Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)
wissen, wer sie anfertigen ließ, und wir wissen, wer sie Ihnen gegeben hat. Wir haben mit den Leuten gesprochen, die in die Sache verwickelt sind.«
»Haben Sie das?«, fragte ich. Wieder hörte ich diese von Käfern gestützte Stimme in meinem Kopf, die Rohre, die im Takt mit jedem Wort summten. »Das ist interessant.«
»Haben wir. Die Verbindungen dieser Leute zum Rat sind uns wohlbekannt. Ihr Interesse an Ihnen und Ihrer Familie ist hinlänglich dokumentiert. Glauben Sie mir, wir wissen Bescheid.« Seine Hand rückte mit der Handfläche nach oben vor. »Allerdings können wir nichts für Sie tun, wenn Sie nicht zuerst uns helfen.«
Ich blickte von seiner Hand zu seinem Gesicht, dessen ernster Ausdruck von offiziell vorgeschriebener Anteilnahme zeugte. Der Kerl mit dem Klemmbrett stand neben ihm und wirkte unruhig. Ich lächelte.
»Wovon, zum Geier, reden Sie da?«, erwiderte ich. Mir gefiel nicht, wohin seine Fragen führten. Hauptsächlich deshalb, weil es mir nicht behagte, wenn Ordnungshüter so taten, als läge ihnen etwas an mir, als wäre ich in Gefahr und alles, was sie wollten, war, mir zu helfen. Dass ich in Gefahr schwebte, stand außer Frage. Nur hatte ich das dumpfe Gefühl, dass die Gefahr von ihnen ausging. Meine Erinnerungen der vergangenen Stunde beinhalteten Beamte, die auf mich geschossen, mich gejagt und mich verhaftet hatten. Eine wirklich schlaue Art, Anteilnahme zu zeigen.
Ein Anflug von Enttäuschung huschte über seine Züge. Er drehte sich dem Klemmbrettmann zu und zuckte mit den Schultern.
»Hol eine Aussage aus ihm raus und gib den Papierkram zu den Akten. Die Vorwürfe werden lange genug halten, damit wir dieser Sache auf den Grund gehen können.«
Und damit ging Matthew, der Witzbold. Der Klemmbrettmann musterte mich mit verzogenem Gesicht und schlichtete seine Unterlagen. Eine lange Weile schwiegen wir, bevor er etwas sagte.
»Also wollen Sie die Vorwürfe anfechten«, meinte er schließlich.
»Spielt das wirklich eine Rolle?«
»Nein, Jacob«, meldete sich eine weibliche Stimme unmittelbar hinter der Tür zu Wort. »Tut es nicht.«
Wir schauten beide auf, als die Frau klappernd hereinkam.
»Hallo, Angela«, begrüßte ich sie. »Du siehst aus wie ein Albtraum.«
War natürlich nicht nett, so etwas zu sagen, doch ich hatte auch keinen Grund, nett zu Angela Tomb zu sein. Ebenso wenig, wie sie einen Grund hatte, nett zu mir zu sein. Die letzten Jahre hatten wir wechselseitig versucht, einander umzubringen. Ich hatte dabei mehr Erfolg gehabt.
Die Tombs gehörten zu den Gründerfamilien von Veridon. Wie die meisten Gründer hatten sie in den letzten Jahren schwere Zeiten durchlebt und mussten darum kämpfen, ihre Machtposition im Rat zu halten. Ihr Namensrecht gewährleistete einen gewissen Einfluss, und sie konnten von Glück reden, es noch zu haben. Viele Gründer hatten ihre Rechte verpfändet, als sie nichts anderes mehr zu verkaufen hatten. Die Tombs bildeten da keine Ausnahme. Unser Recht war alles, was wir noch hatten. Es sicherte uns einen Sitz im Rat und bestimmte Privilegien in der Stadt. Viel war es nicht.
Der Patriarch der Tombs, Angelas vielfacher Urgroßvater, hatte jedoch etwas Unerwartetes getan. Er hatte das Namensrecht der Tombs bereits vor Generationen verkauft, lange bevor Angela geboren wurde. Sobald der alte Tomb seinen letzten Atemzug tat, sollte das Recht in andere Hände fallen, so sahen es die Bedingungen des Vertrags vor. Das Unerwartete daran war, was Tomb danach getan hatte. Er war nämlich einfach nicht gestorben. Wie sich herausstellte, hatten die Tombs Zugang zu einer geheimnisvollen, morbiden Technologie. Der alte Mann lebte in einer Gruft versiegelt weiter und fristete ein Leben, das einem täglichen Tod glich.
Vor wenigen Jahren war Angela etwas Ähnliches widerfahren. Sie und ich hatten … nun, eine Meinungsverschiedenheit. Es hatte etwas mit dieser Engelsgeschichte zu tun, wegen der jeder glaubte, ich sei verrückt. Diese Meinungsverschiedenheit hatte damit geendet, dass sie von einem Balkon gestürzt und auf kaltem, hartem Stein gelandet war. Als ich sie damals zuletzt sah, waren da eine Menge Blut und etliche völlig unnatürliche Winkel unter ihrer Haut. Eine Saison später spazierte Angela in die Plenarkammer des Rats. Und sah aus wie ein Albtraum.
Sie trug das Formalaggregat. Vor ihrem Unfall war Angela ein hübsches Mädchen gewesen, die Art von hübsch, die nur ein Leben voller Privilegien möglich macht. Auf kultivierte
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