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Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Die Unvollendete: Roman (German Edition)

Titel: Die Unvollendete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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immer in sich trug. Eine dunkle Landschaft. »Denk nicht an so was«, sagte Sylvie streng, als Ursula es ihr zu erklären versuchte. »Mach dir sonnige Gedanken.«
    Und manchmal wusste sie auch, was jemand gleich sagen würde, bevor er es sagte, oder was für ein alltäglicher Vorfall sich demnächst ereignen würde – ob ein Teller herunterfallen oder ein Apfel in ein Gewächshaus geworfen würde, als wären diese Dinge schon oft passiert. Worte und Sätze waren ein Echo ihrer selbst, Fremde schienen alte Bekannte.
    »Jeder fühlt sich hin und wieder sonderbar«, sagte Sylvie. »Aber denk dran, Liebes – sonnige Gedanken.«
    Bridget lieh ihr ein offeneres Ohr und erklärte, Ursula habe »das zweite Gesicht«. Zwischen dieser und der nächsten Welt befänden sich Pforten, sagte sie, aber nur bestimmte Menschen könnten sie durchschreiten. Ursula wollte nicht unbedingt zu diesem Personenkreis gehören.
    Letzte Weihnachten hatte Sylvie ihr eine hübsch verpackte Schachtel mit Schleife gegeben und »Fröhliche Weihnachten, Liebes« gesagt, und Ursula sagte: »Oh, gut, Esszimmermöbel für das Puppenhaus«, und hatte sofort Ärger bekommen, weil sie sich die Geschenke angeblich heimlich vorher angeschaut hatte.
    »Aber das habe ich nicht«, beharrte sie eigensinnig Bridget gegenüber später in der Küche, die versuchte, kleine weiße Papierkronen über die fußlosen Beine der Weihnachtsgans zu ziehen. (Die Gans erinnerte Ursula an einen Mann im Dorf, eigentlich noch ein Junge, der bei Cambrai beide Füße verloren hatte.) »Ich habe nicht heimlich geschaut, ich habe es einfach gewusst. «
    »Ja, ich weiß«, sagte Bridget. »Du hast ja den sechsten Sinn.«
    Mrs. Glover, die mit dem Plumpudding kämpfte, schnaubte missbilligend. Sie war der Ansicht, dass fünf Sinne schon zu viel waren, und strikt dagegen, noch einen weiteren hinzuzufügen.

    Am Morgen wurden sie in den Garten hinausgeschickt. »So viel zur Siegesfeier«, sagte Pamela, als sie unter der Buche Zuflucht vor dem Nieselregen suchten. Nur Trixie hatte Spaß. Sie liebte den Garten vor allem wegen der zahllosen Kaninchen, die trotz der großen Aufmerksamkeit der Füchse alle Wohltaten des Gemüsegartens genossen. Vor dem Krieg hatte George Glover Ursula und Pamela zwei Kaninchenbabys geschenkt. Ursula hatte Pamela überzeugt, dass sie sie im Haus halten mussten, und sie versteckten sie in ihrem Schlafzimmerschrank und fütterten sie mit einer Pipette, die sie im Medizinschränkchen gefunden hatten, bis sie eines Tages heraushoppelten und Bridget zu Tode erschreckten.
    »Ein Fait accompli «, sagte Sylvie, als ihr die Kaninchen präsentiert wurden. »Ihr könnt sie nicht im Haus halten. Bittet den alten Tom, einen Stall für sie zu bauen.«
    Die Kaninchen waren vor langem schon entkommen und hatten sich zufrieden multipliziert. Der alte Tom hatte mit geringem Erfolg Gift gestreut und Fallen gestellt. (»Du meine Güte«, sagte Sylvie eines Morgens, als sie hinausschaute und die Kaninchen sah, die zufrieden im Garten frühstückten. »Hier ist es ja wie in Australien.«) Maurice, der bei der Luftraumüberwachung in der Schule Schießen lernte, hatte die letzten langen Sommerferien nur damit verbracht, mit Hughs alter, vernachlässigter Westley-Richards-Jagdflinte aus seinem Schlafzimmerfenster aufs Geratewohl auf sie zu schießen. Pamela war so wütend auf ihn, dass sie etwas von seinem eigenen Juckpulver (er ging ständig in Scherzartikelläden) in sein Bett streute. Ursula wurde sofort beschuldigt, und obwohl Ursula bereit gewesen wäre, die Schuld auf sich zu nehmen, stellte sich Pamela. So eine Art Person war Pamela – immer darauf bedacht, fair zu sein.
    Sie hörten Stimmen im Garten nebenan – sie hatten neue Nachbarn, die sie erst noch kennenlernen mussten, die Shawcross –, und Pamela sagte: »Komm, vielleicht können wir sie durch die Hecke sehen. Wie sie wohl heißen?«
    Winnie, Gertie, Millie, Nancy und das Baby Bea, dachte Ursula, sagte jedoch nichts. Sie wurde so gut wie Sylvie darin, Geheimnisse zu bewahren.

    Bridget steckte sich die Hutnadel zwischen die Zähne und hob die Arme, um den Hut zurechtzurücken, an den sie für die Siegesfeier ein Sträußchen Papierveilchen genäht hatte. Sie stand ganz oben auf der Treppe und sang K-K-Katy vor sich hin und dachte an Clarence. Sobald sie verheiratet wäre (»im Frühling«, sagte er, obschon es vor nicht allzu langer Zeit »vor Weihnachten« geheißen hatte), würde sie Fox Corner

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