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Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
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ändern. Der Arzt und Pietro werden Trauzeugen sein, denn niemand, verstanden, niemand darf es sehen. Ach ja, und noch etwas: Sag deiner Freundin Cavallina, die mir seit zehn Tagen mit ihren Tränen und Seufzern auf die Nerven geht, daß sie damit aufhören soll. Gib dir Mühe, sie zu beruhigen, wenn du nicht willst, daß sie in irgendeinem Internat in der Schweiz landet. Verstanden? Mach’s gut.«
    Die Tür wurde noch kräftiger zugeschlagen als zuvor, aber seltsamerweise hatte mir das Geschrei die Wangen gerötet und mir einen Frieden gebracht, den ich so nie zuvor empfunden hatte. Wie nach einer wirklich gut gelungenen Arbeit, nicht wahr, Mimmo? Ich räkelte mich in diesem Frieden und suchte nach Mimmo an den mit Seide tapezierten Wänden und den wertvollen Samtvorhängen, die vor der Nacht schützten. Eine wirklich gute Arbeit, nicht wahr, Mimmo?
    »Genau, meine kleine Fürstin, und danach kann man die süßeste Müdigkeit genießen.«
    Mimmo hatte wie immer recht. Selbst wenn ich mit einem Monster verheiratet war, war ich doch die junge Fürstin. Und die Trägheit, die sich meiner ganz langsam bemächtigte, war genau der Schlaf, den man sich nach harter Arbeit auf den Feldern verdient hat.

33
    Unter Mimmos wachsamem Blick schlief ich so tief und fest, daß ich, als ich die Augen aufschlug, Angst hatte, den Besuch der Fürstin nur geträumt zu haben. Auch weil jemand in meinem Zimmer weinte.
    »Es ist schrecklich, einfach schrecklich, Modesta, ich darf gar nicht daran denken. Du hättest nicht zustimmen sollen, du kannst dich nicht so aufopfern. Dieser verrükkte Arzt und Don Antonio sind an allem schuld. Es ist einfach furchtbar, daß du so für dein gutes Herz bezahlen mußt.«
    Beatrice verstand wirklich nie etwas. Wenn sie so intelligent gewesen wäre, wie Jacopo es sich gewünscht hatte, hätte ich sie zu meiner Verbündeten gemacht. Es ist hart, allein zu kämpfen. Aber es hatte keinen Zweck, ich mußte allein weiter an dem Tuch weben, das mich und sie beschützen sollte.
    »Das ist mein Schicksal, Beatrice.«
    »Aber dann mußt du auch bei ihm schlafen.«
    »Das ist mein Schicksal. Beruhige dich und denk daran, daß dieses fromme Opfer es uns ermöglicht, immer zusammenzubleiben. Daran hast du bestimmt noch nicht gedacht?«
    Ich war sicher, daß ihr dieser Gedanke noch nicht gekommen war, und wirklich:
    »Das stimmt! Daran habe ich noch nicht gedacht.«
    »Meine liebe Beatrice, weshalb versuchst du nicht, auch die positiven Seiten der Ereignisse zu sehen? Im Leben ist nie etwas nur negativ.«
    »Mein Gott, Modesta, du redest ja wie Onkel Jacopo! Schon seit einigen Monaten fällt mir das auf. Ich habe es dir nie gesagt, weil ich Angst hatte, daß du wütend wirst.«
    Beatrice war gedankenlos und manchmal scharfsinnig. Die Ähnlichkeit, die dieses Dummköpfchen bemerkt hatte, war gefährlich; es war besser, das Thema zu wechseln.
    »Kommst du zur Hochzeit?«
    »Nein, Modesta! Darum darfst du mich nicht bitten, das könnte ich niemals. Ich habe das ›Ding‹ noch nie gesehen, und außerdem hat die Großmutter gesagt, daß niemand es sehen darf, auch wenn es heiratet.«
    Um so besser. Wenn sie Ippolito gesehen hätten, wäre ihnen aufgegangen, daß er gar nicht so entsetzlich war, wie sie sich ihn in ihrer Phantasie ausmalten. Man sollte die Augen nie vor den unangenehmen Seiten des Lebens verschließen; kennt man die Realität nicht, dann wird sie von der Phantasie übersteigert und in nicht mehr steuerbare Alpträume verwandelt.
    »Siehst du, genau wie Onkel Jacopo hängst du wer weiß was für Gedanken nach und entfernst dich dabei von mir. Du hast dich sehr verändert, Modesta.«
    Ein Glück, daß sie nichts für sich behalten konnte und mich immer warnte.
    »Ich habe mich gar nicht verändert, Beatrice, doch muß ich mich darauf vorbereiten, bald ein weiteres Kreuz zu tragen. Und bitte, hör auf, so zu weinen. Wie soll ich all das hier ertragen, wenn du weit weg von mir bist?«
    »Weit weg? Wieso denn das?«
    »Die Fürstin hat mir gesagt, daß sie dich in irgendein Internat in der Schweiz steckt, wenn du weiter immerzu weinst. Du weißt doch, daß sie tut, was sie sagt.«
    Dank der Fürstin hörte das Weinen auf. Auch für mich war es unerträglich, sie so zu sehen. Jetzt trocknete sie ihre Tränen und versuchte zu lächeln.
    »O Gott, Modesta, um Himmels willen, ich weine niemehr. Ich verspreche es dir! Sag ihr das, daß ich nie mehr weinen werde!«
    Sie vertraute sich mir an, denn ich war jetzt

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