifen. Ich hab mich an ihre Fersen geheftet, als sie zum Markt gehen wollte, und … da sehe ich, dass sie schnurstracks aufs Polizeirevier läuft.«
    Der Blick der Prostituierten begegnete dem Megans, und sie schenkte ihr ein trauriges Lächeln. Umaru drückte Naïs an sich, damit sie aufhörte, herumzuzappeln.
    »Hat sie mit ihnen gesprochen?«
    »Nein, ich hab sie vorher erwischt … «
    »Bist du sicher, dass sie nichts gesagt hat?«
    »Absolut sicher.«
    »Dann machen wir weiter wie geplant.«
    Billy Bob warf der Frau, die über den Fliesenboden kroch, einen Blick zu.
    »Und sie? Was machen wir mit ihr?«
    »Leg sie um.«

138
    »Wir kommen … «
    »… zu spät. Ja, ich weiß«, ärgerte sich Benjamin, während er den Stadtplan auseinanderfaltete. Er sah zu der Fassade eines kleinen Gebäudes auf und suchte ein Schild. »In welcher Straße sind wir?«
    Jacques sah sich um. Ringsherum grillten Heranwachsende Maiskolben in Mülltonnen, die zu Kohlenbecken umfunktioniert worden waren, Mütter plauderten vor der Haustür, während sie ein wachsames Auge auf eine Schar Kinder hatten.
    »Rochester Street, glaube ich … «
    »Du glaubst ?«
    Jacques zuckte mit den Schultern, wie um sich für die Ratlosigkeit zu entschuldigen. Benjamin seufzte und faltete die Karte wieder zusammen. So liefen sie etwa zwanzig Minuten herum, wobei sie in der Menge untertauchten, Gässchen durchschritten, in denen Prostituierte sie einluden, ihnen Gesellschaft zu leisten, und Kinder zwischen zwei Gullys Fußball spielten. Alte Männer lümmelten sich auf Liegestühlen, rauchten und tranken, während sie dem Stimmengewirr und den Misstönen der Straße lauschten. Die Mauern waren überzogen mit

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