Die unsichtbare Pyramide
Trauungszeremonie. Den festlichen Rahmen bildete der Bankettsaal. Dwinas blondes Haar war mit einem Blumenkranz geschmückt. Zudem trug sie einen langen Glitzermantel. Der Bräutigam – inzwischen gebadet, seines Bartes entledigt und durch einen leichten Imbiss gestärkt – kam in seinem engen Baddaanzug vergleichsweise bescheiden daher. Das arg ramponierte Kleidungsstück war von Kitta im Eiltempo repariert und gereinigt worden; das Baddamädchen hatte sich wegen der Trevir gewährten Fluchthilfe zwar einige Vorwürfe anhören müssen, war aber nicht zuletzt durch Dwinas Fürsprache bald zu deren persönlicher Kammerdienerin ernannt worden.
Ceobba hielt eine in Anbetracht der knappen Zeit überraschend tief schürfende Rede, in der er das Brautpaar zum ersten Mal überhaupt wie vertraute Freunde ansprach. Er behandelte die Rechte und Pflichten der Eheleute, die Aufzucht von Kindern sowie die Verantwortung gegenüber dem Allmächtigen. Der Vortrag war nicht ohne einen gewissen Witz, für den das Baddaoberhaupt mehrmals Vergebung beantragte. Auch in der Zuhörerschaft, die das rührende Ereignis durch Schluchzen und Ausrufe der Verzückung untermalte, wurden regelmäßig Entschuldigungen gemurmelt. Schließlich gelangte die Zeremonie zu ihrem Höhepunkt.
»So sprich mir die Worte des Ehegelübdes nach«, verlangte der Priester vom Bräutigam. »Ich, Trevir von Annwn, Pilger von Sceilg Danaan, Oberhaupt des Dreierbunds, Hüter des Gleichgewichts und Empfänger der Kräfte des Triversums, erkläre mich hiermit bereit, dich, Dwina von Ilfracombe, zu meiner Gemahlin zu nehmen und dich gemäß dem für Ehemänner überlieferten Gesetz unseres allmächtigen Herrn des Triversums zu lieben und für dich zu sorgen, solange wir beide unter der göttlichen Eheeinrichtung auf Trimundus leben.«
Trevir wiederholte – unter Weglassung der von Ceobba so hingebungsvoll aufgezählten Ehrentitel – die Formel. Mit gespannter Erwartung blickte er in das Gesicht der Braut.
»Bitte sprich auch du mir die Worte des Ehegelübdes nach. Ich, Dwina von Ilfracombe, erkläre mich hiermit bereit, dich, Trevir von Annwn, Oberhaupt des Dreierbunds, Hüter des Gleichgewichts und Empfänger der Kräfte des Triversums, zu meinem Gemahl zu nehmen und dich gemäß dem für Ehefrauen überlieferten Gesetz unseres allmächtigen Herrn des Triversums zu lieben und für dich zu sorgen, solange wir beide unter der göttlichen Eheeinrichtung auf Trimundus leben.«
Dwina gab sich wenigstens Mühe, die Beinamen ihres zukünftigen Gatten aufzuzählen, auch wenn sie die Liste insofern zusammenstrich als sie ihn zum »Oberhaupt des Gleichgewichts« ernannte, jedoch nicht ohne sich dafür zu entschuldigen.
»So erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frau«, schloss Ceobba und breitete grinsend die Hände aus, was so viel bedeutete wie: Ihr dürft euch jetzt küssen.
Trevir und Dwina nahmen sich in die Arme, sahen sich glücklich in die Augen und taten dann, was alle erwarteten. Während ihre Lippen aufeinander lagen, war der Bankettsaal erfüllt vom Applaus der Hochzeitsgäste. Tränenfeuchte Taschentücher wurden geschwenkt oder in die Luft geworfen. Segenswünsche hallten durcheinander.
»Und jetzt wird gefeiert«, verkündete Ceobba.
Sich zu ihm vorbeugend flüsterte Trevir: »Das Fest müssen wir verschieben. Dwina und ich sollten uns schleunigst aus dem Staub machen, bevor Mologs Spürnase die Witterung aufnimmt.«
Zu seiner Verwunderung lächelte das Baddaoberhaupt fröhlich. Nach einer die Spannung hebenden Pause erwiderte Ceobba: »Ich habe ein Geschenk für euch.«
»Oh!«
»Ihr werdet Eure Hochzeitsnacht in Londinor verbringen.«
»Aber das können wir nicht riskieren…«
»Verzeih, wenn ich dich unterbreche, aber ihr dürft es getrost.
Es gibt in der Stadt, die du die Verbotene nennst, nämlich einen Ort, an dem ihr sicher seid. Unser Erster Parömiograph hat mich darauf hingewiesen.«
»Der alte Dambaragh?«
Ceobba nickte gewichtig. »Schwingungsknoten sind im Auf und Ab die Toten.«
»Wie bitte?« Trevir blinzelte verwirrt.
»So lautet der Merkspruch, auf den Dambaragh sich bezieht. Abacuck lehrte uns, dass es im lebhaften Wellengang des Triversums so genannte Schwingungsknoten gibt, die wie tot sind: still und unbeweglich. So gewaltig die Kräfte drum herum auch wirken mögen, können sie doch nicht zu diesen Orten vordringen.«
»Schon Aluuin hat mir von den Schwerpunkten der drei Welten erzählt, aber das…?« Trevir
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