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Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
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siehst traurig aus, oder ist es die Müdigkeit?«
    Modesta: »Nein, Pietro. Ich mache mir Sorgen wegen des Geldes, wir haben keinen Heller mehr. Ich habe den Verkauf der Immobilien gestoppt. Verkaufen ja, aber nicht, ohne ein Dach über dem Kopf zurückzubehalten. Damit hat Anwalt Santangelo ganz recht. Wir müssen diesen Mann finden, Pietro …«
    Pietro: »Es gibt nur einen, der dafür in Frage kommt. Doch die Fürstin will nichts davon hören, oder ist die Melancholie, die dich gepackt hat, vielleicht von der Weisheit diktiert?«
    Modesta: »Ich weiß es nicht, Pietro …«
    Pietro: »Diese Ungewißheit sagt mir, daß Pietro recht daran getan hat, deiner Entscheidung nachzuhelfen … Ich bringe Crispina zu Bett, wie ein Lämmlein ist sie eingeschlafen, und danach komme ich zurück und wir sehen weiter.«
    »Wie hast du uns aus dem Feuer gerettet, Tuzzu?«
    »Eine unter jeden Arm geklemmt, wie zwei müde Lämmlein.«
    Pietro durchpflügt die Welle aus Klängen und bringt Crispina in Sicherheit. Modesta folgt ihm. Doch an der großen Fensterfront muß sie innehalten. Es war keine Erscheinung, gerade steigt Mimmo die Stufen des Carmelo hinauf … den großen Leib in dunkelgrünen Samt gehüllt …
    Bambú: »Wer ist das, Tante?«
    Modesta: »Der Gärtner Mimmo, siehst du nicht seine kräftigen Knochen und das dunkle Samtkleid, wie es die Leute aus dem Inselinnern tragen?«
    Bambú: »Du machst dich immer lustig. Das ist doch kein Gärtner! Stella würde sagen, daß er wie ein echter Herr gekleidet ist.«
    Mattia: »Küß die Hand, Fürstin, ich hoffe, ich komme nicht ungelegen bei all dieser Fröhlichkeit.«
    Modesta: »Herzlich willkommen! Die Heiterkeit soll wie das Brot allen gehören. Ich darf dir meine Nichte Ida vorstellen, Mattia.«
    Mattia: »Es ist mir eine Ehre, mein Fräulein. Die Fröhlichkeit, wie das Brot und die Tränen, soll man mit allen teilen. Das ist es, was Pietro mir vor einer Minute gesagt hat. Nur deswegen habe ich mir erlaubt, mich der Gesellschaft anzuschließen.«
    Modesta: »Du hast recht daran getan, Mattia. Was führt dich hierher?«
    Mattia: »Um ehrlich zu sein, habe ich die Villa bereits einige Male umrundet, seit ich aus Amerika zurück bin, doch ich wußte nicht, ob die Zeit die Brandiforti und die Tudia versöhnt hat.«
    Modesta: »Die Zeit war uns Brandiforti immer wohlgesonnen.«
    Mattia: »Das freut mich. Und ich freue mich auch zu sehen, daß die Zeit und die Natur die Tochter der seligen Fürstin Beatrice mit Gesundheit und Schönheit bedacht haben.«
    Bambú: »Ich gehe dann mal. Sie haben aufgehört zu spielen und werden hungrig sein oder es bald werden, uns bleiben noch viele Stunden. Ich werde Stella helfen. Es war mir eine Freude, Euch kennenzulernen, mein Herr.«
    Mattia: »Ganz meinerseits, wertes Fräulein … Ich sehe, daß du nach alter Gepflogenheit die Picciriddi zur Höflichkeit erzogen hast.«
    Modesta: »Den guten Traditionen muß man treu bleiben und die schlechten abschaffen.«
    Mattia: »Das ist richtig. Da kommt Pietro … Seine Gegenwart ist irgendwie tröstlich, nicht wahr, Modesta?«
    Modesta: »Möchtest du dich der Gesellschaft anschließen und mit uns auf den Morgen warten?«
    Mattia: »Mit Vergnügen, Fürstin.«
    Modesta: »Hoffen wir, daß der Prophet sich zeigt, damit alles in Wohlgefallen endet. Was meinst du, Pietro, wird die Hoffnung der Kinder in Erfüllung gehen?«
    Pietro: »Der Himmel ist glasklar, das ist ein gutes Zeichen, doch ist der Wahn der Raserei über die Welt gekommen. Einer dieser schlimmen Stahlvögel genügt, um den Himmel zu verschrecken, die Amseln und die Gewissen … Da kommt ja schon wieder so ein verfluchtes Ding!«
    Tod durch Raserei. Prando, das Motorrad. Mattias stählernes Roß. Die Narbe pulsiert. Ist es der feurige Blick Mattias, der Schuß, in dem sich der Sensenmann einnistet? Wenn er tatsächlich in dem kupferdurchzogenen Blau dieser Augen lauert, muß Modesta den Blick heben und ihm entgegentreten.
    Mattia: »Endlich siehst du mich an, Modesta, und jetzt weiß ich, wie sehr ich dich geliebt habe. In all den Jahren habe ich immer an deine Augen gedacht … Die Jugend verwirrt. Damals verwechselte ich Leidenschaft mit Gefangenschaft, ich kämpfte gegen dich an, anstatt mich der kostbaren Süße des Liebens hinzugeben.«
    In diesem gelassenen Blick, der sich über Augen, Wangen und Lächeln breitet, gibt es keinen Tod mehr. Prandos Lächeln wird im Laufe der Jahre die Ruhe annehmen, die Carmine als Erwachsener

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