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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Funksignals. Jetzt musste der Bund explodieren.
    Verwundert sah der Prinz von seinem Fernzünder auf. Das Piepen erstarb. Aber es hatte noch immer nicht geknallt. Die zweite Überraschung war die leere Säule gegenüber. Sein vermeintlicher Halbbruder war verschwunden, und zwar in einem Stück. Aabuwa schrie vor Wut auf.
    »Komm runter. Wir werden ihn lebend bekommen, und dann wird er teurer bezahlen, als wenn du ihn jetzt tötest«, appellierte Isfet von unten an die niedrigsten Instinkte seines Sohnes. Nefermaat warf einige Kürzel auf seinen Stenoblock. Die Priesterschaft der memphitischen Triade rang die Hände. Inukith sah mit bebenden Lippen nach oben.
    Aabuwas Rachedurst war unstillbar. Er schüttelte angewidert sein Haupt. Dann streckte er die Hand zu der Stelle aus, wo der Ehereif explodiert war. Dort lagen neben den Verletzten mehrere Lichtspeere auf dem Boden. Eine der Waffen bewegte sich plötzlich. Wie auf einer schiefen Ebene begann sie zu rutschen, nicht etwa waagerecht, sondern schräg nach oben. Sekunden später lag sie in der Hand des Prinzen.
    Topra war inzwischen an dem Pfeiler emporgelaufen und hatte gerade die Decke erreicht. Kopfunter strebte er auf eine Reihe großer Lichtöffnungen zu. Während am Ausgang der Großen Säulenhalle noch immer Gedränge herrschte, fühlten sich andere Hochzeitsgäste mittlerweile wieder sicher genug, um das unglaubliche Schauspiel, das offenbar allen Gesetzen der Schwerkraft hohnsprach, zu verfolgen. Wer würde siegen, der Jäger mit dem Speer oder das Wild, das jeden Moment nach draußen schlüpfen konnte?
    Ein gleißender Lichtstrahl brachte Topra zum Stehen. Er wirbelte herum, um sich seinem Gegner zu stellen. Doch wie oder womit? »Tu’s nicht! Du spielst mit dem Feuer«, rief er Aabuwa zu und hielt ihm seine Handfläche entgegen, als könne er den gebündelten Lichtstrahl damit abwehren.
    »Aabuwa. Im Namen deiner toten Mutter, lass es sein!«, flehte der Pharao vom Altar her.
    Der rachsüchtige Prinz lachte nur. »Gleich, Vater. Nur einmal möchte ich noch abdrücken, dann werde ich mich beruhigen.«
    Topras Hand war noch immer erhoben. Er schüttelte den Kopf. Doch Aabuwas unbezähmbare Wut machte ihn blind für alle Warnungen.
    Er drückte ab.
    Das fingerdicke blaue Lichtbündel schoss aus der Waffe. Doch es perforierte nicht etwa Topras hochgereckte Hand, wie Schütze und Zuschauer es erwartet hatten, sondern schien dicht davor auf eine elastische Wand zu treffen. Das Licht spritzte förmlich nach alle Seiten, wie ein feiner Tröpfchenregen. Topra spürte eine sengende Hitze auf der Handfläche. Gleichzeitig wurde er von dem Gleißen geblendet, sah nur noch schemenhafte Umrisse und bald gar nichts mehr.
    Anders die verängstigten und verwirrten Menschen unter ihm. Sie konnten beobachten, wie das diffuse Strahlen rasch wieder zu einem Bündel aus Licht wurde, das nun aber vor der Hand des Verteidigers einen Bogen um einhundertachtzig Grad beschrieb. Es kehrte zu Aabuwa zurück.
    Und durchbohrte sein Herz.
    Langsam rutschte der Finger des tödlich getroffenen Prinzen vom Auslöser. Die wie ein doppeltes, blau glühendes Tau unter der Decke schwebende gleißende Linie verlosch. Dann entglitt die Waffe dem Sterbenden und fiel zum Hallenboden.
    Aabuwas Augen brachen. Der Prinz sackte nach unten, löste sich von der Säule und stürzte taumelnd nach unten. Noch bevor sein Körper auf die Steinplatten schmetterte, fühlte Topra eine heftige Turbulenz im Gefüge der Welt, fast so als würde ihn eine Windbö packen. Nur mit Mühe konnte er die Kräfte des Drillingsuniversums bezähmen, um nicht selbst abzustürzen. Er hörte die entsetzten Schreie der Menschen, aber seine geblendeten Augen konnten den grotesk verkrümmten Leichnam des Prinzen nicht sehen.
    Aabuwa lag zwischen dem Altartisch und den immer noch schwelenden Stuhlreihen der Hochzeitsgäste. Der Boden unter ihm bewegte sich, als bestünde er aus Gallertmasse, die von dem Aufprall in Unruhe versetzt worden war. Für einen Moment schienen sich die zähflüssig anmutenden Steinplatten wie bei einem Strudel um ein Zentrum drehen zu wollen, aber dann riss der Grund unter dem toten Prinzen auf. Drei Spalten fraßen sich durch die Halle, eine zur östlichen Stirnseite, wo sie die memphitische Triade zerteilte, die anderen beiden nach Nordwesten und Südwesten. Hätte man einen Kreis um den Leichnam gezogen, wäre er durch die Risse in drei exakt gleich große Segmente zerschnitten worden.
    Der Boden

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