Die Unsterblichen
lacht und zieht mich an sich, als vier glänzende Vollblüter mit ihren Pflegern vorbeigetrottet kommen, gefolgt von einem Jockey in rosa-grüner Jacke, dünnen weißen Hosen und schlammigen Stiefeln.
»Eine Rennbahn?« Ich starre ihn mit offenem Mund an. Genau wie Disneyland ist das so ungefähr das Letzte, was ich erwartet hätte.
»Und nicht nur irgendeine Rennbahn, sondern Santa Anita«, nickt er. »Eine von den schöneren. Jetzt komm, wir haben um Viertel nach drei eine Reservierung im Front Runner.«
»Im was?«, frage ich und rühre mich nicht von der Stelle.
»Reg dich ab, das ist nur ein Restaurant.« Er lacht. »Jetzt komm schon, ich möchte den Wettschluss nicht verpassen.«
»Ah, ist das nicht illegal?«, frage ich und weiß genau, dass ich mich anhöre wie die allerletzte Spießerin, aber trotzdem, das alles ist so ... gesetzwidrig und leichtfertig und ... willkürlich.
»Essen ist illegal?« Er lächelt, doch ich merke, dass ihm allmählich die Geduld ausgeht.
Ich schüttele den Kopf. »Wetten, Glücksspiel und so, du weißt schon.«
Doch er lacht nur und schüttelt seinerseits den Kopf. »Das sind Pferderennen, Ever, keine Hahnenkämpfe. Jetzt komm.« Er drückt meine Hand und führt mich zu den Fahrstühlen.
»Aber muss man dafür nicht einundzwanzig sein?«
»Achtzehn«, brummt er, tritt in die Kabine und drückt den Knopf für den fünften Stock.
»Genau. Ich bin sechzehneinhalb.«
Wieder schüttelt er den Kopf und beugt sich vor, um mich zu küssen. »Regeln sollten immer ausgereizt, wenn nicht sogar gebrochen werden. Anders kann man keinen Spaß haben. Und jetzt komm«, sagt er und führt mich in einen großen, in verschiedenen Grüntönen gehaltenen Raum. Vor dem Empfangspult bleibt er stehen und wird vom Empfangschef begrüßt wie ein lange verschollener Freund.
»Ah, Mr. Auguste, wie schön, Sie zu sehen. Ihr Tisch ist bereit, bitte folgen Sie mir.«
Damen nickt, nimmt meine Hand und geleitet mich durch einen Saal voller Paare, Rentner, einzelner Männer, mehrköpfiger Frauengruppen, einem Vater mit seinem kleinen Sohn - nicht ein leerer Stuhl weit und breit. Und macht schließlich an einem Tisch direkt gegenüber der Ziellinie Halt, mit einer wunderschönen Aussicht auf die Rennbahn und die grünen Hügel dahinter.
»Tony kommt sofort, um Ihre Bestellung aufzunehmen. Soll ich Ihnen Champagner bringen?«
Damen wirft mir einen raschen Blick zu, dann schüttelt er den Kopf. Er wird ein wenig rot, als er antwortet: »Heute nicht.«
»Sehr wohl, Wettschluss ist in fünf Minuten.«
»Champagner?«, flüstere ich und ziehe die Brauen empor, doch er zuckt nur die Achseln und entfaltet das Rennprogramm.
»Was hältst du von Spanish Fly?« Er sieht mich an und lächelt, als er hinzufügt: »Ich meine das Pferd, nicht das Aphrodisiakum.«
Aber ich bin viel zu sehr damit beschäftigt, mich umzusehen, um ihm zu antworten; ich bemühe mich mit aller Kraft, das alles in mich aufzunehmen. Denn dieser Saal ist nicht nur riesengroß, er ist außerdem proppenvoll - mitten in der Woche - sogar mitten am Tag. All diese Leute schwänzen und wetten. Es ist wie eine ganz andere Welt, von der ich gar nicht gewusst habe, dass sie existiert. Und unwillkürlich frage ich mich, ob er hier seine ganze freie Zeit verbringt.
»Also, was ist? Möchtest du wetten?« Er wirft mir einen kurzen Blick zu, ehe er sich mit seinem Stift ein paar Notizen macht.
Ich schüttele den Kopf. »Ich wüsste überhaupt nicht, wo ich anfangen soll.«
»Na ja, ich könnte dir das alles runterbeten, Quoten, Prozente, Statistiken und Abstammungen. Aber da wir nicht viel Zeit haben, warum schaust du nicht mal hier rein und sagst mir, was Anfühlst, von welchen Namen du angezogen wirst. Bei mir hat das immer funktioniert.« Er lächelt.
Dann wirft er mir das Programm zu, und ich überfliege es. Zu meiner Überraschung stoße ich auf drei Namen, die mir eindeutig ins Auge fallen, in einer »Eins-zwei-drei«-Reihenfolge. »Wie wär's mit Spanish Fly als Sieger, Acapulco Lucy auf Platz zwei und Son of Buddha als Dritter?«, schlage ich vor und habe keinen blassen Schimmer, wie ich dazu gekommen bin, doch ich bin mir meiner Auswahl ziemlich sicher.
»Lucy zwei, Buddha drei«, murmelt er und schreibt es hastig auf. »Und wie viel möchtest du darauf setzen? Die Mindestwette liegt bei zwei Dollar, aber du kannst auf jeden Fall höher gehen.«
»Zwei ist okay«, erwidere ich. Plötzlich verfliegt meine Zuversicht, und ich habe
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