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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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versuchten ihm auszuweichen. Reflexhaft feuerten sie trotzdem ihre Laserkanonen auf den Werfer ab. Keiner der Schüsse brachte Topra ernsthaft in Gefahr, aber ein Laserstrahl traf den Ehereif, als dieser sich bereits dicht über den Köpfen der Leibgardisten befand.
    Der Ring explodierte.
    Seit einem gewissen Vorfall vor achtzehn Jahren, als ein Bund gegen die Palastwache eingesetzt worden war, hatten die Sklavenringe eine stetige Weiterentwicklung erfahren. Im Falle der Explosion breitete sich die Energie vorwiegend nach innen aus, um den Träger zu töten, Unbeteiligte jedoch zu schützen. Hier dämpften jedoch weder Fleisch noch Knochen die Kraft der Detonation. Eine Stichflamme blendete die Leibgardisten. Tausende winziger Splitter zischten durch die Luft. Die Druckwelle warf selbst schwergewichtige Soldaten zu Boden.
    Topra starrte entsetzt nach unten. Die Hochzeitsgesellschaft war auseinander gestoben. Überall wurde geschrien. Panikartig versuchten die Menschen aus der Halle zu fliehen. Im näheren Umkreis der Explosionsstelle brannten eine Reihe von Stühlen. Stöhnende Männer wälzten sich am Boden. Sie bluteten aus zahlreichen kleinen Wunden. Viele Leibgardisten hielten sich das Gesicht; womöglich waren ihre Augen verletzt worden. Topra fühlte einen unbändigen Zorn. Diese Narren!, dachte er. Warum hatten sie Aabuwa nicht zurückgehalten, anstatt sich von ihm zu diesem Wahnsinn verführen zu lassen? Hoch über dem Gebrüll der Menschen drang plötzlich eine Stimme an Topras Ohr, die vor Hass nur so triefte.
    »Meinst du, damit kannst du deinen Hals retten?« Es war Aabuwa, der an der Säule gegenüber stand. Topra musste den Kopf zurücklegen, gewissermaßen nach oben blicken, um den Prinzen zu sehen. Dessen Gesicht war eine verzerrte Fratze. Zwischen den Fingern hielt er einen metallischen Gegenstand. Sein Daumen ruhte auf einem winzigen Knopf, das rote Warnlicht des Tasters leuchtete durch die Haut hindurch. Topra sah nicht zum ersten Mal das neueste Modell jener Fernzünder, mit denen unzufriedene Sklavenhalter ihre Bediensteten enthaupten konnten.
    »Aabuwa, mein Sohn, tu das nicht! Lass ihn leben! Ich brauche ihn noch«, schrie Isfet von unten. Zu Topras Verwunderung zeichnete sich blankes Entsetzen auf dem Gesicht des Pharaos ab. Er hatte die Linke abwehrend nach oben gereckt – mit der Rechten hielt er nach wie vor Inukiths Handgelenk.
    Trotzig rief sein Sohn zurück: »Warum nicht? Er hat Mutter getötet.«
    »Aber er ist auch dein Bruder. Außerdem war es ein Unfall.«
    »Ich kann nicht glauben, dass du so etwas sagst.«
    »Aabuwa! Zur rechten Zeit am rechten Ort darfst du deinen Rachedurst an ihm stillen. Aber nicht hier und jetzt!«
    Topra traute seinen Ohren nicht. Da war er wieder, der ominöse Zeitfaktor. Die beiden hatten sich gegen ihn verschworen – aber wozu? Was plante der Pharao? Warum setzte er sich so vehement für die Verlängerung des Lebens eines Bastards ein? Topra schob die beklemmenden Fragen beiseite. Jeder Aufschub bedeutete einen Gewinn.
    »Höre auf unseren Vater!«, flehte Topra, gerade laut genug, um auf der nächsten Säule verstanden zu werden. »Wir können diesen Konflikt auch anders lösen.«
    Aabuwa begegnete seinem Blick mit versteinerter Miene. Er schien nachzudenken und Topra schöpfte schon Hoffnung, aber dann kehrte der Hass auf das Gesicht des Prinzen zurück und er schüttelte den Kopf. »Vater hat einen Harem voller Frauen, aber ich habe nur eine Mutter besessen. Ich kann ihren Tod nicht ungesühnt lassen.« Wieder hob der Prinz die Hand mit der Fernbedienung.
    »Das verstehe ich gut«, antwortete Topra.
    Erneut zögerte der Prinz. Wie viel er wohl von Gisas Schicksal wusste? Dann kroch ein hässliches Grinsen über sein verzerrtes Antlitz und er drückte den Auslöser.
    Aus Sicherheitsgründen sandte der Zünder sein tödliches Signal nicht sofort. Die Leuchtdiode im Taster begann zu blinken. Unwillkürlich legte sich Topras Hand auf den Bund. Er hielt den Atem an.
    »Brich es ab!«, schrie Isfet, der das Lichtsignal von unten ebenfalls sehen musste. Der Schrecken in seinem Ausruf ließ viele Menschen im näheren Umkreis erstarren.
    »Hör auf ihn!«, sagte Topra eindringlich.
    Aabuwa grinste nur und blickte auf den Zünder, den er fest genug hielt, um ihn sich nicht von seinem Kontrahenten aus der Hand reißen zu lassen. Das Blinken wurde immer schneller. Dann piepte der Zünder dreimal. Der letzte Ton hielt lange an. Es war die Bestätigung des

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