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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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Gewölle der toten Allee, als Irmingast endlich vom Podest glitt, die Kapuze überzog und sich wieder auf den Esel setzte. Faramund führte das Tier.
    Für einen Augenblick war Ruben der Letzte, der, allein und in sich zusammengesunken, auf dem Platz stand. Erst der ruckende Strick schien ihn aus seiner Betäubung zu holen. Der Diener wankte, fiel beinahe und stolperte dann hinter dem Esel her.
    Jonas sah ihm nach, solange er konnte. Das Gebet der Mönche verlor sich auf der Allee, und Ruben wurde ein Fleck, ein Punkt, eine Ahnung. Dann war er ganz verschwunden. Der große Platz war leerer als je zuvor.
    Nach Kanaria, dachte Jonas. Sie ziehen nach Kanaria! Ole hatte recht gehabt. Der Hirte kommt!
    Die Zeit schien still zu stehen. Jonas’ Blick irrte umher, vom verwaisten Kloster über den öden Platz bis zu den Trümmern des Palastes und weiter. Dort drüben lag Cais Tempel – vielleicht hatte Irmingast auch ihn einzig mit seiner Willenskraft zerstört.
    Weder Jonas noch Lubbe rührten sich. Wie erschlagen lagen sie da, bäuchlings auf das nasse Dach gestreckt. Jonas war so kalt. Er hatte allen Mut verloren. Sollte er wieder Ruben folgen, um einmal mehr nichts, nichts und wieder nichts ausrichten zu können?
    »Schau mal«, sagte Lubbe da verwundert. »Ist das nicht Fiet?«
    »Wo?«, fragte Jonas mit schwacher Stimme. Er sah immer noch auf den Platz hinab, aber er konnte nichts mehr erkennen. Die Tränen standen ihm in den Augen und liefen ihm die Wangen hinab. Er weinte, lautlos, und merkte es erst jetzt.
    »Da unten«, sagte Lubbe. »Da. Schau doch! Sie sind gerade an Ais Tempel vorbei.« Lubbe sprang auf und ruderte wild mit den Armen. »Sie haben uns entdeckt. Sie winken zurück!«, rief er aufgekratzt. »Fiet Finger und Ole Mond! Jetzt schau doch endlich, Jonas Nichts! Fiet und Ole kommen dich holen!«

Das 35. Kapitel
Peregrin Aber löst ein Rätsel
    Peregrin Aber sah schwarz. Es war ein undurchdringliches, vollkommenes Schwarz, so schwarz, dass die Redewendung wahr wurde – Peregrin Aber konnte nicht einmal die Hand vor Augen sehen. Und hätte nicht manchmal die Pritsche unter seinem Hintern geknarrt, er wäre sich nicht sicher gewesen, dass er überhaupt noch irgendwo war. Mittlerweile fürchtete er um seinen Verstand, und um ihn nicht zu verlieren, versuchte er sich ein ums andere Mal daran zu erinnern, wie die Zelle, in der er saß, eigentlich aussah. Leider hatte er sie nur für wenige Augenblicke gesehen, und das war viele Stunden her. Wie viele, konnte Peregrin Aber nicht mehr sagen. Er verlor das Gefühl für Raum und Zeit und fühlte sich grässlich dabei.
    Er seufzte so laut als irgend möglich und rutschte einmal auf der Pritsche hin und her. Ihr Knarren, sein Seufzer und sogar das vertraute Zwicken und Zwacken in seinem Rücken hatten eine beruhigende Wirkung.
    »Ich bin noch da«, sagte er in die Finsternis der Zelle hinein.
    In vollkommener Dunkelheit, hatte er entdeckt, fiel sogar das Geradestehen schwer. Man schwankte.
    Peregrin Aber kehrte zu seiner Erinnerungsarbeit zurück. Gespenstisch ähnlich waren sich die Soldaten gewesen, die ihn im Park aufgegriffen hatten. Aber das war ein grundverkehrter Gedanke, weil er den Advokaten verunsicherte.
    »Nichts da!«, brummte er also, ruckte einmal mehr hin und her, genoss den vertrauten Schmerz in seinem Kreuz und stellte sich zu seiner Erheiterung den zeternden Prinzen Leopold vor. Eine ganz und gar unmajestätische Schimpfkanonade hatte der abgefeuert, als ihn die Soldaten abgeführt hatten. Ein »Pack« hatte er sie genannt, dem man »sehr scharf den Kopf waschen« müsse. »Schandmäßig angespien« würden sie werden, sobald es im Land wieder mit rechten Dingen zuginge und ihre »falsche, schamlos lügnerische« Herrin endlich dahin geschickt worden wäre, wo der Pfeffer wachse.
    Peregrin Aber bedauerte sehr, nicht mit dem Prinzen eingekerkert worden zu sein. Leopold hatte, obwohl er zweifellos ein Wirrkopf war, doch einen gewissen Ordnungssinn. Zudem waren Almas Feinde Peregrin Abers Freunde.
    Leider jedoch hatten die Soldaten Peregrin Aber in die entgegengesetzte Richtung entführt, an dieser in absurdem Übermaß prachtvollen Kutsche vorbei. Tatsächlich hatte Peregrin Aber hinter ihren geschlossenen, zweifellos kaiserlichen Vorhängen Alma vermutet. Dazu hatte ihn zweierlei gebracht. Zum einen war er ja selbst durch diesen geheimnisvollen Schrank im Spielzimmer gekommen – warum also sollte Alma nicht denselben Weg genommen haben? Zum

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