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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ketil Bjørnstad
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sie nicht zu hart auf dem Asphalt landete. Er bugsierte sie immer näher an die Kante des Autositzes. Schließlich hatten ihre Schuhspitzen Kontakt zum Boden.
    »Jetzt kannst du stehen, Mutter«, sagte er zu ihr.
    »Danke, mein Junge«, sagte sie. »Jetzt komme ich selbst zurecht.«
    Aber sie kam nicht selbst zurecht. Sie brauchte jede Hilfe, die möglich war, und wer in dieser unterbesetzten und verwahrlosten Einrichtung konnte ihr durch die Zeit, die jetzt vor ihr lag, helfen?
    Allerdings wußte er, daß es in diesem System einzelne Menschen gab, die bereit waren, ein besonderes Engagement zu zeigen, trotz der schlechten Bezahlung. Menschen mit einer angeborenen aufmerksamen Nähe , die nicht imstande waren, etwas halbherzig oder schlecht zu machen. Man erkannte sie von weitem, und die Alten liebten sie. Deshalb wuchsen ihnen die Aufgaben oft über den Kopf, und sie übernahmen nach wenigen Jahren weniger anstrengende Posten. Vielleicht war Leila so ein Mensch.
    Sie verflocht ihren Arm mit seinem, um Bergljot Brenner bei dem unsicheren Manöver vom Autositz in den Rollstuhl Halt zu geben.
    »Stützen Sie ihre Schultern?«
    »Ja, ich halte sie fest.«
    Endlich saß sie im Rollstuhl.
    Thomas roch den scharfen Geruch eines Furzes, sagte aber nichts. Es hätte ja auch Leila sein können. Hussein verabschiedete sich, und Thomas Brenner schob seine Mutter durch den Haupteingang des roten Backsteingebäudes. Leila ging neben ihm. Kaum waren sie drinnen, rief Leila nach einer der Pflegekräfte. »Zeta! Zeta!«
    Eine kleine afrikanische Frau drehte sich um und kam zu ihnen. Thomas tippte auf Äthiopierin, obwohl, bei Afrikanern irrte er sich oft.
    »Das Frau Brenner?« sagte sie.
    Er sah, daß die Mutter freundlich nickte und die Hand ausstreckte.
    »Ja, hier habt ihr mich«, sagte sie und lächelte.
    »Willkommen im Heim!« sagte Zeta und lächelte ein strahlend weißes Lächeln. »Wollen gleich das Zimmer zeigen.«
    Er reichte ihr ebenfalls die Hand. »Der Sohn, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Thomas. »Ich bin ihr ältester Sohn.«
    Warum in aller Welt sagte er das? Hatte er als Ältester mehr Autorität?
    »Immer gut, Ältester zu sein«, sagte Zeta mit einem Lächeln.
    Er mochte sie. »Sind Sie zuständig für meine Mutter?«
    Sie nickte. »Ja, zuständig. Werde gut aufpassen auf die Mutter!«
    Für einen Moment war Thomas beruhigt. Diese beiden Frauen würden mit der erforderlichen aufmerksamen Nähe handeln. Zeta dirigierte sie bereits zum Fahrstuhl. Sie mußten einen Bogen machen um einen Mann in weißem Hemd und altmodischer Schleife, der im Rollstuhl saß, vor sich hin sabberte und wirres Zeug murmelte.
    »Hei, Gotfred«, sagte Leila vertraut und klopfte dem alten Mann auf die Schulter. »Na, heute gut gelaunt?«
    Er antwortete nicht. Leila wischte ihm mit dem Tuch, das er auf dem Schoß liegen hatte, den Mund ab. Dann tätschelte sie ihm die Wange und ging weiter.
    Thomas Brenner merkte, daß die Mutter das alles beobachtete. Das Leben alter Menschen war ihr keineswegs unbekannt. Sie hatte seit über zehn Jahren regelmäßig verschiedene ihrer Bekannten in dieses und andere Heime begleitet. Es war eine für sie wie auch für Gordon typische Eigenschaft, daß sie sich immer gekümmert hatten. Sie waren nicht so selbstbezogen wie Tulla und Kaare, die unbeirrt auf ihre egoistischen Zerstreuungen Wert legten. Bergljot und Gordon dagegen hatten ohne weiteres eine Reise abgesagt, wenn ein naher Freund erkrankt war. Gordon hatte Arbeitskollegen besucht, die nach einem Schlaganfall im Altenheim gelandet waren, Woche um Woche, Jahr um Jahr. Tulla dagegen war nicht auf dem Begräbnis der eigenen Schwester gewesen, weil sie und Kaare eine sogenannte Kulturreise nach Mexiko gebucht und bereits bezahlt hatten. Die quirlige Stewardeß feierte, wo sie ging und stand, besaß aber nicht die Empathie, die Bergljot und Gordon bei vielen Gelegenheiten ausgezeichnet hatte. Sogar für ziemlich entfernte Bekannte waren sie dagewesen, Gordon mit vielen Besuchen in Krankenhäusern und Pflegeheimen, Bergljot mit all ihren Päckchen und Sendungen, selbstgebackene Kokosmakronen, ein Roman, den sie zu lesen empfahl, eine Wolljacke, die sie in der Stadt gekauft hatte und zusammen mit einem langen Brief oder ausgeschnittenen Zeitungsartikeln verschickte.
    Aber jetzt ging es um Bergljot, und Thomas fiel keiner aus dem Bekanntenkeis der Eltern ein, der sich jetzt um sie kümmern würde. Auch Vigdis und Johan würden sich erst einmal nicht die Mühe

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