Die Unvergänglichen: Thriller (German Edition)
Schmerz wurde begleitet von einem Knacken, das vermuten ließ, dass er sich etwas gebrochen hatte.
Überraschenderweise konnte er seinen rechten Arm noch bewegen und er riss ihn nach vorn, wobei er sich auf das Gesicht des Mannes in etwa einem halben Meter Abstand konzentrierte. Darin waren weder Angst noch Zorn zu erkennen, nur Kalkül und eiserne Entschlossenheit. Es waren nicht die Fanatiker, die ihm Sorgen bereiteten, sondern die kaltschnäuzigen Typen wie der, den er vor sich hatte. Sie waren diejenigen, die einen umbringen würden.
Der Mann bewegte seine Faust in einem präzise getimten Bogen, aber Seeger ignorierte sie und konzentrierte sich auf die schwache Vorwärtsbewegung seiner Hand. Im letzten Moment drehte er den Kopf zur Seite, um den Schlag abzumildern, der ihn dennoch unter dem jetzt verzerrt wirkenden Himmel zu Boden gehen ließ.
Der Inder machte einen Schritt nach vorn, um seinen Vorteil auszunutzen, griff sich dann allerdings mit der Hand an den Hals und zog sie blutverschmiert wieder weg. Seine Verwirrung überraschte Seeger nicht. Zu den vielen Obsessionen, die er aus dem Krieg mitgebracht hatte, gehörte auch, dass er seine Ausrüstung stets penibel in Ordnung hielt. Was dem Messer in seiner Hand an Größe fehlte, machte es durch seine präzise geschärfte Klinge wieder wett. Der Mann hatte den Schnitt in seine Halsschlagader nicht einmal gespürt.
Das Blut des Attentäters spritzte von seinem Herzschlag angetrieben heraus, und er verlor seine professionelle Ruhe. Obwohl das Leben aus ihm herausfloss, packte er Seegers Hemd, zog ihn hoch und rammte ihn erneut gegen den Rand der Mauer.
Seeger fiel das Messer aus der Hand und er griff nach der Pistole, die er sich am Rücken in den Gürtel gesteckt hatte, und gab somit die Hoffnung auf, die Sache leise über die Bühne bringen oder etwas Hilfreiches erfahren zu können.
Da er offensichtlich nicht gründlich zielen konnte, hielt er die Waffe etwas tiefer und hoffte, dass eine Kugel in den Oberschenkel den Mann so weit verlangsamen würde, bis der Blutverlust den Rest übernahm.
Doch sein Gegner schien das zu ahnen, da er Seegers Handgelenk packte und auf den Rand der Mauer schlug, sodass dieWaffe über den Rand auf den Parkplatz fiel. Seeger wusste, dass er schnell etwas unternehmen musste, wenn er nicht mit gebrochenen Knochen direkt daneben landen wollte.
Hilflos trat er nach den Beinen des Mannes und versuchte, eines davon in der Luft zu erwischen, aber er schaffte es nicht. Er rutschte immer weiter.
Seeger dachte an Susie und ihre Eltern. An seine Frau. Und an die vielen Freunde, die vor ihm gegangen waren. Auf einmal hatte er das Gefühl, sie würden auf ihn herabsehen, und er packte das Kinn seines Gegners und seinen Hinterkopf und versuchte ein Manöver, mit dem er ihm früher den Hals gebrochen hätte. Er drehte, so heftig er konnte, aber das Alter und die vielen Verletzungen am Rücken hatten ihn zu sehr geschwächt. Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass seine Bemühungen in den Augen seines eingebildeten Publikums nicht allzu armselig aussahen.
Wie erwartet hörte er nicht das befriedigende Knacken. Womit er jedoch nicht gerechnet hatte, war, dass der Mann den Hals verdrehte und sich der Riss in seinem Hals zu einem klaffenden Loch erweiterte. Der Blutfluss intensivierte sich derart, dass ihm das Blut ins Gesicht und auf die Brust spritzte, in seinen Augen brannte und er den metallischen Geschmack im Mund hatte.
Der Hoffnungsschimmer verlieh Seeger neue Kräfte, und er packte fester zu und hielt die Wunde offen, während sein eigener Absturz auf den Parkplatz immer unwahrscheinlicher wurde.
Als die Augen des Mannes immer glasiger wurden, beförderte ihn Seeger mit einem kräftigen Stoß schließlich zu Boden. Dann packte er das Messer und stützte sich mit einem Knie auf die Brust des Mannes, der nur schwach versuchte, wieder aufzustehen.
»Wer zum Teufel sind Sie?«
Der Mann griff sich mit der Hand an den Hals in dem vergeblichen Versuch, den Blutfluss doch noch zu stoppen.
»Niemand«, röchelte er.
»Für wen arbeiten Sie?«, wollte Seeger wissen. »Sie können es mir ruhig verraten.«
Die Hand des Mannes rutschte zu Boden, und er drehte sein blutverschmiertes Gesicht in Richtung Himmel.
»Für wen arbeiten Sie?«
Aber er würde nichts mehr sagen. Die Blutung ließ nach und sein Blick wurde starr, woraufhin Seeger zur Leiter stürzte. Das Team des Toten musste den Kampf auf dem Dach mitbekommen haben. Sie waren
Weitere Kostenlose Bücher