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Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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Weise grazil. Und diese Art von hübsch steckte immer noch unter all dem – unter dem Metall und den Schläuchen und dem schweren Messingtank, der ächzte und keuchte, wann immer sie sprach. Der Großteil des Aggregats war so getarnt, dass er wie ein Ballkleid aussah, eine breite Koppel aus Metallblättchen, die Rüschen, Zinnenmuster und eine Turnüre nachahmten. Angela war an der Hüfte in diese Gerätschaft geklemmt. Ihre Beine hatte man anscheinend abgeschnitten oder ins Innere eingefügt. Sie bewegte sich fast schwebend über den Boden, während hundert winzige Füße auf dem Stein trippelten wie eine Armee von kolbenbetriebenen Tausendfüßlern. Die Metallblättchen des Kleids bogen sich zischend durch, als sie sich uns näherte, teilten sich kurz und offenbarten Ablassventile, die Dampf in den Raum spien. Dann hielt sie vor uns an und lächelte. Ein grauenhafter Anblick.
    Von der Hüfte aufwärts hätte man Angela in einem dunklen Raum mit einer gewöhnlichen jungen Frau verwechseln können, die für einen festlichen Anlass gekleidet war. Allerdings musste der Raum dafür schon sehr dunkel sein. Von vorn wirkte sie lediglich steif. Sie trug eine dezente, eng geschnürte Bluse, die recht gut zu den lackierten Blättchen ihres Lokomotivkleids passte. Ich vermutete, dass die Blättchen austauschbar waren, denn ich hatte sie schon gut ein Dutzend Mal in ihrem Formalaggregat gesehen, und die Farbe war nie dieselbe gewesen. Ein Zugeständnis an das Mädchen, das sie gewesen war. Keine ihrer Bewegungen mutete natürlich an, und der Grund dafür folgte ihr auf Schritt und Tritt wie ein Jäger auf der Pirsch. Aus der Turnüre des Lokomotivkleids ragte ein Messingtank samt Turm, der bis knapp unter den Ansatz von Angelas glattem Hals reichte. Der Turm erinnerte an einen lotrechten Spieß mit Messingspinnen, die ihre Beine in Angelas Rücken versenkt hatten und zuckten, wenn sie sich bewegte – entweder, um ihre Handlungen zu unterstützen, oder, um sie ihr vorzugeben. Die letzte der Spinnen hielt den Kopf von Ratsherrin Tomb wie ein zerbrechliches Ei. Zierliche Messingkolben umklammerten ihre Kieferpartie und umringten ihren Schädel wie ein Kranz. Ihr Friseur hatte viel Arbeit investiert, um die Maschine in Angelas sonnengoldene Locken zu integrieren. Dennoch bewirkten seine Bemühungen nichts anderes, als dass ihr Anblick wahrhaft abscheulich wirkte.
    Wenn Angela lächelte, war nichts daran menschlich, wie bei einer Puppe, deren Gesicht austauschbar war. Sie sah uns mit diamantartig scharfen Augen an und hob eine Hand, bot sie mir beinah dar, aber nicht ganz. Als bereitete sie sich darauf vor, einen Kuss zu erhalten oder einen Schlag abzuwehren. Mich schauderte angesichts der sorgsamen Vertrautheit der Geste und der völligen Sterilität ihrer Präzision.
    »Was für ein charmanter junger Mann du doch bist, Jacob.« Sie blickte auf mich herab und verschränkte die hübschen Arme vor der Brust. »Aber der Klügste warst du noch nie.«
    »Auch nicht der Glücklichste. Bist du hier, um dich an meiner Notlage zu ergötzen, oder ist das ein Freundschaftsbesuch?«
    »Alle meine Besuche sind Freundschaftsbesuche, Jacob.«
    »Dann bist du geschäftlich hier.« Ich stand auf. Angela gehörte zu den Frauen, die gesellschaftliche Angelegenheiten als Geschäft betrachteten. Und dazu gehörte der Versuch, um jeden Preis die Stadt zu regieren. Der Klemmbrettmann zog sich in eine Ecke des Raums zurück. Er mochte über Berühmtheiten spötteln, dennoch war er klug genug, aus dem Weg zu gehen, wenn die Spieler zu spielen begannen. »Was könnten wir beide Geschäftliches zu bereden haben?«
    »Lass uns doch wenigstens so tun, als hielten wir uns an Höflichkeitsfloskeln, ja?«, schlug sie vor. Ihre Stimme glich Luft, die durch ein nasses Ventil säuselt. »Wie geht es dir? Hast du viel zu tun?«
    »Es geht mir hervorragend, Angie. Ich bin bettelarm, wurde verstoßen, werde regelmäßig in Schlägereien verwickelt und wurde vergessen. Aber sonst geht es mir hervorragend.« Ich setzte mein fröhlichstes Lächeln auf. »Vor allem bin ich nicht tot, Ratsherrin Tomb. Was ist mit dir?«
    Ihr Körper versteifte sich, sofern das bei einer Frau möglich war, die vorwiegend aus Metall und vielleicht der Erinnerung an Fleisch bestand.
    »Du kannst dich ruhig neunmalklug geben, wenn du willst, Jacob. Aber es gibt keinen Grund, unhöflich zu sein.«
    »Du hast auf mich geschossen«, gab ich zurück.
    »Du hast mich von einem Balkon geworfen«,

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