Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks

Titel: Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Skloot
Vom Netzwerk:
mir Robert Stevenson, der zum Präsidenten der American Type Culture Collection ernannt worden war, über Gartlers Vortrag: »Er kam auf diese Tagung ohne nachgewiesene Kenntnisse über Zellkultur oder sonst etwas, und dann hat er allen mächtig in die Suppe gespuckt.«
    Stevenson und andere Mitglieder aus dem Beirat der Zellkultursammlung saßen wie versteinert im Publikum, als Gartler auf ein Diagramm deutete, das er an die Wand projiziert hatte: Es zeigte die 18 mit HeLa verunreinigten Zellkulturen sowie die Namen der Personen oder Orte, von denen er sie erhalten hatte. Mindestens sechs verunreinigte Linien stammten von der ATCC. HeLa hatte Fort Knox geknackt.
    Die Sammlung der ATCC war mittlerweile auf Dutzende von Zelltypen angewachsen. Alle waren garantiert frei von Verunreinigungen mit Viren oder Bakterien und nicht mit Zellen anderer biologischer Arten verunreinigt. Bisher gab es aber keinen Test, mit dem man feststellen konnte, ob eine menschliche Zelllinie mit einer anderen kontaminiert war. Und mit bloßem Auge sehen die meisten Gewebekulturzellen ohnehin gleich aus.
    Wie Gartler seinen Zuhörern erklärte, hatten sie in all diesen Jahren, in denen sie überzeugt waren, eine Bibliothek verschiedener menschlicher Gewebe aufzubauen, in Wirklichkeit nur immer und immer wieder HeLa gezüchtet. Er machte darauf aufmerksam, dass die Zucht neuer Zelllinien einige Jahre zuvor,
als die Wissenschaftler erstmals Schutzmaßnahmen gegen Verunreinigungen durch verschiedene biologische Arten ergriffen hatten und beispielsweise keimfrei unter Abzugshauben arbeiteten, plötzlich viel schwieriger geworden war. Tatsächlich »wurde seither nur über sehr wenige [neue menschliche Zelllinien] berichtet.« Und nicht nur das: Wie er weiter erklärte, gab es seither auch keine neuen Beispiele für »so genannte spontan transformierte menschliche Zellkulturen«.
    Alle im Publikum wussten, was das bedeutete. Gartler behauptete nicht nur, dass sie vermutlich mehr als ein Jahrzehnt und viele Millionen Dollar an Forschungsgeldern verschwendet hatten, sondern äußerte auch die Vermutung, dass es so etwas wie die spontane Transformation – eines der vermeintlich aussichtsreichsten Phänomene, wenn es um die Heilung von Krebs ging – möglicherweise gar nicht gab. Normale Zellen, so erklärte er, degenerierten nicht von selbst, sondern würden einfach von HeLa überwuchert.
    Zum Abschluss seines Vortrages sagte Gartler: »Wenn der Wissenschaftler von einem bestimmten Herkunftsgewebe einer Zelllinie wie beispielsweise der Leber… oder dem Knochenmark ausgegangen ist, sind seine Ergebnisse ernsthaft in Zweifel zu ziehen und sollten meiner Auffassung nach am besten ganz verworfen werden.«
    Im Saal herrschte bestürztes Schweigen. Schließlich ergriff T. C. Hsu das Wort, der Leiter von Gartlers Konferenzsitzung. Hsu war Genetiker an der University of Texas; durch seine früheren Arbeiten mit HeLa und anderen Zellen hatte er die Voraussetzungen für die Ermittlung der korrekten Zahl der menschlichen Chromosomen geschaffen.
    »Ich habe schon vor Jahren gewisse Vermutungen über die Verunreinigung von Zelllinien geäußert«, sagte Hsu. »Deshalb freue ich mich über den Vortrag von Dr. Gartler. Andere aber wird er damit nicht gerade glücklich gemacht haben.«

    Damit hatte er recht. Und nun begannen die Zuhörer, eine Frage nach der anderen zu stellen.
    »Wie lange haben Sie sie in Ihrem Labor gehalten?«, fragte ein Wissenschaftler. Damit äußerte er unausgesprochen die Vermutung, Gartler habe die Zellen selbst verunreinigt, nachdem sie in seinem Institut angekommen waren.
    »Sie wurden untersucht, bevor sie in meinem Labor gezüchtet wurden«, antwortete Gartler.
    »Man hat sie Ihnen also nicht in gefrorenem Zustand geschickt?«, hakte der Wissenschaftler nach. Er wusste, dass es schon beim Auftauen zu Verunreinigungen kommen konnte. Gartler erklärte, das spiele keine Rolle – um die Zellen zu untersuchen, brauche man sie nicht aufzutauen.
    Ein anderer Wissenschaftler wollte wissen, ob die Ähnlichkeiten, die Gartler bei den verschiedenen Zelllinien erkannt hatte, nicht einfach eine Folge der spontanen Transformation sein konnten, die alle Zellen gleich reagieren lässt.
    Schließlich meldete sich Robert Stevenson zu Wort: »Es sieht so aus, als wäre weitere Detektivarbeit erforderlich, damit wir herausfinden … ob wir noch einmal ganz von vorn anfangen und einige neue menschliche Zelllinien isolieren müssen.«
    Hsu griff ein und

Weitere Kostenlose Bücher