Die Unsterblichen
neutral zu klingen, allerdings mehr Damen als mir zuliebe.
»Haben wir doch gar nicht«, wehre ich ab und hoffe, dass sie es glaubt. Dennoch weiß ich, dass sie es nicht tun wird. Ich meine, das Ganze ist ein so bizarrer Zufall, dass ich allmählich selbst daran zweifle und mich frage, ob es mir irgendwie rausgerutscht ist, obwohl ich weiß, dass es nicht so ist.
»Ein totaler Glücksfall«, sagt Damen und legt mir den Arm um die Taille. Und obwohl er ihn nur einen Augenblick lang dort liegen lässt, ist das trotzdem lange genug, dass mein ganzer Körper kribbelt.
»Du musst Damen sein«, sagt Evangeline und schiebt sich neben ihn; ihre Finger zupfen an den Rüschen seines Hemdes. »Ich dachte, Haven übertreibt bestimmt, aber ganz offensichtlich stimmt das nicht.« Sie lacht. »Als was hast du dich verkleidet?«
»Als Graf Fersen«, sagt Haven. Ihre Stimme ist hart und spröde, und ihre schmalen Augen starren in meine.
»Von mir aus.« Evangeline grabscht nach seinem Hut und setzt ihn sich auf den Kopf. Verführerisch lächelt sie unter der Krempe hervor, ehe sie seine Hand ergreift und ihn davonführt.
Sobald die beiden weg sind, dreht Haven sich zu mir um und sagt: »Ich glaub's einfach nicht, was du hier abziehst!« Ihr Gesicht ist zornig, die Hände hat sie zu Fäusten geballt, aber das ist nichts, verglichen mit den grauenhaften Gedanken, die durch ihren Kopf wirbeln. »Du weißt doch, wie toll ich ihn finde. Ich habe dir alles erzählt. Ich habe dir vertraut.«
»Haven, ich schwöre es, das war nicht geplant. Es ist einfach nur ein völlig abgedrehter Zufall. Ich weiß nicht mal, was er hier zu suchen hat. Du weißt genau, dass ich ihn nicht eingeladen habe«, beteuere ich; ich möchte sie überzeugen und weiß doch, dass es sinnlos ist und ihr Entschluss bereits feststeht. »Und ich weiß ja nicht, ob du es gemerkt hast, aber deine liebe Freundin Evangeline geht ihm da drüben gerade praktisch an die Wäsche.«
Haven schaut kurz zur anderen Seite des Zimmers hinüber, dann sieht sie wieder mich an. »Das macht sie bei jedem, sie ist so gut wie keine Bedrohung. Im Gegensatz zu dir.«
Ich hole tief Luft, ringe um Geduld und versuche, nicht zu lachen, weil Riley neben ihr steht und jedes Wort nachäfft, jede Bewegung nachahmt und sich auf eine Art und Weise über sie lustig macht, die definitiv komisch, wenngleich nicht im Mindesten freundlich ist. »Hör zu«, sage ich schließlich. »Ich mache mir nichts aus ihm. Ich meine, wie kann ich dich davon überzeugen? Sag's mir, und ich tu's!«
Sie schüttelt den Kopf und schaut weg; ihre Schultern sinken herab, ihre Gedanken verfinstern sich, und jetzt richtet sie ihren ganzen Zorn gegen sich selbst. »Lass es.« Sie seufzt und blinzelt Tränen weg. »Sag einfach gar nichts. Wenn er auf dich steht, dann steht er eben auf dich, und ich kann nichts dagegen machen. Ich meine, es ist ja nicht deine Schuld, dass du klug und hübsch bist und dass die Jungen dich immer lieber mögen werden als mich. Besonders wenn sie dich erst ohne deine Kapuze sehen.« Sie versucht zu lachen, schafft es jedoch nicht ganz.
»Du machst aus nichts und wieder nichts eine Riesensache«, erwidere ich und hoffe, ich kann sie überzeugen, hoffe, ich kann mich selbst überzeugen. »Das Einzige, was Damen und ich gemeinsam haben, ist unser Geschmack in Sachen Filme und in Sachen Kostüme. Damit hat sich's, ich schwör's.« Und als ich lächele, hoffe ich, dass es echter rüberkommt, als es sich anfühlt.
Sie schaut zu Evangeline hinüber, die sich Zorros Peitsche gegriffen hat und zeigt, wie man richtig damit umgeht. Dann wendet sie sich wieder an mich. »Tu mir nur einen Gefallen.«
Ich nicke und bin bereit, so ziemlich alles zu tun, um dem ein Ende zu machen.
»Hör auf zu lügen. Darin bist du echt obermies.«
Ich sehe ihr nach, als sie davongeht, dann drehe ich mich zu Riley um, die herumhüpft und schreit: »O Mann, das ist auf jeden Fall die beste Party, die du je gegeben hast! Drama! Intrigen! Eifersucht! Fast eine Prügelei unter Mädchen! Ich bin ja so froh, dass ich das nicht verpasst habe!«
Ich will gerade Psst machen, als mir wieder einfällt, dass ich die Einzige bin, die sie wirklich hören kann, und dass es vielleicht ein wenig seltsam aussehen würde, wenn ich das täte. Als es abermals an der Tür klingelt, ist sie diesmal als Erste dort, trotz des Fischschwanzes, der hinter ihr herschlappt.
»Ach herrje«, sagt die Frau, die auf der Veranda steht, und ihr Blick
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