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Die unsichtbare Handschrift

Die unsichtbare Handschrift

Titel: Die unsichtbare Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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Baum saß, das graue Haar vom Wind zerzaust, den Blick gedankenverloren in die Ferne gerichtet. »Ja, ich denke, wir können ihm glauben.«
    »Dann binde ich ihn jetzt los.«
    »Das würde ich nicht tun«, warf Kaspar eifrig ein. »Ihm erst einmal zu glauben ist eine Sache, ihn aber gleich loszubinden eine ganz andere. Was ist, wenn er losrennt, wenn er wieder solche Haken schlägt? Ich kann nicht versprechen, dass ich ihn erneut zu packen kriege.«
    »Er läuft nicht davon. Warum sollte er? Außerdem, was wäre so schlimm daran? Ich habe noch immer beide Pergamente in meiner Tasche. Was will er schon ausrichten?«
    »Sie hat recht. Wir können es wagen.«
    »Warte, Vitus!« Esther legte ihre Hand auf seinen Arm. »Wenn du ihn befreit hast, was wollen wir dann tun?«
    »Ich dachte, wir gehen zu Marold und bringen ihm die Urkunde. Wir haben jetzt immerhin ein paar Antworten mehr parat, meinst du nicht? Und Magnus wird sie bestätigen.«
    »Schon, aber es gibt da diese eine Passage in unserer Abschrift, die wir nur schwerlich erklären können, ohne unseren Betrugsversuch zu gestehen. Und außerdem, was ist mit Reinhardt? Wir können nicht beweisen, dass Felding ihn getötet hat. Vielleicht sucht man uns längst, weil Felding uns des Mordes bezichtigt hat. Dann werden uns die Häscher festnehmen, sobald wir durch das Stadttor treten.«
    »Das ist wahr«, stimmte Magnus ihr ruhig zu. Er hatte offenbar gute Ohren. »Da, wo das Johanniskloster steht, ist die Stadtmauer kaum mehr als ein Steinhaufen. Lasst uns morgen in aller Frühe versuchen dort ungesehen in die Stadt zu kommen. Jetzt ist schon die Mittagsstunde vorüber. Die Gesandtschaft wird heute gewiss nicht mehr aufbrechen. Womit auch?«
    Die Vorstellung, eine Nacht zu haben, in der sie schlafen und neue Kraft schöpfen konnten, war Esther sehr angenehm. Vor allem würden sie nichts überstürzen müssen, sondern konnten in Ruhe einen Plan schmieden.
    »Stimmt, Marold muss eine neue Abschrift anfertigen oder anfertigen lassen. Das dauert eine Weile. Er wird die Gesandtschaft auf morgen vertrösten«, sagte sie. »Gehen wir weiter zur Mühle.«
    Vitus nickte, half Magnus auf die Beine und band dessen Hände los.
    »Ihr kommt also vom Hof des Grafen von Schauenburg«, sprach Esther, der etwas eingefallen war, ihn an.
    »Ja, wie ich Euch sagte.«
    »Doch seid Ihr keineswegs ein Freund des Grafen.«
    »Alles andere als das.«
    »Dann wird Norwid sich sehr freuen, Eure Bekanntschaft zu machen. Kommt!« Nachdem sie ein paar Schritte gegangen waren, fragte Esther: »Woher konntet Ihr wissen, dass ich des Schreibens mächtig bin?«
    »Ich habe schon als Kind gelernt, mich unsichtbar zu machen, um den Reichen so manche Münze oder Silberspange abzunehmen und sie zu belauschen. So etwas verlernt man nicht.« Eine Weile schwieg er, ein dünnes Lächeln auf den blassen Lippen. Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck. »Außerdem ist da dieses Weib, das mich vor Euch, einer Schreiberin und Tintenmacherin, gewarnt hat. Sie kann mehr Dinge sehen als andere Menschen, sagt man. Und es scheint so, als wäre das die Wahrheit. Wenn Ihr mich fragt, sie hat den bösen Blick.«
    Esther musste an sich halten, um nicht aufzuschreien. Sie wusste nur zu gut, von wem hier die Rede war.

[home]
    Lübeck, 18 . April 1226  – Josef Felding
    W as ist denn da draußen los?« Marold war übelster Laune und wollte offenbar auf der Stelle für Ordnung sorgen. Bevor er das Fenster erreichen konnte, kam Felding ihm zuvor. Zwar konnte er diesen eitlen Domherrn so gut leiden wie schleimigen Auswurf, doch musste er ihn besänftigen und sich gut mit ihm stellen. Dass der Bote noch nicht da war, machte ihn allmählich nervös. Etwas war schiefgegangen, und ihm musste schleunigst etwas einfallen, um hier verschwinden und selbst nach dem Rechten sehen zu können.
    »Kümmert Euch nicht darum, werter Marold. Ich werde für Euch den Fensterladen schließen, dann müsst Ihr das Gesindel da draußen nicht länger hören.«
    »Wenn Ihr den Laden schließt, ist es hier drinnen finster wie die Nacht. Außerdem wollen wir doch sehen, wo Euer Bote bleibt, nicht wahr? Oder lohnt das Warten nicht, weil Ihr keinen Boten beauftragt habt?«
    »Wie könnt Ihr nur so von mir denken? Und was hätte ich davon? Wie ich Euch schon bei meinem ersten Besuch sagte, liegt mir das Wohl dieser Stadt am Herzen wie kaum etwas. Ich bin ein ehrbarer …«
    Marold schnitt ihm das Wort ab. »Hört endlich auf damit! Ich kann Euer

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