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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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Lunette klang plötzlich ärgerlich. »Das ist doch nutzlos. Und das weiß er auch. Noch eine Partie Schach, die er verliert!«
    »Verlieren? Was soll das heißen?«, fragte Jonas.
    Lunette lächelte bitter. »Schau, Jonas. Kanaria ist ein sinkendes Schiff. Es mag prachtvoll sein, aber es ist leck. Vom ersten Tag an ist es leck gewesen, und wenn ich es mir recht überlege, dann war es überhaupt nie ein richtiges Schiff, sondern immer bloß eine Attrappe. Schau dir die Trabanten an – alles Attrappen! Der Hirte lässt sich bloß Zeit. Aber früher oder später wird er seine Hand auch nach Kanaria ausstrecken. Erst nach Kanaria und schließlich bis in die Ferne. Er will alles ! Und ich glaube nicht, dass irgendetwas dagegen hilft – es sei denn Cores Prophezeiung. Das Wunder ihrer Prophezeiung, von dem keiner weiß, worin es besteht.« Die letzten Worte hatte Lunette nur noch gemurmelt, und fast gingen sie in dem leisen, dann immer dringlicher werdenden Klopfen unter.
    Ole sprang alarmiert auf. »Wer kann das sein?«
    Auch Lunette war jetzt auf den Beinen. Mit dem ausgestreckten Arm hielt er Ole zurück. »Ihr bleibt hier«, sagte er.
    Er ging ins Nebenzimmer und schloss die Tür.
    Jonas lauschte atemlos. Ein Schrecken jagte den nächsten. Suchten sie nach Ole? Suchte Alma schon nach ihm ?
    Im Zimmer nebenan wurde jetzt getuschelt.
    Jonas warf einen Blick zu Ole hinüber. Aber Oles Miene verriet nichts.
    Dann ging die Tür auf und Lunette und der Hermes kamen herein. Der Hermes verbeugte sich tief.
    »Er bringt Nachrichten«, sagte Lunette. »Sprich, Hermes.«
    Der Hermes sammelte sich. Er knetete seine Finger. »Hoher Herr«, sagte er dann und sah seltsamerweise Jonas dabei an. »Ich bitte tausendmal um Verzeihung, aber …« Der Hermes war hin und her gerissen. Offensichtlich wollte er etwas loswerden, traute sich aber nicht.
    Jonas hätte ihm gern geholfen, wusste aber nicht, wie.
    »Du kannst offen sprechen, Herzilein«, sagte Lunette aufmunternd.
    So angesprochen, verbeugte sich der Hermes gleich noch einmal. Sein Kopf war feuerrot, als er schließlich wieder aufrecht stand. Er schnappte nach Luft. Dann sprudelte es endlich aus ihm heraus. »Verzeihung – Vergebung, aber ich habe … Es ist nicht an mir vorbeigegangen, dass Sie, hoher Herr, Beziehungen pflegen zu dem jüngsten Gefangenen! Dem Mann in der Kaserne!«
    Der Mann in der Kaserne! Ruben! Jonas sprang auf.
    »Und ich wollte …« Der Hermes war drauf und dran, sich zu verhaspeln. »Ich erlaube, mir mitzuteilen, dass die Höchste aller Kaiserinnen verfügt zu geruhen … geruhen zu verfügen … zu verfügen geruht hat, dass gleich … dass es gleich bei Tagesanbruch zu einem Prozess kommen soll. Gleich bei Tagesanbruch!« Der Hermes wusste nicht, wohin mit sich, und buckelte gleich wieder. »Es sind schlechte Nachrichten«, japste er dann. »Vergebung. Ich bin nur der, der sie bringt.«
    Jonas sank das Herz. Der Prozess! So schnell!
    Für einen Augenblick war es totenstill im Raum.
    »Danke, Herzilein«, murmelte Lunette dann und räusperte sich. »Sag mal, Schätzchen. Du weißt schon, dass es der Kaiserin nicht recht wäre, dass du hier alles ausplauderst, oder?«
    Der Hermes wand sich. »Ja«, presste er dann heraus und schlug die Augen nieder – ein ertappter Sünder.
    »Und warum hast du es dennoch getan?« Lunette klang nicht streng, eher verwundert.
    »Ich habe mit mir gerungen«, flüsterte der Hermes. »Ich war unten im Vestibül, als ich davon hörte. Sie tragen schon die Tische hinaus in den Hof. Alle sollen kommen und sich den Prozess anschauen.« Er brach ab.
    »Und weiter?«, fragte Lunette.
    Jonas fragte sich, worauf der Marquis hinauswollte.
    »Und da wusste ich, dass ich Euch das mitteilen wollte. Ich …« Der Hermes riss die Augen auf, als wäre er erschrocken. »Ich habe es gespürt! Hier! Da!« Er schlug sich heftig gegen die Brust.
    »Es war ein Gefühl , ja? Ein starkes Gefühl ?« Lunette hatte den Kopf schief gelegt und sah den Hermes versonnen, fast glücklich an.
    »Ja!«, hauchte der Hermes. »Ein Gefühl . Ja!« Er nickte aufgeregt.
    »Danke«, sagte Lunette nur. Seine Stimme war rau. »Auch im tiefsten Tal ist Hoffnung, Herzilein. Wusstest du das?«
    Der Hermes schüttelte nicht minder aufgeregt den Kopf.
    Jonas glaubte zu verstehen. Der Hermes hatte aufgehört, bloß ein Trabant zu sein. Er hatte eine Entscheidung getroffen, wie sie Trabanten sonst nicht trafen. Und dann fiel ihm plötzlich sein Traum aus der letzten

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