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Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Die Unvorhersehbarkeit der Liebe

Titel: Die Unvorhersehbarkeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goliarda Sapienza
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machen und damit wir uns nicht so sehr schämen müssen, ich – schau mich nicht so an, sonst schäm ich mich! –, als ich dort hingegangen bin, hab ich gedacht, daß die sich auskennen. Da war ja auch ein Arzt, aber das ist eine andere Geschichte. Was weiß ich! Ich hab gedacht, man hat dem Fürsten irgendwie erklärt, was ein Mann mit einer Frau macht. Also hab ich die Augen zugemacht und mich nicht ausgezogen, es gibt ja Männer, die das gern selbst tun … Also, ich hab die Augen zugemacht – und wenn man sich vorstellt, daß sie mir schon mit zehn Jahren den ersten Mann zwischen die Beine gesteckt haben – und hab gewartet. Eine Ewigkeit, und der da – nichts. Da hab ich die Augen wieder aufgemacht, und die arme Seele stand da, angezogen und mit … nun, wie soll ich sagen? Ja, nun, mit seinem Ding, das raushing und das er anfaßte und dabei raste. Na ja, da hab ich verstanden, daß er mit seinem Ding gar nichts anfangen konnte, und so hart, wie es war, hat es ihm sicher weh getan. Und dann – die Mutter Gottes soll mir vergeben! Dann hab ich mit heiliger Geduld …«
    »Was?«
    »Weil er keine Ahnung hatte und mir das lieber war,hab ich ihm gezeigt, wie man sich dort reibt, so wie es die Männer machen. Das konnte ihm nicht schaden, da wußte ich Bescheid. Ein Matrose hat mir mal erzählt, daß die Männer es so machen, wenn sie viele Monate auf See sind. Denen hat auch der Bordarzt gesagt, daß es der Gesundheit nicht schadet. Und er hat mir sogar gestanden, daß es ihm so fast besser gefällt, als wenn er es richtig macht. Oh, Figghia, was für eine Schande, dir so was erzählen zu müssen. Aber du hast mir viel Geld gegeben. Jetzt weißt du’s. Ich hab natürlich keine Ahnung, was die gemacht haben, die nach mir gekommen sind. Das kann ich dir nicht sagen. Aber nun sag du mir, wovor hast du Angst? Daß er häßlich ist? Ja, häßlich ist er, aber lieb, das kannst du mir glauben, lieb und sanftmütig. Oder hast du Angst, daß du keine Kinder bekommst, jetzt, wo sie dich mit ihm verheiraten? Natürlich, Kinder würden deine Stellung sichern, aber ich würde sie nicht mit dem Fürsten machen. Mehr sag ich nicht, du bist noch jung! Schau dich um … Ich weiß, daß ich mich vor der Kirche versündige, aber mach es nicht so wie ich, die ich zu vertrauensselig war … schau dich einfach um! Jetzt mußt du gehen, ich höre, daß sie von den Feldern zurückkommen. Geh, Figghia, mein Michele ist rasend eifersüchtig. Rasend eifersüchtig auf alle aus der Villa … Nein, ich will nicht das ganze Geld, das ist zuviel. Nein, nicht doch! Na gut, wenn du es wirklich willst, dann nehme ich es eben. Ich sehe, daß du ein gutes Herz hast, und ich nehm es an, aber nur, wenn du mir versprichst, nicht zu vergessen, daß ich in deiner Schuld steh. Und jetzt lauf, lauf nach Hause, und geh nicht mehr fort …«
    Als ich hinaustrat, blendete mich das Licht wie damals vor vielen Jahren, aber die Männer kamen zurück, undich durfte nicht an die Vergangenheit denken. Ich mußte nur noch laufen, wie Carmela mir gesagt hatte. Zurück bergauf jagte mir das grenzenlose Gelb des Korns weniger Angst ein. Und ohne mich umzusehen, flog ich mit gesenktem Kopf dem dunklen Fleck des Waldes entgegen, hinter dem eine hohe Mauer vor dem Elend schützte, dem ich zumindest bis jetzt entkommen war, das aber unerschütterlich mit dem aufgerissenen Mund und der ausgestreckten Hand eines Kindes auf mich wartete. Nie mehr würde ich diese Mauern verlassen.
    »Schnelle Beine hat meine Padroncina. Wer hätte das gedacht? Wenn ich Euch nicht an der Haarfarbe erkannt hätte, hätte ich Euch von weitem für ein Mädchen von den Feldern oder für einen Hasen gehalten.«
    Wie angewurzelt blieb ich stehen und griff mir an den Kopf. In der Panik, dem Elend zu entfliehen, hatte ich mein Tuch verloren. Ich verfluchte meine Vergangenheit und meine Feigheit. Jetzt hatte es keinen Zweck mehr zu fliehen. Ich ballte die Fäuste, trat ihm entgegen und sah ihm ins Gesicht. Seit Monaten hatte ich ihn nicht mehr angeschaut. Vielleicht weil er hoch oben auf dem Pferd noch größer wirkte oder weil das Majolikablau seiner Augen im Freien von roten Flammen durchsetzt war oder weil er lachte, packte mich ein noch größerer Schrecken als zuvor.
    »Ihr müßt ganz schön gelaufen sein, Padroncina, Ihr seid ja ganz rot. Wenn es Euch recht ist, begleite ich Euch mit Orlando. Bergab helfen alle Heiligen, aber bergauf bleibt bergauf. Hü, Orlando, mein Freibeuter, darf ich

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