Die Unsterblichen
meine Situation zu sprechen, also bedränge ich ihn nicht besonders.
»Und wo gefällt es dir am besten?«, erkundige ich mich, nachdem ich gerade den letzten Bissen auf meinem Teller vertilgt habe und die ersten Anfänge träger Sattheit verspüre.
»Genau hier.« Er lächelt; er hat kaum etwas gegessen, aber das Essen nach besten Kräften auf dem Teller herumgeschoben. Ich kneife die Augen zusammen und glaube ihm nicht recht. Ich meine, klar, Orange County ist schön, aber doch ganz sicher nicht mit all diesen aufregenden europäischen Städten zu vergleichen, oder?
»Im Ernst. Ich bin sehr glücklich hier.« Er nickt bekräftigend und sieht mich an.
»Und in Rom, Paris, Neu Delhi oder New York warst du nicht glücklich?«
Er zuckt die Achseln, und in seinen Augen liegt plötzlich ein Hauch Traurigkeit, als sie sich von meinen lösen und er einen Schluck von seinem seltsamen roten Getränk nimmt.
»Und was genau ist das da eigentlich?«, frage ich und mustere die Flasche eingehend.
»Du meinst das hier?« Lächelnd hält er sie hoch. »Geheimes Familienrezept.« Er lässt den Inhalt in der Flasche kreisen, und ich sehe, wie die Farbe leuchtet und funkelt, als die Flüssigkeit an den Wänden emporsteigt und wieder hinunterläuft. Und dabei aussieht wie eine Kreuzung aus Blitzen, Wein und Blut, vermischt mit einer winzigen Prise Diamantstaub.
»Kann ich mal probieren?«, frage ich; ich weiß nicht genau, ob ich das möchte, aber neugierig bin ich trotzdem.
Er schüttelt den Kopf. »Das magst du bestimmt nicht. Schmeckt genau wie Medizin. Aber das kommt wahrscheinlich daher, dass es Medizin ist.«
Mein Magen fällt ins Leere, und ich starre ihn an, male mir eine ganze Latte unheilbarer Krankheiten aus, grauenvoller Gebrechen, schwerer Leiden - ich habe ja gewusst, dass er zu toll ist, um wahr zu sein.
Doch er schüttelt nur lachend den Kopf, während er nach meiner Hand greift. »Keine Angst. Ich hab nur manchmal ein bisschen wenig Energie. Und das hier hilft.«
»Wo kriegst du das denn her?« Blinzelnd suche ich auf der Flasche nach einem Etikett, aber sie ist durchsichtig, glatt und scheint fast aus einem Guss zu sein.
Er lächelt. »Ich hab's dir doch gesagt, geheimes Familienrezept«, sagt er und trinkt die Flasche mit einem tiefen, langen Zug leer. Dann schiebt er seinen vollen Teller weg und fragt: »Gehen wir schwimmen?«
»Muss man nach dem Essen nicht eine Stunde warten?« Unverwandt schaue ich ihn an.
Er lächelt nur und nimmt meine Hand. »Keine Angst. Ich lasse dich schon nicht ertrinken.«
Da wir den größten Teil des Tages im Pool verbracht haben, beschließen wir, es uns stattdessen im Jacuzzi gemütlich zu machen. Und als unsere Finger und Zehen allmählich kleinen Backpflaumen zu ähneln beginnen, hüllen wir uns in riesige Handtücher und gehen hinauf in mein Zimmer.
Er folgt mir ins Bad, wo ich mein feuchtes Handtuch auf den Boden fallen lasse, dann tritt er von hinten an mich heran, zieht mich an sich und hält mich so fest, dass unsere Körper miteinander verschmelzen. Als seine Lippen meinen Nacken streifen, ist mir klar, dass ich lieber ein paar Spielregeln festlegen sollte, solange mein Gehirn noch funktioniert.
»Ah, du kannst gern bleiben«, murmele ich und mache mich los. Meine Wangen brennen vor Verlegenheit, als ich seinen belustigten Blick sehe. »Ich meine, was ich sagen wollte, war, ich möchte gern, dass du bleibst. Wirklich. Aber, na ja, ich weiß nicht, ob wir ... du weißt schon.«
0 Gott, was rede ich da? Ah, hallo, als ob er nicht wüsste, was ich meine. Als wäre er nicht derjenige, der in der Höhle abgeblitzt ist, und so ziemlich überall sonst. Was ist los mit dir? Was machst du eigentlich? Jedes andere Mädchen würde für einen Augenblick wie diesen morden: ein langes, faules Wochenende ohne Eltern oder Aufsichtspersonen ... und hier stehe ich und stelle irgendwelche blöden Regeln auf... völlig ohne Grund...
Er legt mir den Finger unters Kinn und hebt mein Gesicht an, bis es auf einer Höhe mit seinem ist. »Ever, bitte, das hatten wir doch schon«, flüstert er, streicht mir das Haar hinters Ohr und drückt die Lippen auf meinen Hals. »Ich kann warten, wirklich. Ich habe schon so lange darauf gewartet, dich zu finden - ich kann noch länger warten.«
In die Krümmung von Damens warmem Körper gekuschelt, sein Atem tröstlich an meinem Ohr, schlafe ich sofort ein. Und obwohl ich Angst hatte, dass mich seine Anwesenheit viel zu nervös machen
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