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Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
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einfach! Mir gegenüber ist er auch immer so, er mimt eben gern den Bösewicht.«
    ’Ntoni: »Du meinst wohl, den harten Mann, Bambolina. Das kommt vom Kino. Er hat sich in Jean Gabin verliebt.«
    Bambú: »Oh, das ist wahr! Hätte er nicht dieses vollkommene Gesicht, sähe er tatsächlich ein bißchen aus wie Jean Gabin.«
    ’Ntoni: »Ja sicher! Ich habe ihn vor dem Kino gesehen, wie er versucht hat, seinen Gang nachzuahmen.«
    Prando: »Blödmann! Ich ahme niemanden nach.«
    Bambú: »Du bist viel zu schön, um so hart zu sein wie er.«
    Prando: »He, jetzt reicht’s aber, Ida, mit diesem ewigen ›schön‹! Das ist eine Beleidigung für einen Mann.«
    Bambú: »Seit wann denn das?«
    Prando: »Zum Teufel mit euch und mit mir, was gebe ich mich auch mit Kindern ab! Ich drehe eine Runde auf dem Motorrad.«
    Bambú: »Ich komme mit, Prando.«
    Prando: »Du fällst doch gleich um vor Müdigkeit.«
    Bambú: »Das ist schon vorbei, nimm mich mit.«
    Prando: »Aber du zitterst am ganzen Leib.«
    Bambú: »Weil mir kalt ist, bleib stehen. Mir ist kalt, trägst du mich?«
    Prando: »O Mama, ich fürchte, dieses Fest endet im Krankenhaus. Morgen liegen wahrscheinlich alle mit Fieber im Bett.«
    ’Ntoni: »Die Fischer! Da kommen die Fischer!«
    Jacopo: »Laßt uns ein Feuer machen. Wer weiß, wieviel Fisch sie gefangen haben! Hab ich einen Hunger! Du wirst sehen, was für eine leckere Fischsuppe sie kochen.«
    Prando: »Hört euch unseren kleinen Jacopuccio an, wie er mir etwas von Fischsuppe erzählt, als wüßte ich das nicht selbst! Man braucht wirklich Geduld mit den Picciriddi, was, Pietro? Und du, schönes Cousinchen? Weißes Täubchen, hast du dich aufgewärmt? Kannst du laufen?«
    Bambú: »Klar kann ich das! Mela, Stella, die Fischer!«
    Modesta: »Da gehen sie, Mattia, sieh nur … sie gehen!«
    Mattia: »Sie schwärmen zum Horizont aus wie die Spatzen, wenn sie flügge werden. Aber du hast sie genährt, das muß dir als Trost genügen. Sag mir die Wahrheit, du Lavateufelin, ist Prando Carmines Sohn?«
    »Ja.«
    »Er sieht mir nicht ähnlich, aber er ist das Abbild meines Vaters, als er jung war.«
    »Auch dir ähnelt er.«
    »Findest du?«
    »Es war ein Wagnis, dich ihnen vorzustellen. Ich habe alle genau beobachtet, um zu sehen, ob jemand etwas merkt, auch Stella. Aber keinem ist die Ähnlichkeit aufgefallen.«
    »Du liebst wohl das Risiko, was?«
    »Ja, ich liebe es … Keiner hat es bemerkt, das ist unglaublich.«
    »Wenn man es nicht weiß, sie sind ja keine Hellseher, es gibt keine Hellseher … Also, wie gesagt, wir müssen lediglich die Rahmen entfernen und die Leinwände aufrollen – ich schicke dir einen Fachmann –, jede einzelne muß in einen Stab wie diesen passen. Wie du weißt, binich in der Vergangenheit viel durch jenes Land gereist, und, noch wichtiger, es waren saubere Reisen.«
    »Aber du hattest auch gesagt, du wollest nie mehr nach Amerika zurückkehren.«
    »Ich wollte nicht, weil in der Vorstellung meine Trauer zu eng damit verbunden war, aber im tiefsten Innern habe ich nur auf eine Gelegenheit gewartet. New York ist die schönste Stadt der Welt, wenn man Geld hat.«
    »Aha! Antonia starb, während du dort warst?«
    »Ja, damals blieb ich zu lange fort, und meine Frau wollte mich bestrafen, vielleicht aus Kummer, doch das mag auch Einbildung sein, indem sie mitsamt ihrem Kind verstarb. Vielleicht war es auch Schicksal, wie bei meinem Vater. Immer auf Reisen, traf ihn der Verlust ebenso überraschend wie mich. Oder aber wir Tudia-Männer – hast du deinen Prando gehört? – tragen einen Egoismus in uns, der in seiner Absolutheit jeden umbringt, der nicht stark genug ist, der Furie zu begegnen, die uns umtreibt.«
    »Carmine befreite sich erst kurz vor seinem Tod von dem, was du Furie nennst, und es war eine große Erleichterung für ihn.«
    »Willst du mir damit sagen, Modesta, daß der Sensenmann neben mir steht, wenn ich die Furie in Zweifel ziehe?«
    »Nein, dein Vater hat niemals ein Wort des Zweifels geäußert, und der Tod war für ihn eine Befreiung von seinen Pflichten. Du bist weder krank noch alt wie er.«
    »Und dennoch zweifle ich, wie du jetzt weißt.«
    »Zu Recht, Mattia.«
    »Mir hat man beigebracht, daß in der Seele eines Mannes kein Platz für Zweifel ist.«
    »Das bringen sie den Jungen bei, um euch einzuschließenin einen Panzer aus Pflichten und falschen Gewißheiten. Genauso wie uns Frauen, Mattia: andere Pflichten, der Panzer aus Seide, aber letztlich ist es

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