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Die unsichtbare Handschrift

Die unsichtbare Handschrift

Titel: Die unsichtbare Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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Reinhardt das Geheimnis mehr als einmal herausposaunt«, fuhr Kaspar fort. »So ein Kerl in einem schwarzen Mantel war heute hinter Esther her. Er hat sie bis zu unserer Hütte verfolgt. Was soll er schon von ihr gewollt haben, wenn nicht das Pergament? Wenn es der Mörder wäre, der umgeht, hätte er sie sich doch schnappen können, meinst du nicht?«
    »Welcher Mörder?«
    »Kaspar hört auf all die Aufschneider, die zum Besten geben, dass vor den Toren eine Frau gemeuchelt wurde.«
    »Aber es ist wahr!«
    »So? Ich hörte, sie habe ein Kind erwartet, das viel zu früh ans Licht wollte. Sie war allein. So haben Mutter und Kind die Geburt nicht überstanden.«
    »Davon hörte ich auch«, stimmte Vitus zu.
    Kaspar schmollte.
    »Ich bin deiner Ansicht, Kaspar, dass dieser Kerl, von dem du sprichst, es wahrhaftig auf Esther abgesehen haben könnte, weil er von der Urkunde weiß.« Er dachte kurz nach. »Ihr bleibt heute Nacht hier. Wir dürfen nicht riskieren, dass er euch einen ungebetenen Besuch abstattet.«
    »Das habe ich auch gleich gesagt«, verkündete Kaspar. »Und es war mein Plan, bei dir zu bleiben. Immerhin hast du Esther doch diese Flausen in den Kopf gesetzt, oder nicht?«
    »Kaspar!«
    »Er hat schon recht. Ich habe davon geschwärmt, wie gut es wäre, Einfluss auf das Schreiben zu haben, das den Kaiser bewegen soll, die Stadt erneut mit Privilegien auszustatten. Hätte ich keinen Nutzen davon, hättest du nie Marolds Schrift geübt.«
    Sie schwieg. Zwar stimmte, was er sagte, daran gab es keinen Zweifel, dennoch mochte sie ihm nicht die Schuld geben.
    »Was ich noch nicht verstehe«, begann Vitus nachdenklich. »Felding hätte doch niemals zugestimmt, dass wir Lübecker Englandfahrer denen aus Köln gleichgestellt werden. Wie konntest du also glauben, mit ihm gemeinsame Sache machen zu können?«
    »Nun, er will natürlich nicht, dass ihr gleichgestellt seid, stimmt aber zu, euch die Sicherheit zu geben, dass die Abgaben für euch Lübecker nicht ständig erhöht werden. Und er stellt euch deutlich besser als die Leute aus Tiel. Das ist doch immerhin eine gewisse Bereicherung, denkst du nicht?«
    »Ich denke, dass diesem Kerl nicht zu trauen ist. Er treibt ein doppelbödiges Spiel, wenn du mich fragst. Kann es nicht sein, dass er dich nur beruhigen wollte, in Wahrheit aber nicht ein Wort zum Vorteil der Lübecker Englandfahrer in seiner Version vorkommt?«
    »Nein, das kann nicht sein.« Sie ging zu ihrem Mantel und zog das Pergament hervor. »Hier! Ich habe seine Version von einer Wachstafel auf diesen Bogen übertragen, Wort für Wort. Lies selbst!« Sie reichte ihm ihre Arbeit.
    Er überflog die Zeilen. »Jeder wird das für ein Schreiben aus Marolds Hand halten, nicht wahr?«
    Sie nickte voller Stolz.
    Er schüttelte fasziniert den Kopf und las weiter. »… sollen die Leute aus Lübeck zehn Mark Silber pro Lieferung, die Leute aus Tiel dagegen eine Mark Silber pro Kilo an Abgaben zahlen, während die Leute aus Köln davon befreit bleiben.« Er schnaubte verächtlich. »Das hat er sich fein ausgedacht.«
    »Aber zehn Mark Silber für eine ganze Lieferung, das ist nicht so schrecklich viel, oder doch?«
    »Nein, das ist es nicht.«
    »Da siehst du mal, mit welchen Sümmchen ein Kaufmann zu tun hat. Ich finde, das ist ein schöner Batzen!« Kaspar machte große Augen.
    »Ich habe nicht gesagt, dass es wenig ist, Kaspar, aber diese Summe kann ich, wenn die Lieferung nur groß genug ist, beim Einkauf oder beim Müller herausschlagen. Dann muss ich meine Ware nicht mehr teurer anbieten als die Kölner. Und um die Leute von Tiel muss ich mir keine Gedanken mehr machen. Eine Verbesserung ist hiermit schon erreicht.« Er legte den Bogen gerade auf den Tisch, als es draußen polterte und dann einen lauten Schlag gab.
    Kaspar sprang auf und riss die Augen noch weiter auf als zuvor. Esther konnte sich nicht von der Stelle rühren. Sie griff sich erschrocken an die Brust.
    »Seid ihr ganz sicher, dass euch niemand hierher gefolgt ist?«, flüsterte Vitus.
    Beide nickten stumm.
    Er sah von einem zum anderen und holte tief Luft. »Dann sollte da draußen auch nichts sein, das uns ängstigen könnte.« Damit erhob er sich, nahm die Öllampe vom Haken und ging zur Haustür.
    Kaspar und Esther waren im nächsten Moment hinter ihm.
    »Sei bitte vorsichtig«, wisperte sie.
    Er blickte sich um, als würde er etwas suchen, womit er einem, der hinter der Tür lauerte, eins über den Schädel geben konnte. Doch da war

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