Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
Vom Netzwerk:
Jetzt schlaf, und morgen früh wirst du dich nicht einmal mehr erinnern. Du kannst ruhig schlafen, Carmine hat wie versprochen mit der Lust keine Spur in deinem Schoß hinterlassen.«
    Bei Morgengrauen geht Carmine … Im Schlaf sehe ich ihn sich schattengleich entfernen. Wie gelang es ihm, aufzutauchen und zu verschwinden und immer anwesend zu sein?»Weil du mich im Herzen trägst, Modesta. Mir geht es genauso. Wenn ich weggehe, nehme ich dich in meinem Herzen mit.«
    »Hat dein Herz eine Tasche, in die du mich hineinstekken kannst?«
    »Natürlich! Das Herz hat eine Tasche, groß wie ein Korb, in den alles hineinpaßt.«
    »Ja, natürlich … alles. Und dann geht er kaputt, wie es dir passiert ist.«
    »Wenn er kaputtgeht, bedeutet das, daß er genug Schweres und Süßes getragen hat.«
    »Warum gehst du weg? Beim ersten Morgengrauen verschwindest du. Selbst im Schlaf merke ich, daß du gehst.«
    »Jetzt bin ich gerade erst zurückgekommen.«
    »Weil Nacht ist, aber sobald ich einschlafe, nutzt du die Gelegenheit und gehst. Schläfst du nie?«
    »Natürlich schlafe ich.«
    »Gestern hast du bei mir geschlafen, aber als ich aufwachte, warst du nicht mehr da. Wie merkst du, daß der Tag anbricht?«
    »Mein ganzes Leben lang bin ich im Morgengrauen aufgestanden.«
    »Dann geh gleich, wenn du fortmußt. Jetzt!«
    »Aber jetzt ist es dunkel, und Orlando ist ganz verschwitzt. Laß mich ausruhen.«
    »Du ruhst dich aus, und dann gehst du, was soll das?«
    »Alles Grillen, Figghia!«
    »Nenn mich nicht Figghia!«
    »Wenn du launisch bist und bockst, wirst du meine Figghia.«
    »Warum mußt du immer gehen?«
    »Um dein und mein Haus nicht zu stören.«
    »Wen kümmert das schon?«
    »Du hast unten in Catania hohes Ansehen erlangt. Man achtet dich dafür, wie du deine Angelegenheiten geregelt hast.«
    »Aber ich sehe sie nie, und wenn, haben sie nur wütende Blicke für mich übrig!«
    »Die Frauen natürlich! Sie beneiden dich, vergiß sie, sie zählen nicht. Aber die Männer achten dich dafür, wie du deine Geschäfte führst und die Familie lenkst.«
    »Das stimmt nicht.«
    »Nein? Und wie ist es dann? Wie kommt es, daß beinahe alle Brandiforti bei Cavallinas Hochzeit waren?«
    »Nenn sie nicht Cavallina! Meine Beatrice ist groß und eine glückliche Frau!«
    »Das freut mich. Und genau deshalb frage ich dich, weshalb wir sie und alle anderen mit solchen Kindereien stören sollen? Und auch dort oben auf Carmelo, warum sollen wir bei mir zu Hause Anstoß erregen, wo wir unsere Nächte haben? Laß dich streicheln.«
    »Du hattest recht, Carmine, das Blut ist gekommen. Wie hast du das gemacht? Danach wollte ich dich immer fragen, habe es aber vergessen.«
    »Soviel Zeit ist schon vergangen, Modesta? Laß dich streicheln, soviel Zeit ist vergangen, und es kommt mir wie gestern vor.«
    »Wie hast du das bloß gemacht?«
    »Frag nicht. Das sind Männerangelegenheiten.«
    »Nun sag schon!«
    »Ich hab die Luft angehalten!«
    »Sicher, die Luft! Da muß ich lachen.«
    »Dann lach doch. Du bist wie meine Linuzza! Immer alles wissen wollen, fragen …«
    »Sprich den Namen nicht noch einmal aus, sonst schlage ich dir den Schädel ein!«
    »Du bist wirklich wie sie! Sie war auf meine Mutter eifersüchtig und du auf eine Tote.«
    »Das interessiert mich nicht.«
    »Sie ist tot, Modesta.«
    »Und wenn sie noch lebte, wäre sie jetzt alt.«
    »Auch ich bin alt, und trotzdem begehrst du mich.«
    »Willst du damit sagen, daß du sie mehr als mich begehren würdest, wenn sie noch lebte?«
    »Ich will gar nichts sagen. Ich kann nicht über Dinge reden, die ich nicht erlebt habe.«
    »Die ist jung gestorben, um dich für immer an sich zu binden.«
    »Wenn du das sagst, könnte es stimmen, denn du bist eine so schlaue Frau, wie sie es war, und verstehst sie sicher besser als ich.«
    »Ich bin deine Goldmine, und nur an mich darfst du denken, jetzt, wo du mich hast.«
    »Fühlst du nicht, daß ich dich wie das Gold meines Lebens in den Armen halte?«
    Er grub zwischen meinen Schenkeln, und das Gold meiner Jugend kam unter seinen Händen zum Vorschein: Tagsüber, wenn ich allein war und sein Gesicht zwischen den Feldern und in der Sonne sah, und nachts in seinen nach Heu und Tabak duftenden Armen.
    »Hast du Tabak gesagt, Modesta? Natürlich, ich rauche ununterbrochen. Mir bleibt nur noch der Tabak.«
    »Und ich?«
    »Du bist etwas anderes.«
    »Was bin ich?«
    »Du bist meine Jugend, die mich nicht loslassen will. Die Jugend heftet sich

Weitere Kostenlose Bücher