Die unsterbliche Braut
ich haben vor sechs Monaten geheiratet. Ich bin den Sommer über weg gewesen, und Kronos hat mit seinen Angriffen begonnen, als ich nach hier unten kam. Wir hatten keine Zeit, die Zeremonie zu vollenden.“
Leicht schüttelte Persephone den Kopf und verengte die Augen. „Warum nennst du ihn Henry?“
Ich blinzelte. Das war die letzte Frage, mit der ich gerechnet hatte. „Aus demselben Grund, aus dem du ihn Hades nennst, nehme ich an. So hat er sich mir vorgestellt.“
„Griechische Namen sind aus der Mode geraten“, warf James ein. „Und Zeus hat beschlossen, dass es das Klügste wäre, sich unauffällig zu verhalten, nachdem Rom gefallen war, also mussten wir uns anpassen. Ich heiße jetzt James. Aphrodite ist Ava. Hera hat allerdings darauf bestanden, einen griechischen Namen zu behalten – deshalb nennt sie sich jetzt Calliope, nach ihrer Lieblingsmuse. Nicht ganz so auffällig wie unsere ehemaligen Namen.“
Persephone schwieg. Unauffällig ging Adonis zu ihr und legte ihr den Arm um die Taille, doch sie rührte sich nicht. Leider konnte ich nicht gut den Blick von ihr abwenden, ohne unhöflich zu wirken, also biss ich die Zähne zusammen und versuchte mich daran zu hindern, mit irgendetwas vollkommen Unangemessenem herauszuplatzen.
„Sieht aus, als hätte sich die Welt ohne mich weitergedreht“, bemerkte Persephone und rümpfte hochmütig die Nase.
„Du solltest nicht so überrascht tun“, erwiderte James. Er streckte die Beine aus und zog sich die Stiefel von den Füßen. Daraufhin verzog Persephone das Gesicht, sagte jedoch nichts. „Es ist tausend Jahre her. Du würdest sie nicht wiedererkennen, wenn du nach oben gehen würdest.“
Einen Moment lang glaubte ich Bedauern über ihr Gesicht huschen zu sehen und bekam ein beklemmendes Gefühl in der Magengegend. Hatte sie gerade etwa festgestellt, dass sie Adonis doch nicht so sehr liebte, wie sie gedacht hatte? Hatte Ava recht gehabt, was Persephones Loyalität anging? War sie gelangweilt von Adonis und wollte weiterziehen? Ich konnte es mir nicht vorstellen, außer, Adonis hatte tatsächlich nichts zu bieten als einen attraktiven Körper und ein hübsches Gesicht. Zugegeben, ein sehr hübsches Gesicht, aber dennoch …
Mir blieb nicht viel Zeit, darüber nachzudenken. Persephone wandte sich wieder mir zu, die blauen Augen eisig. „Also hat er aus den Millionen von Menschen auf der Welt einfach dich ausgesucht …“
„Milliarden“, korrigierte James. „Ist schon eine Weile her.“
Entnervt verdrehte Persephone die Augen. „Die Frage bleibt die gleiche. Warum du?“
Ein Teil von mir wäre dieser Frage am liebsten ausgewichen, aber natürlich forderte Persephone Antworten, und wenn ich ehrlich zu ihr war, bestand wenigstens eine Chance, dass sie bereit wäre, uns zu helfen. Wenn Adonis sie tatsächlich langweilte, hatten wir vielleicht Glück, und sie würde sich auf die Gelegenheit stürzen, an einen anderen Ort zu gelangen. So oder so, sie anzulügen oder Informationen zurückzuhalten würde mich nicht weiterbringen.
„Ich war nicht die Erste“, begann ich. „Vor mir wurden das vergangene Jahrhundert über elf weitere Mädchen geprüft. Calliope hat sie getötet, bevor sie auch nur eine Chance hatten, und …“
„Hera würde das niemals tun“, unterbrach mich Persephone. „Vielleicht wenn es um Zeus gegangen wäre, aber …“
„Sie ist in Henry verliebt“, schnitt ich ihr das Wort ab. „Nachdem du gegangen warst, dachte sie, sie hätte eine Chance, aber er wollte nicht mit ihr zusammen sein, also hat sie die Konkurrenz ausgeschaltet.“
Persephone reckte das Kinn. „Aber du hast überlebt. Dumusst was Besonderes sein. Ich wette, Henry ist ganz verrückt nach dir.“
Vielleicht war es die Art, wie sie seinen Namen sagte, oder der Sarkasmus, der ihre Stimme tränkte, auf jeden Fall riss mir nun endgültig der Geduldsfaden. Das hier war unmöglich. Ich würde nicht den ganzen Tag hier herumstehen und ihr alles erklären, wenn sie nicht zuhörte. Ich würde niemals verstehen, warum Henry sie so sehr liebte, und wenn sie sich nicht einmal an die Grundregeln der Höflichkeit halten konnte, sah ich keinen Grund, warum ich es tun sollte.
„Er ist nur mit mir zusammen, weil ich deine Schwester bin“, fuhr ich sie hitzig an. „Diana … Demeter, sie ist meine Mutter. In einem letzten verzweifelten Versuch, Henry zu retten, hat sie sich entschlossen, mich zu bekommen, weil sie sich so verdammt schuldig fühlt für das, was
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