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Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
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weiterhüpfen!«
    Hektisch gab der Tanzlehrer Anweisungen, mit dem Walzer fortzufahren, und Beatrice hatte mich schon wieder um die Taille gefaßt, aber ich konnte mich kaum auf den Beinen halten und ließ mich einfach von ihr mitziehen. Sie hatte mir zwei oder drei Kleinigkeiten zu sagen. Was war passiert? Lachte ich zuviel? Hatte ich bei der Schneiderin ein zu großes Interesse gezeigt? Hatte ich mich zu intensiv mit Ippolito beschäftigt? Oder lag es an den Abrechnungen? War mir bei den Abrechnungen ein Fehler unterlaufen? Mit weichen Knien schleppte ich mich zu ihrer Tür und klopfte an.
    »Komm herein, Mody. Aber bitte, sachte mit der Tür. Ich kann Türenschlagen nicht vertragen. Was stehst du da wie eine Salzsäule? Komm her, setz dich. Ich und Carmine wollen zwei oder drei Sachen mit dir besprechen … Carmine, kennst du sie?«
    Ich setzte mich gerade noch rechtzeitig, ehe meine Beine unter mir nachgaben.
    Dieser Mann sah mich mit einem Blick an, der so blau und so hart war wie Majolikakacheln.
    »Ich hatte noch nicht die Ehre, das Fräulein Modesta kennenzulernen.«
    »Mody, Carmine, Mody!«
    »Euer Durchlaucht mögen mir vergeben, Fürstin, aber ich komme mit ausländischen Namen nicht zurecht.«
    »Zumindest in meiner Gegenwart mußt du nun aber damit zurechtkommen.«
    »Bei allem Respekt, aus welcher Sprache käme denn dieses Mody?«
    »Aus dem Englischen. Zuerst habe ich an Modesty gedacht, aber das ist beinahe so häßlich wie auf italienisch, und deshalb habe ich es auf meine Art abgekürzt. Ich weiß nicht, ob das korrekt ist. Aber die Engländer, dieses große Volk, lassen zumindest bei den Namen alles zu. Weißt du, Mody, was die Mutter meines Gatten, des seligen Fürsten, immer gesagt hat? Ja, diese Bürgerliche, die wir ausgenommen haben. Du brauchst gar nicht rot zu werden, als ob dir Beatrice, dieses Plappermaul, nicht schon längst davon erzählt hätte! Die hat immer gesagt, daß es reiche, die Leine ein wenig länger zu lassen, damit das Pferd glücklich sei. Die Engländer sind fest gebunden, aber an einer soviel längeren Leine, daß sie die überhaupt nicht spüren und denken, sie seien frei. Ich habe eine Menge von dieser Bürgerlichen gelernt! Die war auf Trab! Statt sich mit Kinderkriegen zu ruinieren, hat sie Bücher gelesen. Aber was erzähle ich da! Deshalb sind wir doch nicht hier. Hör zu, Carmine, um unser Gespräch zu beenden, sage ich dir, daß das Mädchen sehr tüchtig und begabt ist. Vor zwei Monaten habe ich ihr die Buchführung des Haushalts übertragen, und sie hat noch nicht einen Fehler gemacht. Es läuft besser als zuvor, als ich das noch selbst besorgt habe, und sie hat mir sogar geholfen zu sparen.«
    »Daran zweifle ich nicht. Aber ein Haushalt ist etwas anderes als …«
    »Und ich? Wenn ich mich nicht irre, bin ich diejenige, die hier seit zehn Jahren alles in der Hand hat, oder etwa nicht?«
    »Verzeiht mir, das mag jetzt ungehörig erscheinen, aber Ihr, Fürstin, seid eine Ausnahme: Ihr hättet als Mann zur Welt kommen sollen.«
    »Und ich sage dir, Mody ist so wie ich! Ich beobachte sie seit Monaten. Außerdem brauche ich Unterstützung: Ich sehe immer schlechter. Und ich muß jemanden darauf vorbereiten, sich hier um alles zu kümmern, wenn ich einmal nicht mehr bin. Sicherlich war Leonora so gedankenlos wie Beatrice, aber sie hatte Geschmack und Verstand. Es scheint beinahe so, als hätte sie mir das Mädchen gefunden und erzogen, um mich in meinen letzten Jahren zu unterstützen. Ja, ich gebe zu, ich bin müde, und jemand muß meinen Posten übernehmen.«
    »Aber …«
    »Wir haben heute schon zuviel geredet. Hier ist Mody. Leonora hat sie uns geschickt, und ab morgen, dem 3. November 1917, wird sie jeden Montag hier dabeisein, um alles zu lernen. Sie sagt jetzt nichts aus Angst vor mir, aber wie mir der Hauslehrer erzählt, ist sie nicht auf den Mund gefallen! Ich werde ihr beibringen, mit diesen Dieben von Anwälten und Notaren umzugehen, und du unterrichtest sie über die Ländereien und Pächter. Verstanden?«
    »Aber, wenn ich mir erlauben darf, das Fräulein ist noch sehr jung.«
    »Jung oder nicht, ich habe entschieden … Du bist nicht überzeugt?«
    »Ich erlaube mir nicht, zu antworten.«
    »Wer hat dir alles beigebracht, als du noch ein junger Bursche warst?«
    »Der Fürst, Gott hab ihn selig, und Ihr, Fürstin.«
    »Also, weshalb erlaubst du dir dann nicht, auf meine Frage bezüglich des Mädchens zu antworten?«
    »Weil ich mir, mit Eurer

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