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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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die Rotunde des Wissens – oder die halb verfallene, die vom Stadtrand aus zu sehen war? Unschlüssig sah Trevir zu dem Ring aus hohen Doppelbogenfenstern unterhalb des Gebälks hinauf. Keine einzige Glasscheibe war zerstört, ja im Vergleich zu den vielen Ruinen ringsum befand sich das gesamte Gebäude in einem tadellosen Zustand.
    »Abacuck hat hier alle Schäden ausbessern lassen«, sagte Ceobba. Er hatte die Gedanken seines staunenden Begleiters erraten.
    Trevir quetschte, ohne es zu merken, Dwinas Finger zusammen, bis sie sich von ihm freizumachen versuchte. Vor Aufregung brachte er kaum einen zusammenhängenden Satz hervor. »Aber… Das… Habt Ihr nicht gesagt, der Prophet hätte Euch schon vor Jahrhunderten verlassen?«
    »Die Badda sehen es als ihre heilige Pflicht an, diesen Ort zu bewahren. Wir hegen und pflegen ihn, seit Abacuck von uns ging, um ihn bereitzuhalten für den Tag der Wiederkunft. Bitte verzeiht den wenig festlichen Rahmen. Eigentlich wollten wir eine Feier anlässlich Eurer Rückkehr veranstalten, aber – bitte fasst das nicht als Vorwurf auf – Ihr habt ein wenig gedrängelt.«
    Trevir sah mit großen Augen mal den Badda, dann wieder die Rotunde des Wissens an. »Warum sprecht Ihr von ›Rückkehr‹, Ceobba? Ich bin heute zum ersten Mal hier.«
    »Das Triversum schwingt wie ein großes Pendel hin und her: Was sich entfernt, kommt irgendwann wieder zurück. Du magst anders heißen, anders aussehen und dich selbst für einen anderen halten, aber wir Badda sehen in dir den Hüter des Gleichgewichts, der einst von uns ging, um einen zweiten Hort des Wissens zu gründen, damit auf jeden Fall einer für den Tag der nächsten großen Welle erhalten bleibt.«
    »Ich habe dir erzählt, was mit dem Dreierbund geschehen ist. Die Aufzeichnungen der Bruderschaft wurden geplündert und zerstört«, sagte Trevir mit unüberhörbarer Bitternis.
    Dwina wandte sich ihm zu und ihre Augen schienen geradewegs auf den Grund seines Herzens zu sehen. Leise erklärte sie: »Deshalb bist du hergekommen, Trevir, weil es nur noch diesen Hort hier gibt. Ich bin überzeugt, du wirst in der Rotunde finden, was du für die Vereitelung von Mologs Plänen brauchst.«
    Einige Atemzüge lang verlor sich Trevir im Funkeln ihres Blicks. Dwinas sanfte Stimme hatte sich wie Balsam auf seine wunde Seele gelegt.
    Als der Bann von ihm abfiel, hob er ihre Linke an seine Lippen, küsste sie, lächelte seltsam befreit und sagte dann zum Baddachef: »Bitte führt uns zu Abacucks Buch.«
    Ceobba öffnete das Portal und winkte seine Gäste in die Rotunde des Wissens.
    Der kreisrunde Raum erinnerte Trevir entfernt an den Höhlendom der Badda, was vermutlich ebenso wenig ein Zufall war wie die Ähnlichkeit der Säulenfassade hier mit jener von Ceobbas »bescheidenem Heim«. Die Kuppeldecke der Rotunde lag im Schatten. Nur das wie eine große Blume anmutende Rosettenfenster und der schwache Widerschein vergoldeter Stuckbänder, die sich bis zum Gebälk herabzogen, war zu sehen. An der runden Wand, unterhalb der Fenster, standen tausende und abertausende von Büchern. Trevir versuchte sich die Pracht dieser herrlichen Halle bei Tageslicht vorzustellen. Sie musste eine Zierde jener Stadt gewesen sein, die einmal London hieß.
    Obwohl mehrere Menschenleben nicht ausreichen würden, um all die Werke in den Regalen zu studieren, bargen die Hallen jenseits des Innenhofs doch ungleich größere Bestände. Den Tischen unter der Kuppel nach zu urteilen diente die Rotunde ursprünglich in erster Linie dem Wissenserwerb und nicht sosehr seiner Aufbewahrung. Sie war ein Lesesaal.
    Ganz in der Nähe entdeckte Trevir einen jener durchsichtigen Tische, die er schon zuvor betrachtet hatte. Er zog Dwina mit sich, wischte hastig die dünne Staubschicht von der Platte und spähte durch die Scheibe. Unter dem Glas lag nicht Abacucks legendäres Buch, sondern zwei unscheinbare, vergilbte Dokumente und daneben ein weißes Schild offenbar neueren Datums.
     
    Die Magna Charta
    Zwei der vier noch existierenden Kopien des Dekretes, das im Jahr 3830 A. S. von König Johann erlassen wurde und das seine Abmachung mit den Edelleuten seines Reiches enthält, die einige Tage zuvor auf der Insel Runnymede besiegelt worden war. Die Magna Charta diente als Vorbild für zahlreiche Dokumente zur Beendigung und Einschränkung von Willkürherrschaft, nicht nur im römischen Imperium, sondern auf der ganzen Welt.
     
    »Nicht ganz das, was du gesucht hast, oder?«, fragte

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