Die unsterbliche Braut
sowieso niemand, der dir helfen könnte.“
Panisch streckte ich die Hand nach Ava aus, doch die war verschwunden. „Was hast du mit ihr gemacht?“, fragte ich und kam stolpernd auf die Füße. Meine Knie drohten unter mir nachzugeben, doch ich weigerte mich, Calliope die Befriedigung zu gönnen, mich fallen zu sehen.
„Du kriegst sie schon bald genug zurück“, erwiderte sie voller Verachtung, als sie vor mir aus dem Nebel trat. „Ich hab euch doch gesagt, dass Kronos mich befreien würde. Findest du es nicht auch großartig, wenn sich am Ende alles fügt?“
Eine unangenehme Hitze durchströmte mich, genau wie an jenem Tag, als ich ihr gegenübergetreten war, nachdem die Brüder sie gefangen genommen hatten. „Was willst du?“, stieß ich wütend hervor und presste die Hände auf den Bauch. Was tat sie mir an? Es musste doch einen Weg geben, das aufzuhalten.
„Ich hab dir schon gesagt, was ich will“, erwiderte sie. „Ich werde dir genauso wehtun, wie du mir wehgetan hast. Ich werde dir nehmen, was du am innigsten liebst, und du wirst nichts dagegen tun können.“ Sie tätschelte mir die Wange, und wo ihre Finger mich berührten, brannte mir die Haut.
Wütend schlug ich ihre Hand weg. „Wo ist Henry? Was hast du mit ihm gemacht?“
„Nichts“, entgegnete sie unschuldig dreinblickend. „Vertraust du mir etwa nicht? Also wirklich, Kate, du musst lernen, nicht so misstrauisch zu sein. Davon kriegst du nur Falten, und du willst die Ewigkeit doch nicht als alte Frau verbringen, oder?“
Ein Grollen ertönte aus dem Nebel, und Calliope zwinkertemir zu. „Das erinnert mich daran – ich hab hier jemanden, der dich kennenlernen möchte.“
Neben ihr erschien ein dunkelhaariger Mann, doch er war nicht aus Fleisch und Blut wie sie. Stattdessen schien der Nebel durch ihn hindurchzuwabern, als wäre eines Teil des anderen, und als er vortrat, sah ich, dass seine Augen von demselben Grau waren, das uns umgab.
Kronos.
„Kate, mein Liebling“, murmelte er, und obwohl er leise sprach, klang seine Stimme wie Donnergrollen. Langsam führte er die Fingerspitzen an meine Wange, und seine federleichte Berührung ließ mich erschauern. „Ich habe mich so auf diesen Moment gefreut.“
Er sah aus wie Henry. Das war das Schlimmste. Er war älter, doch seine Gesichtsform, die Farbe des Haars, das ihm auf die Schultern hing, selbst die Art, wie er sich bewegte – alles an ihm erinnerte mich an Henry.
War es tatsächlich eine körperliche Ähnlichkeit? Henry war der älteste der Brüder – war er als Ebenbild von Kronos erschaffen worden? Oder versuchte Kronos, auszusehen wie er? Aber warum sollte er das tun?
„Kronos“, entgegnete ich steif und verkrampfte meine zitternden Hände ineinander. „Was hast du mit ihnen gemacht?“
„Sie sind alle in Sicherheit, das garantiere ich dir, meine Liebe.“ Kronos lächelte, und sämtliche Hitze schwand aus meinem Körper. „Haben dir meine Geschenke gefallen?“
„G…geschenke?“, stammelte ich. „Was für Geschenke?“
Mühelos zog Kronos meine Hände auseinander und nahm eine zwischen seine. Er bedeckte die offene Handfläche mit seiner, und als er sie wieder wegzog, lag eine goldene und blaue Blume in meiner Hand, die nach Zuckerwatte roch.
Der aufgetürmte Nebel schien immer näher zu rücken, und alle Luft wich mir aus den Lungen. Die ganze Zeit über war es Kronos gewesen. „Aber … warum? Du bist nicht mal … ich bin nicht …“Er beugte sich zu mir und streifte mit den Lippen meine Wange. Mein Kopf war plötzlich seltsam leer, als wäre er ebenfalls erfüllt von Nebel. „Ich kann dir alles geben, was du dir je gewünscht hast, mein Liebling“, murmelte er, und seine Worte rauschten über mich hinweg, warm und einladend, als sie sich so tief in meine Gedanken gruben, dass ich sie nicht mehr abschütteln konnte. „Ein Zuhause, eine Familie – und ich würde dich so viel mehr lieben, als er es jemals könnte. Für mich wärst du niemals zweite Wahl. Mit mir zusammen könntest du die Ewigkeit genießen.“
Während er sprach, verschwand Calliope und ließ uns allein in dem Kokon aus Nebel. Mir fielen die Augen zu, und ich schwankte, während mein Körper danach schrie, von Kronos wegzukommen. Irgendein Teil von mir wollte das jedoch gar nicht. Er sagte die Wahrheit; natürlich tat er das. Er würde mich bis in alle Ewigkeit lieben. Und die Art, wie er meinen Namen sagte, wie er sich in meinem Innersten zusammenrollte …
„Komm mit mir,
Weitere Kostenlose Bücher