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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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die Ratschlüsse unseres Herrn zu gewinnen, auch wenn seine Wege dir manchmal unergründlich erscheinen.«
    »Sind sie das für dich etwa nicht, Bruder Pedro? Was ist wirklich mit mir passiert? Ich meine nicht die Gehirnerschütterung, sondern dieses Licht. Und dann das Blut in meinem Gesicht.« Francisco tastete nach seiner rechten Wange und spürte ein mit Verbandsmaterial unterfüttertes Pflaster.
    »Du hast einen sauberen Schnitt über dem rechten Jochbein, nicht sehr tief, wie Doktor Rocho meinte. Er hat die Wunde gereinigt und geklammert.«
    »Das ist mir im Moment ziemlich egal. Ich möchte wissen, was das zu bedeuten hat.«
    »Eigentlich hoffte ich, du könntest diese Frage mir beantworten, Francisco?«
    »Ich? Nein. Da war mit einem Mal dieses Leuchten auf meinen Händen, dann das Blut und…« Der Junge wollte den Kopf schütteln, scheiterte jedoch schon im Ansatz – der Schmerz war einfach zu stark.
    »Was ist mit dem Staub?«
    »Welcher…?«
    »Fein zerriebener Lehm. Dein Anzug war ganz voll davon. Bruder Christiano meinte, den hätten wir nirgendwo im Klostergarten.«
    Franciscos Mund stand zwar offen, aber es kam kein Ton heraus. Anstatt zu begreifen, war er nun noch verwirrter.
    Die Augen des Guardians wurden glasig, als er nachdenklich die Wand über dem Bett ansah. Nach einer Weile schüttelte er den Kopf und wandte sich wieder seinem Zögling zu: »Hat es sich denn nicht irgendwie angekündigt?«
    »Ich weiß nicht. Wie meldet sich ein Wunder an? Es ist das erste Mal, dass ich so etwas erlebe.«
    Pedros Miene wurde sehr ernst. »Das stimmt nicht.«
    »Natürlich. Ich müsste doch wissen, wenn…« Der Junge verstummte, weil ihn der bohrende Blick seines Mentors ahnen ließ, dass es da etwas gab, das er noch nicht wusste. Franciscos Stimme war sehr leise, als er schließlich fragte: »Damals, als du mich draußen im Garten gefunden hast – was ist da wirklich geschehen?«
    Der Guardian antwortete nicht sogleich. Er schien einen inneren Kampf mit sich auszufechten, was einige Zeit in Anspruch nahm. Schließlich seufzte er und erzählte die ganze sonderbare Geschichte von dem blau leuchtenden Findelkind, das er Francisco genannt und im Kloster aufgenommen hatte. Als er es taufte, gab er ihm – in Anlehnung an die Lichtengel des Alten Testaments – den Familiennamen Serafin. In all den Jahren, gestand Pedro, habe er aufmerksamer über seinen Zögling gewacht als über das restliche Kloster. Nicht nur die erstaunliche Auffassungsgabe Franciscos sei ihm dabei aufgefallen, sondern auch dessen unglaubliches Geschick, Verlorenes wiederzufinden. So ein Kind müsse eine Geschenk Gottes sein und heute habe er den Beweis dafür gesehen, schloss Pedro seinen Bericht.
    Francisco ließ den Kopf ins Kissen sinken und starrte an die Decke. Unvermittelt sagte er: »Ich war so zappelig in letzter Zeit.«
    »Zappelig ist gar kein Ausdruck! Du hast Bruder Bartoleme in Grund und Boden gerannt.«
    »Irgendwie habe ich ihn übersehen.«
    »Das ist bei Bruder Bartoleme nicht schwer. Deine Gedanken waren bei den Klarissen, vermute ich.«
    Francisco schwieg.
    »Kennst du ein Mädchen namens Clara? Sie lässt dich grüßen und erkundigt sich nach deinem Wohlergehen.«
    Dem Jungen wurde plötzlich heiß. »Clara? So hieß die treue Gefährtin des heiligen Franz.«
    »Willst du dich über mich lustig machen, Francisco? Das Mädchen, von dem ich rede, ist knapp so alt wie du und besitzt eine wunderbare Stimme. Deswegen durfte sie beim Gottesdienst den Chor der Klarissen als Präzentorin anführen, obwohl sie selbst keinem regulierten Orden angehört –, wie sie mir versicherte, will sie sich außerhalb der klösterlichen Gemeinschaft dem Dienst am Menschen widmen.«
    »Die Vorsängerin…?« Die Schöne!, fügte Francisco im Geist hinzu und beteuerte in aller Aufrichtigkeit: »Ich habe sie heute zum ersten Mal gesehen.«
    »Nun, jedenfalls scheinst du Eindruck auf sie gemacht zu haben und das nicht nur, weil dir dieses Mal gegeben wurde.« Pedro deutete auf des Jungen Wange. »Wenn ihr euch allerdings nicht kanntet, dann erscheint mir deine Nervosität im Vorfeld des heutigen Gottesdienstes mehr als nur die Ungeduld eines pubertierenden Knaben gewesen zu sein. Könnte sie noch eine andere oder sagen wir besser zusätzliche Ursache gehabt haben?«
    »Möglich.« Francisco wollte das Gespräch nur ungern von dem engelsgleichen Wesen fortdriften lassen.
    »Und welche?«
    »Ich weiß nicht.« Vielleicht sollte er die

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