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Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
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einem an die Fersen! Auch wenn du dir deiner Jahre bewußt bist, ruft sie dich und zwingt dich dazu, sie zu suchen. Die kleinste Kleinigkeit reicht,um dir vorzumachen, du hättest sie gefunden, und du läßt dich willig blenden. Du hast keine andere Wahl.«
    »Ich bin jung, nicht wahr, Carmine?«
    »Natürlich! Was denn sonst?«
    »Manchmal fühle ich mich alt.«
    »Genau das ist ein Merkmal der Jugend! Je jünger man ist, desto älter fühlt man sich manchmal. Aber man muß aufpassen, denn sich alt zu fühlen macht manchmal alt. Wie mein Sohn Vincenzo, der gesund und stark aus dem Krieg zurückgekehrt ist und innerhalb eines Jahres alt und traurig geworden ist an der Seite dieses vertrockneten Fräuleins, das nur aus Getue und Ohnmachten besteht.«
    »Hört euch diesen Alten an, der seinem Sohn die Schuld gibt! Du hast ihn doch mit der kleinen Modica verheiratet. Alle Modicas sind dürr und traurig, wußtest du das nicht?«
    »Aber große Ländereien hat uns diese Modica gebracht. Und er müßte die ihm daraus erwachsene Macht zu schätzen wissen, die Freude und den Stolz, mit dem Geld seiner Frau etwas zu dem beizutragen, was ich selbst, mein Vater und mein Großvater erarbeitet haben. Die neuen Herren sind heute meine Söhne und …«
    »Die Tudia nehmen den Platz der alten Herren ein, hört ihn euch an! Und mit der Zeit und weiteren Opfern werdet ihr Tudia auch noch adlig, nicht wahr?«
    »Natürlich! Ein Tudia muß stolz darauf sein können, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu reiten, ohne seine Ländereien jemals zu verlassen, und darf sich nicht um Frauengejammer scheren. Er muß reiten und sein Vergnügen außerhalb des Hauses suchen.«
    »Ich hasse dich, Carmine!«
    »Was ist daran neu? So ist es zwischen uns immer gewesen.«
    »Und so wird es immer sein. Warum lachst du, Alter? Was lacht in deinen Augen?«
    »Dein Haß, Figghia. Hätte ich doch eine Figghia so wie dich gehabt!«
    »Was soll das heißen?«
    »Daß du mich haßt, weil du, wie die Fürstin, Gott hab sie selig, verstanden hat …«
    »Was hat sie verstanden?«
    »Daß Mody genau wie Carmine ist. Daß wir uns wie ein Ei dem anderen gleichen.«
    »Ich bin nicht wie du, Carmine! Die Zeiten ändern sich, und ich hoffe, daß deine Söhne, Enkel und die ganze Jugend euch und eure Güter in die Luft jagen!«
    »Nun hört sie euch an! Wer hat dir diese Ideen in den Kopf gesetzt, dein Schwager etwa? Oder hast du das in einem Buch gelesen? Und was hättest du davon, Fürstin Brandiforti?«
    »Ein herzliches Gelächter, das hätte ich davon.«
    »Das sind fremdländische Ideen, Modesta. Noch nie ist etwas Gutes von außerhalb zu uns auf die Insel gekommen. Es wäre sinnvoll, sich mit jemandem zu verschwägern, der angesehen ist und eines Tages ein Freund der Freunde werden kann.«
    »Carlo würde sich dazu niemals hergeben.«
    »Bei Gott, du klingst wie Mattia! Sich immer für irgendwen ereifern, Picciriddi seid ihr! Du für diesen Sozialisten Carlo und er für Mussolini. Das sind Fremde! Erst heute morgen habe ich Mattia unter Schlägen das schwarze Hemd vom Leib und aus der Seele gerissen! Natürlich muß man ihm Geld geben, denn dieser Mussolini ist der einzige, der für Ordnung sorgt – ein richtiger Crispi, bei Gott! –, aber nicht die Seele … Geschickt hat er sich an die Jugend gewandt und sie gegen die Alten aufgewiegelt. Daswar schlau, denn schon immer hat die Jugend schnell Feuer gefangen. Gebt einem Jungen einen Orlando und einen Rinaldo, und laßt sie bei neuen Wörtern und Uniformen träumen, laßt sie glauben, sie seien die Herren, und schon gehen sie, ohne es zu merken, in die Sklaverei.«
    »Du hast recht mit dem was du sagst, Carmine, aber Carlo auch. Und seine Wahrheit paßt mir besser.«
    »Und wenn schon! Diese Wahrheit sagen sie zu leise, und aus ihrem Mund kommen zu viele verwässerte Wörter. Seit Anbeginn der Welt hat die Jugend Mythen und Heldentaten gebraucht. Deshalb habe ich Angst um Mattia. Er muß zur Vernunft kommen, auf seinen Vorteil bedacht sein und sich nicht einfangen lassen.«
    »Dein Mattia, du und alle Alten deines Schlags interessieren mich nicht! Ich weiß, daß Carlo recht hat und du das nicht verstehst.«
    »Ich verstehe das sehr gut, ich kann lesen, Modesta, mach mich nicht wütend! Ihre Pläne sind zu hochfahrend, werden aber zu zaghaft vorangetrieben.«
    »Nicht in Rußland. Dort sind Köpfe gerollt, Carmine.«
    »Rußland ist weit! Und muß weit weg von dieser Insel bleiben. Ich wiederhole meine

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