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Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
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schön, von der antiken Schönheit der Insel. Ich sehe dich gerne an. Du erinnerst mich an einen alten Mann, der die List des Meeres besaß und die Ruhe des Berges und der mich als Kind immer verzaubert hat.«
    »Wenn man mit euch Frauen bloß vernünftig diskutieren könnte, Teufel noch eins!«
    »Ich diskutiere ja mit dir, Prando, du mußt dich nurklar äußern und nicht um den heißen Brei herumreden wie eben. Was willst du? Spuck es aus.«
    »Lucio will dich …«
    »… heiraten, meinst du?«
    »Er ist eben ein Ehrenmann.«
    »Du meinst wohl, ein Spießer?«
    »Was paßt dir nicht an Lucio?«
    »Nur eine Kleinigkeit, die heute nicht mehr sehr in Mode ist: Ich bin nicht in ihn verliebt, mein lieber Prando.«
    »Verliebt! Haben dich denn Zeit und Erfahrung gar nichts gelehrt? Außerdem muß man mit den Jahren doch ruhiger werden.«
    »Das hat man mir auch immer gesagt.«
    »Aber genüge ich dir denn nicht und dein blöder Jacopo, Carluzzu, Bambú? Alle Frauen beneiden dich. Carluzzu will nur dich, er macht mich wahnsinnig! Amalia kommt um vor Eifersucht, weil es ihr einfach nicht gelingen will, Carluzzu für sich zu gewinnen.«
    »Das geht vorbei, Prando. Sobald deine junge Braut ein eigenes Kind hat – ich bin sicher, daß es wieder ein Junge sein wird –, beruhigt sie sich, du wirst schon sehen. Amalia ist hübsch, sie braucht einen Sohn ganz für sich allein.«
    »Amalia ist mir egal, ich will wissen, wie du dich entschieden hast.«
    »Entschieden in welcher Hinsicht?«
    »Lucio ruft morgen wieder an, was zum Teufel soll ich ihm denn sagen, dürfte ich das mal erfahren?«
    »Daß er mich anrufen soll, um Lucio kümmere ich mich schon.«
    »Wenn du ihn nicht heiratest, ziehst du zu mir nach Catania.«
    »Warum denn das?«
    »Warum, fragt sie! Villa Suvarita ist verkauft, nicht wahr? In drei Monaten mußt du hier raus. Wo willst du dann hin? Du hast keine Lira, Mama, begreifst du das denn nicht?«
    »Du willst mich tatsächlich in Rente schicken, was, Prando? So ist es, die Alten möchten, daß du ewig Kind bleibst, und die Jungen, daß du sofort alt wirst und ihnen aus dem Weg gehst.«
    »Was redest du da? Alle verehren dich!«
    »Eben, das Kind wird verwöhnt, der Alte in die Ecke gestellt und verehrt. Du führst mich tatsächlich in Versuchung, Prando, zwischen Büchern, Enkeln und dem Stolz auf deine Schönheit und Kraft, alt zu werden. Und du bist erfolgreich bei Gericht! Anders als Lucio oder Libero.«
    »Laß den aus dem Spiel!«
    »Warum sollte man sich nicht der hehren Liebe ergeben, die ein Sohn dir zu schenken vermag? Ich wäre Herrin über deine sanfte Amalia, und wenn euer Kind auf die Welt kommt, würde ich es ihr genauso mühelos wegnehmen wie Carluzzu.«
    »Du bist verrückt, Mama, verrückt.«
    »Klar, und wie alle Verrückten wiederhole ich noch einmal, was ich dir schon vor vielen Jahren gesagt habe: So wie ich mich niemals von den Alten habe erpressen lassen, werde ich es auch euch Jungen nicht gestatten. Und jetzt geh, bitte, ich möchte hinein. Ich brauche ein schönes heißes Bad! Es ist unglaublich, aber ich werde nie aufhören, über diesen kleinen Hahn zu staunen, den man mit zwei Fingern mühelos aufdreht, und sofort stehen einem Ströme von heißem Wasser zur Verfügung. Weißt du, daß wir früher das Wasser mühsam erhitzen mußten,um ganz kleine Wannen damit zu füllen? Vorausgesetzt, es gab welches! Das waren scheußliche Zeiten, Prando. Dieser Gestank nach Schweiß, Chemikalien und Hautausschlägen!«
    »O nein, Mama.«
    »Nein, sagst du?«
    »Nein, ich kenne dich! Wenn du anfängst abzuschweifen, heißt das, daß du eine konkrete Idee hast, und ich rühre mich keinen Zentimeter von hier fort, ehe du mir nicht geantwortet hast. Teufel noch eins, ich halte diese ewige Sorge um dich nicht mehr aus. Was hast du vor?«
    »Ich werde ein Bad nehmen, Prando, das habe ich doch gesagt.«
    »Was tust du denn jetzt, rauchst du etwa auch noch?«
    »Na ja, zur Kompensation …«
    »Kompensation wovon? Die Zigarette im Mund hat uns gerade noch gefehlt.«
    »An dem Morgen, als ich festgenommen wurde, habe ich zu rauchen angefangen, und es gefiel mir sehr! Dann merkte ich, daß ich es besser bleibenlasse. Und ich tat gut daran, denn im Gefängnis und auf der Insel wäre es nur eine zusätzliche Tortur gewesen. Hier aber, auf der großen Insel und mit den Amerikanern, herrscht an Zigaretten kein Mangel … Die Zigarette bringt dich zum Träumen und leistet dir Gesellschaft.«
    »Aber sie schadet

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