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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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Gleichzeitig überschlugen sich in Wunderlich die Ereignisse, Ruben hat mir später Bericht erstattet. Alma hatte ihr schändliches Werk vollbracht. Und als Clara die Reste ihrer Lieblingsfigur fand, traf sie der Schlag. Buchstäblich. Sie wurde nie mehr gesund. Danach war sie auf den Rollstuhl angewiesen, der Turm und das Spielzimmer blieben bis zu ihrem Tod unerreichbar für sie. So verließ Cai ihre Leute. Clara konnte nicht mehr spielen. Sie war zu krank.«
    Arnon Blau schnappte nach Luft und erzählte atemlos weiter. »Core muss gleich gewusst haben, dass sie nicht mehr auf die Beine kommen würde. Noch in derselben Nacht jedenfalls, auf dem Krankenbett, schickte sie Ruben mit der kleinen Figur, die du da in der Hand hältst, in den Schrank. Claras Hoffnung war, dich zu finden, dich, die zum Leben erwachte Marionette. Und so lautete auch Rubens Auftrag. Er sollte dich aufstöbern und einen sicheren Platz für deine Figur finden, damit niemand sie je würde zerbrechen können.«
    Arnon Blau fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Es war eine Geburt, Jonas. Du warst eine Marionette, solange du an Cores Fäden hingst. Als sie gestorben war jedoch, als Alma ihre Figur in Wunderlich gerade zerbrach, hielt ich an der Quelle ein Kind in meinem Arm. Ruben sollte dieses Kind finden, aus dem Spiel holen und an einen Ort bringen, den Alma nicht würde finden können. Alma nicht und Irmingast nicht, wie sich bald darauf herausstellte.«
    Jonas hatte atemlos zugehört. Das war seine Geschichte, die Arnon Blau da erzählte, und es war die unglaublichste Geschichte der Welt. Während Arnon Blau sprach, Wort an Wort und Satz an Satz reihte, hatte er mit sich gerungen. Ein Teil von ihm hatte diese Geschichte nicht hören wollen. Aber es gab keine andere Möglichkeit, sich zu ihr zu verhalten, als sie anzunehmen. Das war er, Jonas Nichts. Wie richtig Brand gelegen hatte, als er ihm diesen Namen gab.
    »Ruben hat mich zu Brand gebracht«, sagte Jonas.
    Arnon Blau nickte. »Ja, sein alter Freund Brand. Bei ihm wärst du sicher, hat er gesagt.«
    »Wo seid ihr euch begegnet, Ruben und du, damals?« Wie ruhig Jonas auf einmal wieder war. Die alte Geschichte war jetzt beinahe aus. Aber die neue hatte schon begonnen. Sie hatte begonnen, als Ruben und Peregrin Aber auf den Hof gekommen waren. Die Geschichte, die dort begonnen hatte, war noch nicht zu Ende.
    »Vor den Toren Callamaars«, sagte Arnon Blau. »Im Schatten der entstehenden Klostertürme. Es dauerte nur ein paar Minuten. Ruben nahm dich, das Kind, und gab mir die Figur. Wir drehten das Spiel einfach um, Jonas. Das war die rettende Idee. Deine Figur hier, in der Welt des Spiels, und du dort, bei Brand – weit, weit weg. Weder Alma noch Irmingast sind je darauf gekommen, wo du stecken könntest, nicht wahr?«
    »Irmingast ist darauf gekommen«, sagte Jonas. »Viel später.« Irmingast hatte den Leuchter präpariert. Irmingast hatte auf ihn geschossen. Jonas stand auf. Seine Beine waren vom langen Sitzen ganz steif. »Aber vorher hat er alle Jungen, die damals geboren sind, zu Faramunds Jüngern gemacht. Bis auf Ole und mich.«
    »In der Hoffnung, du wärest unter ihnen.« Arnon Blau war endlich zur Ruhe gekommen. Er sah Jonas an, voller Erwartung. »Du musst das Spiel von ihm befreien«, sagte er. »Von ihm und Alma. Und weil du bist, der du bist, findest du aus dieser Hölle auch heraus.« Er breitete die Arme aus, als wollte er den Spinnenpalast ein letztes Mal umarmen. »Du hast alle Macht über das Spiel«, sagte er feierlich. »Alle Macht, die du willst. Du brauchst keine Sonneberger Figur, um zu spielen. Du brauchst keinen der Sieben. Denn du bist einer von ihnen. Du bist der Achte von sieben. Der Freiste von ihnen. Und du bist ein Kind. Du kannst spielen. Und jetzt erkennst du das Spiel als Spiel. Verstehst du mich? Du bist wie Clara und Core in einer Person. Du bist das Spiel selbst, Jonas. Du bist sein Herr und sein Knecht. Der Schutzgeist aus seiner Mitte.«
    Die winzige Figur war jetzt ganz warm, so lange hatte er sie in seiner Hand gehalten. Jonas ließ sie in seine Tasche gleiten, dahin, wo er so lange den Zettel mit seinem Namen verwahrt hatte. Dann trat er langsam an ein Fenster, das da zuvor nicht gewesen war. Er wunderte sich nicht einmal darüber. Er trat an ein Fenster, das Fenster war da. Arnon Blau hatte recht. Es war jetzt sein Spiel. Und er würde spielen.
    Er schaute auf das Spinnennetz, das sich dort zwischen den dicken Mauern spannte. Eine

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