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Die Unsterblichen

Die Unsterblichen

Titel: Die Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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meisten Menschen gefällt es ihnen, wenn man sie bemerkt.
    Aber die Stimme in meinem Zimmer war definitiv kein Geist. Es war auch nicht Riley. Die Stimme in meinem Zimmer gehörte Damen.
    Und deshalb weiß ich, dass ich träumte.
    »Hey.« Er lächelt und rutscht Sekunden nach dem Klingeln auf seinen Platz, doch da es Mr. Robins' Stunde ist, ist das so, als wäre er zu früh dran.
    Ich nicke und hoffe, unverbindlich und neutral zu wirken, nicht im Mindesten interessiert. Hoffe, verbergen zu können, dass ich schon so hin und weg bin, dass ich jetzt von ihm träume.
    »Deine Tante scheint echt nett zu sein.« Er schaut mich an und klopft mit dem Ende seines Kugelschreibers auf die Schreibplatte; es macht ständig klick, klick, klick, und das geht mir wirklich auf die Nerven.
    »Ja, sie ist prima«, brumme ich und verfluche Mr. Robins innerlich dafür, dass er auf der Lehrertoilette herumtrödelt. Ich wünschte, er würde den Flachmann wegstecken, herkommen und endlich seinen Job machen.
    »Ich wohne auch nicht bei meinen Eltern«, bemerkt Damen, und seine Stimme lässt den Raum verstummen, bringt meine Gedanken zur Ruhe, während er den Stift auf der Fingerspitze kreiseln lässt, immer rund herum, ohne zu wackeln.
    Ich fummele an meinem iPod in der Geheimtasche herum und überlege, wie unhöflich es wäre, wenn ich ihn anschalten und Damen ebenfalls abblocken würde.
    »Ich bin mündig«, fügt er hinzu.
    »Im Ernst?«, frage ich, obwohl ich fest entschlossen war, unsere Gespräche auf das absolute Minimum zu beschränken. Es ist nur, ich bin noch nie jemandem begegnet, der mündig ist, also als Minderjähriger willentlich unabhängig von seinen Eltern lebt und sich seinen Lebensunterhalt selbst verdient. Ich fand immer, dass das so einsam klingt, und so traurig. Doch seinem Auto und seinen Klamotten und den noblen Freitagabenden im St. Regis Hotel nach zu urteilen, scheint es ihm ja nicht allzu schlecht zu gehen.
    »Im Ernst.« Er nickt. Sobald er aufhört zu reden, höre ich das laute Flüstern von Stada und Honor, die mich Freak nennen und noch ein paar viel schlimmere Sachen. Dann sehe ich zu, wie er den Stift in die Luft wirft und lächelt, als dieser ein paar träge Achterschleifen zieht, ehe er wieder genau auf seinem Finger landet. »Also, wo ist deine Familie?«, erkundigt er sich.
    Und es ist so seltsam, wie all die Geräusche einfach aufhören und wieder anfangen, anfangen und aufhören, wie eine völlig verkorkste Version von »Die Reise nach Jerusalem«.
    Eine, bei der ich immer als Letzte dastehe. Eine, bei der ich immer »draußen« bin.
    »Was?« Ich blinzele, abgelenkt durch den Anblick von Damens magischem Stift, der jetzt zwischen uns in der Luft schwebt, während Honor sich über meine Klamotten lustig macht, und ihr Freund so tut, als wäre er ganz ihrer Meinung, obwohl er insgeheim überlegt, warum sie sich nie so anzieht wie ich. Und ich möchte am liebsten meine Kapuze hochziehen, meinen iPod voll aufdrehen und das alles übertönen.
    Besonders Damen.
    »Wo wohnt deine Familie?«, fragt er.
    Ich schließe die Augen, während er spricht - Stille, wunderbare Stille, diese paar flüchtigen Sekunden lang. Dann öffne ich sie erneut und schaue unverwandt in seine. »Sie sind tot«, sage ich, als Mr. Robins ins Klassenzimmer tritt.
     
    »Es tut mir leid.«
    Damen sieht mich beim Lunch über den Tisch hinweg an, während ich mich eifrig umsehe, ob Haven und Miles endlich auftauchen. Gerade habe ich mein Lunchpaket geöffnet und eine rote Tulpe zwischen meinem Sandwich und den Kartoffelchips liegen sehen - eine Tulpe! Genau wie die von Freitagabend. Obwohl ich keine Ahnung habe, wie er das gemacht hat, bin ich mir sicher, dass das Damens Werk ist. Aber es ist nicht so sehr der sonderbare Zaubertrick, der mir zu schaffen macht, es ist die Art und Weise, wie er mich ansieht, wie er mit mir spricht, wie ich mich in seiner Nähe fühle...
    »Wegen deiner Familie. Mir war nicht klar ...« Ich blicke auf meine Saftflasche, drehe den Deckel hin und her, her und hin und wünsche mir, er würde es einfach gut sein lassen. »Ich rede nicht gern darüber«, erwidere ich achselzuckend.
    »Ich weiß, wie es ist, Menschen zu verlieren, die man liebt«, flüstert er, streckt die Hand über den Tisch und legt sie über meine, und ein so schönes Gefühl durchdringt mich, so warm, so ruhig und so geborgen - ich schließe die Augen und lasse es zu. Gestatte mir, den Frieden dieses Gefühls auszukosten. Froh zu hören,

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