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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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zarten Gestalt im Bett auch sehen konnte, so sehr wünschte er, sich auf das verlassen zu können, was er bisher gehört – und auch gefühlt – hatte. Rasch krabbelte er unter das Bett.
    Durch die Tür drang eine gedämpfte Stimme. »Herrin, da kam ein Geräusch aus Eurem Zimmer. Seid Ihr wohlauf?«
    »Soweit es möglich ist, wenn einer aus dem Bett fällt«, rief Inukith zurück.
    »Dürfen wir uns trotzdem davon überzeugen, dass alles in Ordnung ist?«
    Inukith zögerte.
    »Zeigt den Wachen das Zimmer und dann schickt sie wieder fort«, flüsterte Topra aus seinem Versteck.
    Inukith schaltete die auf einem Tischchen neben ihr stehende Lampe an, glitt sodann aus dem Bett und zog die Decke rasch bis auf den Boden. Dann eilte sie zu einem Sessel, auf dessen Lehne ein hauchfeines Neglige lag. Während sie es sich überstreifte, rief sie: »Wartet einen Augenblick. Ich muss mich erst bedecken.«
    Zu Topras Entsetzen hatte Inukith nicht darauf geachtet, die Decke weit genug über das Fußende des Bettes zu streifen. Er konnte sie von hinten fast bis zu den Schultern hinauf sehen, was bedeutete, dass auch er leicht zu entdecken war. Als sie den Gürtel des Morgenrocks um die Taille band, entging ihm nicht ihre schlanke Gestalt, die sanft geschwungenen Hüften und die Anmut ihrer Bewegungen. Langes Haar floss wie ein schwarzer Wasserfall über ihren Rücken. Er musste wirklich blind vor Zorn gewesen sein, dieses bestrickende Geschöpf mit dem Pharao zu verwechseln!
    Als Inukith die Tür eine Handbreit öffnete, zog er sich so weit wie möglich unter das Kopfende des Bettes zurück. Ihre Stimme klang erstaunlich selbstbewusst.
    »Alles in Ordnung, Hauptmann.«
    »Darf ich wenigstens einen Blick in Euer Gemach werfen?«
    Sie zögerte. Aber dann erwiderte sie seufzend: »Wenn es unbedingt sein muss. Ich hörte vorhin leises Sirenengeheul. Was ist denn los, Hauptmann?«
    Topra sah, wie sich ein Paar nackter Füße vor dem Fußende des Bettes aufbauten. Außerdem hörte er schwere Stiefel, die sich langsam über das Parkett bewegten. »Vor kurzem ist die Schutzmauer an zwei Stellen eingebrochen. Obwohl es unwahrscheinlich ist, könnte sich jemand ins Millionenjahrhaus geschlichen haben. Euch ist nichts Verdächtiges aufgefallen?«
    »Ihr meint Diebe, die es auf den Kronschatz abgesehen haben, oder Meuchler, die mir an die Gurgel wollen?«
    »Etwas in der Art, ja.«
    »Nein.«
    »Na ja, wäre hier jemand eingedrungen, hätte es uns auch auffallen müssen.«
    »Wenn General Waris’ Leibgarde nur halb so viel taugt, wie behauptet wird, dann denke ich das auch. Kann ich jetzt wieder zu Bett gehen, Hauptmann?«
    »Natürlich. Entschuldigt noch einmal die Störung, Herrin. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht, Hauptmann.«
    Topra hatte den Kontrollgang des Leibgardisten mit gespitzten Ohren verfolgt. Als jetzt die Tür endlich wieder geschlossen war, sank seine schweißnasse Stirn auf den Boden. Erleichtert stieß er die Luft aus. »Das war knapp!«
    »Seid Ihr da unten eingeschlafen?«, erkundigte sich Inukith vom Kopfende her.
    Topra drehte sich auf den Rücken und schob seinen Oberkörper unter dem Bett hervor. Wie ein Automobilmechaniker zur Kundin sah er zu seiner Retterin empor. Dabei durchfuhr ihn ein sonderbares Kribbeln. Jetzt erst sah er Inukith von vorne. Sie war jünger, als er angenommen hatte, sechzehn vielleicht, höchstens siebzehn. Nun, es war ja bekannt, dass der Pharao sogar vierzehnjährige Mädchen in seinen Harem aufnahm. Dieses zauberhafte Geschöpf hier machte jedoch alles andere als einen kindlichen Eindruck. Wie die Statue einer selbstbewussten jungen Frau stand sie da: die Hände in den Hüften, den rechten Fuß nur auf die Zehen gestützt, das leicht angewinkelte Bein lugte vorwitzig aus dem Aufschlag des langen Morgenrockes hervor und gab den Blick auf ein wohlgerundetes Knie frei. Nun erst schien sie sich ihrer Wirkung auf den zu ihr heraufstarrenden Burschen bewusst zu werden, denn plötzlich zog sie ihren Morgenrock fester um den grazilen Leib und trat einen Schritt zur Seite.
    Als die Nachttischlampe nicht mehr durch ihr luftiges Neglige hindurchstrahlte, erwachte Topra aus einer Art Trance. Er schüttelte sich und stand rasch vom Boden auf. Sichtlich verlegen bedankte er sich für Inukiths Lüge.
    »Ich habe nicht gelogen«, widersprach sie.
    »Aber Ihr sagtet doch…«
    »Dass ich weder Juwelendiebe gesehen habe noch Meuchler, die mir an die Gurgel wollen. Das stimmt.«
    »Aber ich wollte

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