Die Unsterblichen: Roman (German Edition)
Treffen unter vier Augen gerufen.
»Er bot mir das Heilmittel als Gegenleistung für eine weitere zehnjährige Verpflichtung an«, sagt er.
Zahlreiche Militärbedienstete, die anonym bleiben möchten, haben der New York Times ebenfalls bestätigt, dass ihnen das Heilmittel im Austausch gegen eine Verlängerung ihrer Dienstzeit angeboten worden war. Lt. Marshall ist jedoch das erste Mitglied der Streitkräfte, das mit solchen Anschuldigungen an die Öffentlichkeit geht. Ihm wurde befohlen, seinen Kameraden nichts von dem Angebot zu erzählen. Weiterhin verlangte die Armee innerhalb von achtundvierzig Stunden nach einer Antwort. Außerdem war ihm eine erhöhte Alterspension in Höhe von 80 % seines Solds nach Beendigung der zusätzlichen zehn Jahre angeboten worden, und zwar für den Rest seines Lebens. Üblicherweise sind zwanzig Dienstjahre nötig, um eine Pension in der Höhe von 50 % des Solds zu erhalten.
»Sie sagten mir, dass sie nur jenen Leuten ein solches Angebot machen, auf die sie nicht verzichten wollen. Ehrlich gesagt war ich schockiert. Ich hatte achtundvierzig Stunden Zeit, um mich zu entscheiden, ob ich ein weiteres Jahrzehnt dort bleiben wollte, weit fort von meiner Familie. Es wäre eine leichte Entscheidung gewesen, wenn nicht die Sache mit der Pension gewesen wäre. Sie bieten es einem zusätzlich an und machen es einem praktisch unmöglich, Nein zu sagen. Letzten Endes habe ich ihnen aber dennoch eine Abfuhr erteilt«, sagt er. »Denn ich habe genügend Geld gespart, um mich illegal deaktivieren zu lassen, wenn ich das wirklich will, und zwar ohne weitere Dienstjahre absolvieren zu müssen. Die Pensionsleistung ist mir die Sache nicht wert, aber ich bin mir sicher, dass viele Jungs das anders sehen.«
Der Verteidigungsminister, Samuel Templeton, antwortete auf Marshalls Anschuldigungen via E-Mail: »Sollte Marshall tatsächlich das Heilmittel im Austausch gegen eine Verlängerung der Dienstzeit und eine erweiterte Pensionsleistung angeboten worden sein, so geschah dies ohne das Wissen des Verteidigungsministeriums und des Pentagons. Es gibt kein Programm, das die Verabreichung des Heilmittels vorsieht, und es wird auch keines geben. Und es gibt sicher keine faustischen Pensionsvereinbarungen, die wir unseren Soldaten anbieten, egal wie erfolgreich sie sind. Sämtliche Militärs, die unabhängig agieren und diese Art von Vereinbarungen anbieten, werden sich vor Gericht verantworten müssen.«
Obwohl sich nur ein einziger Soldat öffentlich geäußert hat, haben zahlreiche andere aus allen Bereichen der US-Armee gegenüber der New York Times ähnliche Vorwürfe erhoben, sowohl was die Details der Vereinbarungen als auch was die geheime Vorgehensweise anbelangt.
»Wir wissen alles darüber«, sagt ein Offizier, der anonym bleiben möchte. »Und wenn es einem nicht persönlich angeboten wurde, dann hat man zumindest davon gehört. Wir sind vierundzwanzig Stunden am Tag zusammen, und zwanzig Stunden davon haben wir nichts zu tun. Die Jungs reden. Als es mir angeboten wurde, wurde ich zu einem persönlichen Treffen mit einem sehr hohen Vorgesetzten befohlen.«
Ein weiterer Soldat, der ebenfalls anonym bleiben möchte, gibt an, das Angebot angenommen zu haben. »Als ich erst einmal Ja gesagt hatte, gab es kein Zögern mehr. Sie ließen mich einen Vertrag unterschreiben. (Der Bitte der New York Times, eine Kopie des Vertrags sehen zu dürfen, wurde nicht Folge geleistet, die Red.) Am nächsten Morgen ging ich zum Arzt und ließ mir Blut abnehmen. Zwei Wochen später bekam ich drei große Spritzen, und das war’s dann. Ich hatte bloß mit drei Personen zu tun gehabt: mit meinem unmittelbaren Vorgesetzten, mit einem sehr viel höheren Vorgesetzten und mit dem Arzt. Sonst war niemand daran beteiligt. Ich lebe allein, und ich mag meine Arbeit. Ich musste nicht einmal darüber nachdenken.«
Wir fragen den Soldaten, ob es ihm erlaubt ist, mit anderen über die Deaktivierung zu sprechen. »Nein, es wird streng nach dem Motto ‚Nicht fragen, nichts sagen‘ vorgegangen. Mir wurde unmissverständlich klar gemacht, dass es sehr, sehr schlechte Auswirkungen auf mich haben würde, sollte ich darüber sprechen.«
Die New York Times hat zwei nicht namentlich genannte britische Soldaten ausfindig gemacht, deren Aussagen jenen ihrer US-Kollegen verblüffend ähneln. Es ist weithin bekannt, dass die russische Armee ihren Truppen das Heilmittel angeboten (und die Männer in einigen Fällen sogar dazu
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